Armut in Deutschland – Kein Recht auf Würde?

Erfüllung und Sinn sind das Wichtigste im Leben. Anerkennung und Leistung sind entscheidend dafür, dass man den eigenen Wert erkennt und dass man Lust hat, morgens aufzustehen. Anerkennung und Leistung sind Bedingung für ein würdevolles Leben. Heute früh habe ich ein Video vom deutschlandweit bekannten Karriereberater Martin Wehrle geschaut, in dem er deutlich ausführt, wie stark Armut in Deutschland das Leben verkürzt. Er klagt an, dass wir in unserer Gesellschaft hinnehmen, dass jeder 5. Mitmensch von Armut, Mangel, Krankheit und einem frühen Tod betroffen ist (Video unten eingebettet).

Sind die Armen nicht selbst schuld?

Bild von mohamed Hassan auf Pixabay

Wer Arbeit sucht, findet auch welche“ mag eingeschränkt  stimmen, doch die Menschen, die ich im Coaching habe, entsprechen zum großen Teil nicht dem Bild, das Arbeitgeber im Niedriglohnbereich von ihren Mitarbeitern haben: Kerngesund, flexibel, stark, schnell, jung, familiär ungebunden, ausdauernd, materiell bedürfnisarm – kurz: zuverlässig einsetzbar wie eine Maschine.

Der Mensch ist keine Maschine

So ist es aber nicht in der Welt! Menschen haben Kinder und pflegebedürftige Angehörige, Menschen haben chronische Erkrankungen, Menschen werden älter, Menschen haben Probleme mit Computern und Technik, Menschen sind in ihrer Persönlichkeit speziell und entsprechen nicht der Norm.

Studien zufolge gibt es zukünftig vor allem zwei Arbeits-Bereiche, für die der Mensch unabdingbar ist:
– Die Entwicklung und Wartung von Technologie
– Die Entwicklung und Wartung des sozialen Systems

Handelsblatt: Wegdigitalisiert und arbeitslos?

Existenzielle Not

Gerade ist es schockierend zu sehen, wie schnell steigende Preise für Energie und Güter des täglichen Bedarfs das absolute Existenzminimum bedrohen. Die Kluft zwischen Regelsatz-Anspruch und Kosten klafft immer weiter auseinander.
Hier der offizielle Regelbedarf Hartz IV für 2022

Ausgestoßen

Langzeitarbeitslose leiden am meisten darunter, dass sie sich sinnlos fühlen, dass sie kein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft sind und dass sie sich beruflich nicht entwickeln können. Unfassbar traurig ist, dass Kinder von Alleinerziehenden und Hartz-IV-Empfängern in ihrer Bildung nicht massiv vom System gefördert und ermutigt werden. Ist es wirklich so egal, dass in Armut geborene Kinder kaum Perspektive haben?

Ich habe in der Arbeit mit meinen Coachees aus der Langzeitarbeitslosigkeit kennenlernen dürfen, dass ihre soziale Kompetenz in der Regel weitaus höher ist als ich es aus dem Bildungsbürgertum gewohnt bin. Man hilft sich in der Familie mit absoluter Selbstverständlichkeit, man trägt auch die „Schwierigen“ mit, ohne sie zu verstoßen, man kümmert sich um bedürftige Nachbarn, man hat Verständnis für das, was in der Leistungsgesellschaft lästig erscheint: Langsamkeit, gesundheitliche und kognitive Einschränkungen, Pflegebedürftigkeit, psychische Abweichungen der Norm, Bedarf an Aufmerksamkeit

Ausbildung in sozialen Berufen

Bild von Schäferle auf Pixabay 

Natürlich braucht es viel Geduld, Unterstützung und kreativer Einfühlsamkeit, um Menschen, die jahr- oder jahrzehntelang nicht mehr beruflich verankert waren, in sozialen Berufsbildern auszubilden und einzuarbeiten, doch ich bin sicher, dass es sich lohnt. Gebraucht werden sie überall in unserem System, in dem die „Wissensarbeiter“ die Herkunftsfamilien verlassen und die Leistungsorientierten profitabel ausgerichtet sind.

Wir brauchen dringend die emotional gebildeten Menschen, die aus eigener schmerzhafter Erfahrung wissen, was Mitgefühl ist. Wir brauchen sie für die vereinsamten, oft verwahrlosten Alten, wir brauchen sie in Kitas und Schulen, wir brauchen sie für die Geflüchteten, wir brauchen sie für all diejenigen, die nicht allein zurechtkommen, die Unterstützung, praktische Hilfe, das Lebensnotwendige, medizinische Hilfe, geistige Anregung, Bildungsförderung und Ermutigung brauchen.

Recht auf Arbeit

Ich wünsche mir, dass wir dahin kommen zu begreifen, dass zu jedem menschenwürdigen Leben auch das Recht auf Ausbildung und Arbeit gehört. Auch körperlich und seelisch kranke Menschen können Wichtiges und Sinnvolles leisten, wenn sie ohne Druck und mit angemessener Anerkennung und Entlohnung Arbeitsplätze erhalten. Jeder Mensch hat Stärken und etwas, was ihn einzigartig und unersetzbar wertvoll macht. Ob auf Profit und Karriere ausgerichtet, ob in der Arbeit für alles Lebendige und für die ökologische Zukunft, oder auf dem Prinzip beruhend, „dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist“. Wir brauchen uns alle, und jeder soll ein Recht auf Bildung, Wohlstand und Arbeit haben. Gerade heute, gerade jetzt.

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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