Es gibt Blogpostings, die nachdenklich stimmen. So wie der von Juli, die in der letzten Woche in ihrem Blog HeimatPOTTential über eine Entwicklung berichtet, die sie in den letzten Jahren erfahren hat. Bei der Entscheidung, das Hobby zum Beruf zu machen ging ihr „irgendwo in den Gräben zwischen „persönlich, aber nicht zu persönlich“ und „professionell, aber nicht zu professionell“ der Spaß am Schreiben und am Bloggen verloren. Unter Druck zu geraten, wenn es um das Lieblingsthema geht – das ist unangenehm und das wird jeder bestimmt schon am eigenen Leib erlebt haben. Am liebsten möchten man im Brenneifer für seine Sache die Welt begeistern, vor allem Dingen MACHEN und dann stellt man ernüchtert fest, dass der meiste Teil des Tages für Routineaufgaben draufgeht. Und Dinge, die einem absolut keinen Spass machen aber sein müssen. Es nennt sich Steuererklärung…
Wenn man natürlich für das Bearbeiten von Steuererklärungen brennt, ist das total super. Ich tue das jedenfalls nicht. Ich kenne eine ganze Reihe von Menschen, die lieber ihrer Leidenschaft nachgehen als mühsam Belege zusammenzusuchen, über Formulare zu grübeln und sich zu fragen ob man denn jetzt endlich alles korrekt ausgefüllt hat. Und kaum hat man das erledigt, schon steht die nächste blöde Aufgabe Gewehr bei Fuss. Das sind nur die Dinge, die von Außen auf einen eindringen. Man hat ja dann auch noch seine selbstgesteckten Anforderungen, die man erfüllen möchte. Mal eben einen Text locker, leicht und flockig formulieren? Klar. Also, mal eben ist es dann doch nicht gemacht – plötzlich sind zwei, drei Stunden vorbei und der Text ist immer noch etwas steif wie man selbst findet. Das Bild hat immer noch nicht die Atmosphäre, die es haben sollte – also geht man doch nochmal los in die Blaue Stunde und versucht die beste Einstellung zu finden. Kurz und schlicht: Statt Spaß hat man nur laufend Ärger. DEN hat man ja nun gar nicht gewollt. Man wollte doch den Spaß bedenken…
Drum prüfe, wer sich (ewig) bindet
Der Schritt vom Hobby zum Beruf ist verlockend, weil man dazu geneigt ist tatsächlich in der Vorstellung nur die angenehmeren Seiten zu sehen. Es ist aber – egal ob man jetzt wirklich ein Unternehmen gründet oder endlich in der Traumjob-Firma angenommen wurde – ein gewaltiger Schritt, der mit einem Rollenwechsel einhergeht. Das macht man sich vielleicht nicht so ganz bewusst, es ist aber natürlich so. Über die eigene freie Zeit und was man in ihr macht, welche Prioritäten man setzt – über diese Komponenten bestimmt man selbst, wenn man ein Hobby hat. Selbst die Entscheidung ob ich alle zwei Wochen zu einem Unterricht gehe oder nicht – in der Freizeit kann ich auch einen Termin mal aussetzen oder mich gänzlich umentscheiden. Entscheide ich mich aber meinen Lebensunterhalt mit meinem Blog, meiner Musik, meinen Süsswasserfischen zu erwirtschaften habe ich diese Freiheiten nicht mehr. Dann muss ich partout zur Stelle sein wenn der Chef mich ruft, dann kommen die Anforderungen der Kunden, der Behörden, dann muss ich auch langweilige Routineaufgaben erledigen oder sehen, dass ich als Selbstständiger die Projekte so plane, dass es einigermaßen auskommt. Auf einmal hat man die Seiten und Rollen gewechselt. Und das ist bisweilen nicht so, wie man es sich erträumte hatte.
