Rauchen auf dem Balkon oder auf der Terrasse ist ein bekannter Zankapfel, der das Zusammenleben erschwert und schon für viele Konflikte gesorgt hat. Die frische Luft und die herrlichen Sonnenstrahlen möchten beide Konfliktparteien auf ihrem persönlichen Refugium genießen. Doch während der eine dabei dem blauen Dunst frönt, ist es ebendieser, der dem Nachbarn den schönen Moment verleidet. So entsteht ein typischer Interessenkonflikt. Wir klären die Rechtslage zum Rauchen auf dem Balkon oder auf der Terrasse.
Der Standpunkt der Raucher
Die Situation wird dadurch erschwert, dass es für beide Konfliktparteien gute Gründe gibt, um ihre Position zu untermauern, die von ihrem Standpunkt aus plausibel erscheint. Raucher, die sich beispielsweise für Break Tabak entscheiden, um diesen auf ihrem Balkon oder auf ihrer Terrasse zu genießen, wähnen sich auf ihrem ureigenen Territorium, wo sie tun und lassen können, was sie wollen.
Hatte nicht auch das Amtsgericht in Bonn 1999 (Az. 6 C 510/98) zugunsten des Rauchers in einem ähnlichen Rechtsstreit entschieden, dass Rauchen in gemieteten Wohnungen erlaubt sei und der Balkon zur Wohnung gehöre? Deshalb und weil Rauchen gesellschaftlich akzeptiert sei, müsse der Nichtraucher Unannehmlichkeiten durch Zigarettenrauch vom Nachbarbalkon hinnehmen, so der Richter in der Urteilsbegründung.
Der Standpunkt der Nichtraucher
Leider kann das, was des anderen Freud ist, des anderen Leid sein, und die Zeiten haben sich geändert. 1999 stand den Rauchern die konsequente Antiraucherpolitik noch bevor, die nahezu alle Staaten dieser Erde seit der Jahrtausendwende mitgetragen haben. Maßnahmen wie Werbeverbote für Tabakprodukte, drastische Strafsteuern, Verbannung der Zigarette aus dem öffentlichen Leben, Kampagnen an Schulen und Schockbilder führten zu einem Paradigmenwechsel.
Anders als 1999 wird das Rauchen aufgrund seiner schwerwiegenden gesundheitlichen Wirkung und der Beeinträchtigung unfreiwilliger Passivraucher nicht mehr hingenommen. Wer in seinem Lebensstil, aber auch in seiner Gesundheit durch Raucher in Mitleidenschaft gezogen wird, kann sich heute wehren. Dieser Paradigmenwechsel spiegelt sich in den Urteilen der Gerichte wider.
Veränderungen seit 1999
Richtungsweisend waren die Urteile aus Hamburg 2012 (Az. 311 S. 92/10) und Frankfurt am Main 2013 (Az. 2-09 S.71/13). In Hamburg gab der Richter einem Mieter, der aufgrund dauerhafter Rauchbelästigungen auf dem Nachbarbalkon auf Mietminderung geklagt hatte, recht, während der Frankfurter Richter einem Raucher sogar das Rauchen auf dem eigenen Balkon untersagte, da dieser die Möglichkeit habe, auf einem zweiten Balkon auszuweichen und dort zu rauchen, wo er aufgrund der größeren räumlichen Distanz den Kläger weniger störe.
Der Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg, Ralf Bosse, fasst diese Entwicklung zusammen: „Rauchen als Ausdruck der eigenen Persönlichkeit ist gesellschaftlich immer weniger akzeptiert. Deshalb ist auch künftig eher damit zu rechnen, dass die Gerichte strenger werden.“
Das Urteil des Bundesgerichtshofes
Die beschriebenen Veränderungen deuten an, dass das Recht der Nichtraucher auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit vor Gericht künftig stärker gewichtet wird als das Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit der Raucher. Insofern war der Entscheid des Bundesgerichtshofes 2015 keine Überraschung. In einem Grundsatzurteil (BGH V ZR 110/14), das bis heute in ähnlichen Rechtskonflikten maßgebend ist, kam dieses zu dem Schluss, dass in solchen Fällen ein Kompromiss herbeizuführen sei.
Beschweren sich Nichtraucher begründet über eine von einem rauchenden Nachbarn verursachte „wesentliche Beeinträchtigung“, könne der Raucher künftig dazu verpflichtet werden, verbindliche Zeiten einzuhalten, in denen ihm das Rauchen auf seinem Balkon verwehrt wird. Damit soll es dem Nichtraucher ermöglicht werden, seinen Balkon in bestimmten Zeiträumen zu betreten und dort sicher vor dem Rauch des Nachbarn zu sein.
Der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, kommentierte: „Rauchen auf dem Balkon ist nicht länger uneingeschränkt erlaubt. Mieter, die sich durch einen auf dem Balkon rauchenden Nachbarn gestört fühlen, können für konkrete Zeitabschnitte einen Rauchstopp fordern, haben Anspruch auf rauchfreie Zeiten“.
So vermeiden Raucher einen Rechtsstreit
Für das Rauchen auf der Terrasse ist mit einem ähnlichen Urteil zu rechnen, weil beide Fälle miteinander vergleichbar und im Kern sogar das Gleiche sind. Um für beide Seiten belastende Konflikte vor Gericht zu meiden, empfiehlt es sich, zunächst das persönliche Gespräch zu suchen. Vielleicht findet sich ja hier eine für beide Seiten akzeptable Lösung.