Facebook hat sich in den letzten Jahren vom rein privaten Netzwerk zum öffentlichen Kontakt- und Marketingnetzwerk gewandelt. In einigen Ländern wie den USA ist es heute schon normal, dass Arbeitgeber Bewerber und Mitarbeiter anhand ihres Facebook-Profils prüfen. Nun will Facebook auch mit einer eigenen Job-Plattform Unternehmen und Bewerber unkompliziert und auf möglichst persönlicher Ebene zusammenbringen. Ist das eine ernsthafte Konkurrenz für Xing, LinkedIn und andere digitale Stellenbörsen? Welche Vorteile bietet eine Facebook Job-Plattform? Warum sollten Suchende und Anbieter zu Facebook wechseln?
Stellenausschreibungen in digitalen Netzwerken sind nicht gerade günstig. Für StartUps und kleinere Unternehmen kommen kommerzielle Stellenanzeigen bei Xing, LinkedIn, Monster, Stepstone und Co kaum in Frage. Diese Unternehmen behelfen sich meist mit dem Jobportal der Agentur für Arbeit (für Arbeitgeber kostenfrei) und mit Stellenausschreibungen über die eigene Website und soziale Netzwerke. Headhunter und Personalvermittler nutzen gerade bei hochqualifizierten Stellenausschreibungen gern LinkedIn – Xing ist im Vergleich doch recht teuer und natürlich eindeutig auf den deutschsprachigen Raum beschränkt. In jedem Fall muss man als Arbeitgeber monatlich mit einem dreistelligen Betrag rechnen pro Stellenanzeige. Je mehr Jobangebote anfallen, desto günstiger kann man inserieren.
Jobbörsen im Vergleich mit Leistungen und Preisen bei inplace-hamburg
Facebook hat ein komplett anderes Geschäftsmodell als klassische Medien und Anbieter, die sich mit ihren digitalen Angeboten an Print-Zeiten orientieren. Facebook setzt stets auf Masse. So kann ein kleines Unternehmen schon mit einem monatlichen Budget von 50 Euro gezielt bei Facebook werben. Beim neuen Facebook-Marketplace können kostenlos An- und Verkäufe getätigt werden, womit Ebay und Amazon ernsthaft Konkurrenz gemacht wird (noch nicht in Deutschland verfügbar). Facebook verdient zurzeit noch nichts am Facebook-Marketplace, was schnelles Wachstum befördert.
Was werden Facebook-Jobanzeigen wohl kosten?
Die Facebook-Jobplattform, die sich zur Zeit noch in der Testphase befindet, wird sicher den Vorteil bieten, dass auch sehr kleine Unternehmen und StartUps in Kontakt zu möglichen Stellenbewerbern treten können, ohne teure Stellenanzeigen schalten zu müssen. Sie sehen direkt am öffentlich sichtbaren Facebook-Profil des Bewerbers, ob man wohl zusammenpassen könnte. Über den Facebook-Messenger schließlich kann der Kontakt direkt werden, ohne die Plattform zu wechseln. Der Bewerber kann seine Unterlagen als Anhang senden, von „Mensch zu Mensch“ kann Kommunikation entstehen und man kann sich für ein Bewerbungsgespräch verabreden.
Zumindest zu Anfang werden diese Basisfunktionen womöglich kostenlos sein, um LinkedIn und Xing zu verdrängen. Je mehr Reichweite die einzelne Stellenanzeige erreichen soll, desto mehr Werbebudget kann das Unternehmen investieren. In der Testphase sehen einige Administratoren von Facebook-Fanpages heute schon die spezielle Registerkarte. Facebook will wohl auch aus den eigenen Algorithmen passende Profile vorschlagen. Das hätte für den Konzern den Vorteil, dass karriere- und berufsorientierte Menschen mehr oder weniger zu einem aussagekräftigen Facebook-Profil „gezwungen“ werden, um dabei zu sein. Auch könnte diese Ausrichtung hin zu Seriosität und Ernsthaftigkeit dazu führen, dass Fake-Profile abnehmen und Profilfotos tatsächlich die Facebook-User zeigen, anstatt Katzen oder Urlaubsimpressionen.
Facebook schlägt also mit dem neuen Feature, so es sich denn etabliert, mehrere Klappen gleichzeitig: Der Nutzen, bei Facebook ein Profil zu pflegen, erhöht sich für alle Menschen im berufsfähigen Alter. Unternehmen mit geringem Werbebudget für Jobangebote würden sicher gern die Alternative zum Jobportal der Arbeitsagentur nutzen und ihre Facebook-Fanpage noch intensiver nutzen. Microsoft (die ja vor rund sechs Monaten LinkedIn gekauft haben) könnte ernsthafte Konkurrenz gemacht werden.
Die Ausrichtung von Facebook, auch zunehmend zum Kollaborationstool für Unternehmen zu werden (Facebook-Workplace), würde effektiv befördert. Neue bedeutende Werbekunden würden gewonnen und mit einem interessanten Mehrwert gelockt: Lernt Eure zukünftigen Mitarbeiter von ihrer persönlichen Seite kennen! Vernetzt Euch mit ihnen und werdet „Freunde“!
Und last but not least: Je seriöser und „gesellschaftsfähiger“ Facebook wird, desto mehr werden sich die Menschen Mühe geben, nicht ihre hässlichsten und primitivsten Seiten bei Facebook auszuleben. Das wäre eine sehr gute Hilfe, um Hassposts, Mobbing, Bedrohungen und Beleidigungen zu verhinder. Soziale Kontrolle war schon immer das Beste, um den Menschen zum menschlichen Menschen zu „erziehen“.
Quelle: Silicon Valley Business Journal vom 8. November 2016
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