Das deutsche Softwareunternehmen SAP ist seit März 2025 das wertvollste börsennotierte Unternehmen im Euroraum. Zuvor lag das dänische Pharmaunternehmen Novo Nordisk, das mit seiner Abnehmspritze Cageisena kürzlich aufgrund neuer Studiendaten enttäuschte, an der Spitze des Rankings. Handelt es sich bei der Spitzenbewertung von SAP womöglich nur um einen kurzfristigen Hype – oder hat das in den siebziger Jahren gegründete deutsche Unternehmen dank KI-Analyse-Technologie erneut international einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil errungen?
„2025 wird das Jahr der Daten“
SAP-Chef Christian Klein ist sicher, dass KI ein „echter Treiber“ für den mächtigen Softwarekonzern mit Sitz in Walldorf ist. Am 13. Februar 2025 präsentierte das Unternehmen eine neue Lösung für ihre Kunden: Die SAP Business Data Cloud. Voraussetzung ist allerdings, dass die Firmenkunden ihre Daten in der Cloud vorliegen haben – was noch keine Selbstverständlichkeit ist. Rund die Hälfte der SAP-Kunden verwendet weiterhin ältere Softwareversionen auf eigenen Rechnern. Um die KI-gestützte SAP Datenanalyse auf den aktuellen Stand in Verbindung mit Cloud-Lösungen zu bringen, unterstützen externe Datenanalyse-Partner die Unternehmen bei den erforderlichen Umstellungen und der Schulung der Mitarbeiter/Innen.
KI-gestützte Unternehmensentscheidungen
Laut einer von SAP in Auftrag gegebenen Umfrage überdenken 44 Prozent der hochrangigen Führungskräfte schon heute ihre Entscheidungen aufgrund KI-gestützter Erkenntnisse. Dieses Ergebnis ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, wie oberste Führungskräfte in Konzernen mit einem Umsatz von über fünf Milliarden US-Dollar bisher ihre Entscheidungen treffen mussten: „Die meisten Entscheidungen basieren auf einer Kombination von Daten, Bauchgefühl und Diskussion mit dem inneren Kreis aus Personen, denen man vertraut“.
Nun also wird KI in diesen vertrauenswürdig inneren Kreis mit aufgenommen, der in der Regel aus beruflichen Partnern, Familie und Freunden besteht. Über die Hälfte der befragten Führungskräfte nutzen regelmäßig KI, um Daten zu analysieren und Empfehlungen für Entscheidungsfindung zu erhalten. 74 Prozent sagen, dass sie der KI bei Ratschlägen mehr vertrauen als der Familie oder Freunden.
Auch in der Produktentwicklung, bei der Budgetplanung und der Marktforschung leistet KI wertvolle Unterstützung. Sogar bei persönlichen Fragen wird die Hilfe der KI von den Konzern-Managern in Anspruch genommen: 39 Prozent der Führungskräfte nutzen den Dialog mit der KI, um ihr seelisches Wohlbefinden zu stärken und Stress abzubauen.
Deutschsprachige SAP-Kunden noch skeptisch
Allerdings gibt es noch viele SAP-Kunden aus dem DACH-Raum, die der KI-Strategie von SAP kritisch gegenüberstehen. Nur ein Drittel von ihnen sieht die neue KI-basierte Strategie positiv. Viele Firmenkunden betreiben die SAP-Software auf eigenen Rechnern und eigenen Servern. Die Vorstellung, von eigenen Rechnern auf die Cloud umzusteigen in einem womöglich mehrjährigen Transformationsprojekt, schreckt Kunden ab. Fast die Hälfte der SAP-Kunden nutzt zwar die Cloud – jedoch auch die damit verbundenen Möglichkeiten, mehrere Software-Lösungen von mehreren Anbietern einzusetzen. Sollen sie wieder in ihrer Unternehmensressourcenplanung (ERP) komplett auf SAP-Lösungen umsteigen?
Der große Umbruch in der Berufswelt
Im März 2025 hat Bill Gates in einem Interview mit Jimmy Fallon erklärt, dass er einen großen Umbruch in der Berufswelt erwartet. Er glaubt, dass in den nächsten zehn Jahren „der Mensch für die meisten Dinge nicht mehr gebraucht wird“. Zum Beispiel könnte man davon ausgehen, dass ein beträchtlicher Teil der Ärzte und Lehrer durch KI-Systeme ersetzt wird. So wie es heute schon viele hochrangige Führungskräfte praktizieren, könnte bald jeder Mensch dank KI „großartigen medizinischen Rat und großartige Nachhilfe“ erhalten – und das sogar kostenlos.
