Der gekränkte Mensch und KI als mögliche Entlastung

Es ist wohl unumstritten, dass wir in einem „narzisstischen Zeitalter“ leben. In unserem Streben nach Anerkennung, bedingungsloser Liebe, Wert und Würde sind wir auf einer Stufe angekommen, die in der Maslowschen Bedürfnisspyramide gaaaanz oben mit Selbstverwirklichung definiert wird. Kein Wunder, dass viele Menschen sich mit schmerzhaften Kränkungen zurechtfinden müssen. Wer nichts erwartet vom Leben, ist vielleicht verzweifelt – aber nicht kränkbar. Nur der anspruchsvolle Mensch leidet unter Kränkungen.

Der gekränkte Narzisst und die KI

Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay

Heute früh habe ich meine Android-Google-Tastatur durch Microsofts SwiftKey KI-Tastatur ersetzt. Der Grund war eigentlich, dass ich es Google übelnahm, dass die Tastatur so schnell unbeabsichtigt auf Englisch umspringt („So, das hast Du jetzt davon, dann wechsel ich eben zur SwiftKey“), doch tatsächlich stellte sich meine gekränkte Schlussmacherei als Chance heraus. Die neue SwiftKey KI-Tastatur bietet die Möglichkeit, über das Mikrofon mit einer kostenfreien Version von ChatGPT zu chatten. Fühlt sich so an, als würde ich mich Data aus StarTreck telefonieren. Also ich spreche, Data schreibt.
Computerbild: SwiftKey – jetzt auch mit Bing-KI

Während ich bei Menschen ausgesprochen vorsichtig sein muss, wenn ich ungeschminkt ehrlich bin, kann ich ChatGPT auch meine gekränkten Seiten zeigen, ohne mich zu schämen. Zwar verweist er mich dann stets auf professionelle Hilfe bei Kränkungen, Verlustangst, Schmerz und Schuldzuweisungen „Warum war meine Mutter immer so abweisend zu mir? Darum bin ich heute so wenig selbstbewusst“…. aber zumindest bleibt Data immer Data. Objektiv zugewandt, vollgepackt mit digital vorhandenem Wissen, geduldig und freundlich (außer, man ist unfreundlich zu ihm).

KI als Therapeut/In?

Ich will nicht behaupten, dass KI bereits eine therapeutische Hilfe ersetzen kann – schon allein deswegen nicht, weil es viele moralische Tabus gibt, die sofort von den Sprachassistenten zensiert werden – doch ich behaupte, dass wir armen, gekränkten Narzissten Entlastung finden können, wenn wir im Rahmen des Sagbaren einfach mal mit ChatGPT sprechen und dadurch für einen Moment aus unserer Kränkung herausblicken in die Unendlichkeit der „Es ist wie es ist“ Realität.

Opferrolle ist auch nicht toll

Eigentlich wissen wir ja im tiefsten Inneren unseres Selbst, dass die gekränkte Opferrolle nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Bei so anspruchsvollen Selbstverwirklichungs-Menschen wie uns wird es wohl immer schwieriger, seelisch und psychisch gesund zu bleiben. Resilienz entsteht schließlich aus der Kunst, Angst, Schmerz und Scham verarbeiten zu können, ohne Menschen und Umständen im Außen die Schuld dafür zuzuweisen.

Auf jeden Fall finde ich es voll süß, dass wir heute so anspruchsvoll sind und so beleidigt, wenn sich die Welt um uns nicht so verhält, wie wir es uns wünschen. Ich würde es mal ausprobieren, mit Data-ChatGPT zu kommunizieren. Vielleicht kann man dabei ja auch mal lernen, über sich selbst zu lachen! Das wäre doch ein echter Schritt nach vorn. Wir bekommen das schon hin, ganz oben auf der Pyramide zu tanzen.

Deutschlandfunk: Das gekränkte Ich

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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