Das „Facebook-Gesetz“: Meinungsfreiheit contra Schutz vor Gewalt mit Worten

Keine Frage, der neu geschaffene „Digitale Planet“ bietet gerade für Politik, Justiz und Exekutive endlos viele Herausforderungen. Der Einzelne muss vor kriminellen und aggressiven Tätern geschützt werden; Demokratie und Schutz vor staatlicher Willkür sollten oberste Priorität haben; der Eingriff der Ökonomie in das Privatleben der Bürger kann nicht geduldet werden und verlangt Transparenz bei Algorithmen und BigData. Es ist schön, dass die Deutschen so viel Vertrauen in ihren Staat haben, dass sie die letzten Gesetze vor der Sommerpause des Bundestages lächelnd und zustimmend hinnehmen – doch mal ehrlich, was würde eine Regierung wie in China, Russland, Saudi Arabien oder eines anderen autoritären Staates mit den neuen Freiheiten tun? Ist Vertrauen wirklich ein guter Ratgeber?

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Facebook wird nun zum „Hilfspolizisten“ und „Richter“, wenn es darum geht, strafrechtliche Inhalte bei Facebook zu identifizieren, zu bewerten und auszulöschen. Bei Androhung von hohen Strafen tut das Netzwerk gut daran, diese Aufgabe sehr genau zu nehmen. Algorithmen werden automatisiert auf die Suche gehen nach verdächtigen Keywords und Posts und Nutzer lieber zehnmal mehr löschen als nötig – als dass es sich mit dem deutschen Staat anlegt.

Da Facebook-Nutzer ungern auf irgendwelchen schwarzen Listen auftauchen wollen werden sie sich bestimmt permanent überlegen, ob sie zum Beispiel „Alternative Medien“ lesen, liken und kommentieren. Stiftungs-Organisationen wir Correctiv sind schon dabei, Facebook „ehrenamtlich“ bei der Suche nach verdächtigen Inhalten händisch zur Seite zu stehen. Darüber freut sich Facebook natürlich sehr – schließlich kann die US-Kultur geprägte Firma beim besten Willen nicht wissen, was hier in Deutschland so alles politisch unerwünscht ist.

Dass der Staat seit ein paar Tagen die Möglichkeit hat, Handys von Verdächtigen über einen aufgespielten Staatstrojaner komplett auszuspionieren und dort verdeckt tätig zu werden, ist ebenfalls ohne großes Bürgerecho durchgegangen. Unser Staat würde so etwas ja auch nie ausnutzen, um Oppositionelle mittels Manipulation auszuschalten oder die kompletten Kontaktnetzwerke von Verdächtigen und Kriminellen gleich mit zu überwachen. Schön, dass wir die Software für diesen Staatstrojaner aus dem Ausland einkaufen müssen – so kommen gleich noch mehr Institutionen in den Genuss. Und ein Gutes hat es auf jeden Fall: Wir müssen uns als Anwälte, Journalisten etc. keine Gedanken mehr über lästige Verschlüsselungstechniken Gedanken machen – wer den direkten Zugriff auf die Geräte hat, sieht ja eh alles und kann es selbst nutzen.

Ich sehe absolut ein, dass diese ganze digitale Technologie sämtliche Organe des Staates schrecklich überfordert und unter unerhörten Handlungsdruck setzt. Ich glaube auch daran, dass die meisten der beteiligten Politiker und Sachverständigen keine bösartigen versteckten Diktatoren sind, die die Gunst der Stunde nutzen und abseits der Öffentlichkeit im Handstreich die Grundlagen einer Demokratie durch „nebenbei“ verabschiedete Gesetze ins Wanken bringen. Doch ich wünsche mir, dass wir sehr bald zu mehr Bürgerbeteiligung kommen, um die Tragweite der digitalen Gesellschaft breit zu diskutieren und digitale Kompetenz zu erlangen. Jeder ist betroffen und gerade Eltern und Menschen mit Verantwortung für Menschen sollten überlegen, was ein Abbau von Privatsphäre und Meinungsfreiheit bedeutet. Die Schere im Kopf ist gefährlich. Da hilft nur Bewusstheit und Diskussion.

Die „Digitale Gesellschaft“ zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das am Freitag, den 30. Juni 2017, im Deutschen Bundestag verabschiedet wurde

 

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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