„Wenn du Spass hast, dann arbeitest du nicht“, sagte ein Weiser. Das mag sein. Wenn man sich aber zu sehr im Klein-Klein verliert und der Stapel der Routine-Aufgaben einem über den Kopf wächst – dann klingt dieses weise Wort blechern und leer. Wie kann man sich selbst die Leidenschaft, die Freude und die Motivation am Beruf erhalten? Wäre es nicht nett, wenn man dafür irgendwelche Regeln und Anweisungen hätte, die das Leben auf einmal wieder zum Erlebnis werden lassen? Schwierige Frage?
Was helfen kann: Delegieren, Abstand gewinnen
Zugegeben: DIE Paradeantworten auf die obigen Fragen habe ich auch nicht zu bieten. Zwei Denkanstösse aber, die vielleicht helfen können die Leidenschaft zu bewahren und sich nicht im Alltag aufzureiben. Die Umsetzung ist bisweilen nicht so ganz einfach – besonders dann nicht, wenn man angestellt ist, zugegeben. Jedoch kann man ja mal über folgende Punkte nachdenken: Das Wegdelegieren, was keinen Spass macht. Mit Pausen Abstand gewinnen und einmal richtig faul sein.
Wenn ich keine Lust habe meine Steuererklärung selbst zu machen, dann suche ich mir jemanden der das macht. Vielleicht hat der das ja sogar wirklich gerne. Toll: Ich brauche mich mit lästigem Papierkram nicht herumzuärgern und der hat sogar Spaß daran, die klitzekleinsten Gesetzeslücken zu entdecken und zu nutzen. Ich kann meine Buchhaltung selbst machen oder ich heuere Jemanden an, der das für mich erledigt. Im Prinzip kann man fast alles delegieren, was einem keinen Spaß macht. Sofern man – das ist die Krux dabei, natürlich – das bezahlen kann oder zumindest einen Gegenwert anbieten kann. Aber man sollte sich wirklich überlegen: Wie lange sitze ich alleine an dieser Steuererklärung? Könnte ich die Stunden nicht dazu nutzen wirklich produktiv zu sein und dann das Geld hereinzuholen, was ich dann für die Erledigung der Aufgabe ausgeben muss? Letzten Endes wird das eigene schlechte Gewissen dann beruhigt sein, weil man später feststellt – es geht sich aus.
Wir behandeln Pausen und Auszeiten viel zu schlecht finde ich. Die Betonung liegt in der Gesellschaft aber auch genau auf einen Punkt, der so etwas wie Pausen eher als Zustand ansieht, in dem man seine Arbeitskraft für die nächsten aufreibenden Tage wieder auflädt. Das führt dann dazu, dass man gedanklich dann doch schon wieder während der Pause an dem nächsten Projekt, den nächsten Zielen dran ist und eigentlich sich nicht für sich selbst sondern nur für den Beruf erholt. Pausen und Auszeiten sind aber nicht dafür gemacht, sondern sie sind Zeiten in denen man zur Ruhe kommen, nachdenken – ja, durchaus! – soll, aber dieses Nachdenken sollte ein Denken über sich selbst sein. Eventuell habe ich ja eine Fehlentscheidung getroffen als ich das Hobby zum Beruf machte; komme aber nicht mehr dazu das zu bemerken weil ich selbst im Urlaub immer noch beim Job bin. Das Nachdenken über sich, die Beine baumeln lassen und einfach mal Nichts tun – das sorgt für einen Abstand, für eine Unterbrechung. Uns fällt das enorm schwer, dieses Faulsein, Rumhängen, Chillen. Die protestantische Arbeitsethik ist tief in uns drin – und wir fühlen uns schuldig, wenn wir mal wirklich nichts tun. Aber gerade das ist nötig. Man muss nicht mit Paul Lafargue übereinstimmen, der 1883 das „Recht auf Faulheit“ gerade für die Arbeiterklasse vertrat, aber ein wenig ist schon dran an seinen Worten mit denen ich enden möchte: „Denkt ihr, daß die Arbeiter, als sie damals von sieben Tagen nur fünf arbeiteten, nur von Luft und frischem Wasser gelebt hätten, wie die verlogenen Ökonomen uns vorerzählen? So ein Quatsch!“
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