Werden tatsächlich zukünftig Entscheidungen und Führungsaufgaben von Künstlicher Intelligenz übernommen, da diese Systeme über eine unermessliche Überlegenheit bei Datenwissen und Datenanalyse verfügen? Welcher Manager, welcher General und welcher Arzt wird es wagen, sich mit seinen Entscheidungen gegen die KI-Empfehlungen zu stellen? Welche Auswirkung würde ein solches Szenario auf die Justiz und auf demokratische Prozesse haben? Was macht KI mit Gesellschaft und Politik?
SAP weltweit führender Anbieter von ERP-Software
Mit einem Marktanteil von 19 Prozent ist das deutsche Unternehmen SAP weltweit führender Anbieter von Software zur Unternehmensressourcenplanung (Enterprise Resource Planning – ERP). Es werden Echtzeit-Analysen und Berichte erstellt für Prozesse wie Finanzen, Beschaffung, Produktion, Vertrieb und Lieferkettenmanagement.
Starke Konkurrenten aus den USA sind Oracle, Microsoft und Salesforce. Ob SAP langfristig Marktführer bleiben kann, hängt zu einem großen Teil davon ab, wie exakt die unternehmerischen Entscheidungen durch eine KI-basierte Unterstützung funktionieren. Dies wiederum hängt ab von Umfang und Qualität der vorliegenden Daten – und von der Qualität der KI-Datenanalyse.
Problemstellungen bei der KI-Datenanalyse
- wie hochwertig sind die vorliegenden Daten? Fehlerhafte, unvollständige oder inkonsistente Daten können zu falschen Ergebnissen führen
- im KI-Trainingsprozess mit vorhandenen Daten können darin enthaltene (menschliche) Vorurteile von der KI übernommen werden. Das führt zu Verzerrungen, wie zum Beispiel zu Diskriminierungen
- da viele Deep-Learning-Modelle Black Boxes sind, ist es schwer nachzuvollziehen, wie sie zu ihren Ergebnissen kommen. Dies erschwert die Überprüfung der Ergebnisse
- Durch falsche Ergebnisse wird das grundsätzliche Vertrauen in KI gestützte Entscheidungsfindungen geschwächt
- die Verarbeitung großer Datenmengen wirft Fragen des Datenschutzes auf
- der Einsatz von KI in sensiblen Bereichen wie der Strafverfolgung oder der Medizin führt zu ethischen Problemen
- bei Cyberangriffen könnte es sein, dass Daten manipuliert oder gestohlen werden
- die Entwicklung und Implementierung von KI-gesteuerten Prozessen erfordert einen hohen Grad an Fachwissen aufgrund der Komplexitätsdichte und der erforderlichen Ressourcen
KI-Halluzinationen – kann KI „lügen“?
- Das größte Problem beim Einsatz generativer KI sind die „erfundenen Ergebnisse“. Die sogenannten KI-Halluzinationen können dabei sehr überzeugend wirken. KI-Halluzinationen können dazu führen, dass womöglich Fehlentscheidungen getroffen werden, die von katastrophaler Auswirkung sind
- Das Modell behauptet zum Beispiel, dass etwas wahr ist, was ihn Wirklichkeit falsch ist. Das Modell erzeugt erfundene Informationen, die in den vorliegenden Daten nicht vorhanden waren. Das Modell gibt Antworten oder Analysen aus, die nicht relevant sind für die gewünschte Antwort. Das Modell macht Aussagen, die sich gegenseitig widersprechen.
- KI-Halluzination können in verschiedenen Formen auftreten. Zusammenfassend kann man es so beschreiben: KI-Halluzinationen haben keinen Bezug zur Realität oder zu den bereitgestellten Daten.
Fazit: Wie man es auch dreht und wendet, die Steuerung der Welt durch generalisierte KI wird von Tag zu Tag größer. Ob das deutsche Unternehmen SAP mit seinem Geschäftsfeld „Software zur Unternehmensressourcenplanung (Enterprise Resource Planning – ERP)“ sich weiterhin gegen die mächtigen US-Konkurrenten und andere internationale Player als Weltmarktführer behaupten kann, bleibt abzuwarten – und zu wünschen…