Performance Support: Wie man Lernen in den Arbeitsprozess integriert

Wir Älteren erinnern uns noch daran, wie irgendwann plötzlich Taschenrechner in der Schule erlaubt waren. Was für eine Erleichterung! Bei Klassenarbeiten und Hausaufgaben musste man zwar die richtigen Formeln für Matheaufgaben kennen – doch das Rechnen übernahm die kleine Maschine. Nun stellen Sie sich vor, Ihr PC oder Laptop würde ein didaktisch ausgeklügeltes Lernsystem beinhalten, das im Moment der Unsicherheit exakt die Informationen liefert, die zur Erfüllung Ihrer Aufgabe benötigt werden. Außerdem würde das System über didaktische Methoden verfügen, die Ihnen das zu Lernende so vermittelt, dass Sie es schon bald sicher anwenden können.  

Performance Support

Bild von Htc Erl auf Pixabay

Performance Support und Workflow Learning sind IT-basierte Konzeptionen, welche direkt während der Erfüllung einer individuellen Aufgabe den passenden Input geben, damit die Mitarbeitenden selbstständig ihre Wissensdefizite ausgleichen können – und frei von Frustration ihre Lernkurve steigern können.

Zwar kann ein KI-Sprachassistent schon heute bei Fragen Anleitungen geben und Aufgabenlösungen erklären, doch diese Form von Wissensvermittlung ähnelt einer Schulung – nur ohne die zwischenmenschliche Komponente. Und was noch entscheidender ist: Performance Support ist ein E-Learning-Trainings-Programm, das auf die unternehmenseigenen Systeme und Aufgaben ausgerichtet ist.

Durch E-Learning-Programme kann zwar eine Verweigerungshaltung des Mitarbeitenden vermieden werden, wenn ein menschlicher Schulende diesen tadelt oder herabwürdigt – aber es kann auch Gleichgültigkeit dem Lernerfolg gegenüber eintreten, da die verstärkende, emotionale Verbindung zwischen Lehrendem und Lernenden fehlt.

Unterschied zwischen formellem und informellem Lernen

Formelles Lernen ist geplantes Lernen, zum Beispiel in Form von Schulungsmaßnahmen oder Trainingseinheiten. Informelles Lernen hingegen geschieht ungeplant dann, wenn es gebraucht wird. Der Lernende wird vom Beckenrand ins Wasser geschubst und lernt schwimmen.

Diese Form des Lernens entsteht also im Moment des Problems. So steht der Mitarbeitende im Arbeitsprozess plötzlich vor einer Herausforderung, für die er eine Lösung sucht. Wenn er Glück hat, kann er Kolleg/Innen ansprechen, die sich Zeit dafür nehmen, den Lernenden in die Thematik geduldig einzuführen, bis er diese selbst beherrscht. Sie lassen ihn selbst experimentieren und greifen nur dann ein, wenn sie gefragt werden.

Oder die Kollegen/Innen sind in Eile und lösen – mündlich erläuternd – selbst den nächsten Schritt. Das geht zwar schneller – aber wird rasch verpuffen, wenn der Lernende nicht selbst trainiert, wie die einzelnen Schritte ineinandergreifen. Die eigenständige Lösungssuche wird als informelles Lernen definiert und ist bei Weitem die nachhaltigste.

70:20:10

Das 70:20:10 Konzept besagt, dass 70 Prozent des Könnens durch informelles Lernen und wiederholte Anwendung erworben wird. 20 Prozent des Wissens und Könnens entsteht in zwischenmenschlichen Prozessen – und nur 10 Prozent durch traditionelle Weiterbildungen und Schulungen.

Es besteht natürlich ein großer Unterschied zwischen den Lernherausforderungen eines handwerklichen Berufs und den Lernherausforderungen am PC. Will man zum Beispiel Friseur oder Koch werden, lernt man zwar auch Theorie – doch diese ist eng verbunden mit den praktischen Arbeitserfahrungen und dem souveränen Umgang mit Werkzeugen und Stoffen.

Die Arbeit am PC gleicht auch bei Verwaltungsaufgaben dem Vorgehen eines Softwareentwicklers. Etwas klappt nicht, man tüftelt herum, liest vielleicht Lösungsvorschläge, probiert aus, und irgendwann hat man das Rätsel verstanden und geknackt.

Generationen von Softwareentwicklern haben sich selbst „ausgebildet“, mit Beharrlichkeit, Neugier, Faszination, einer gewissen Verbissenheit, Vernetzung in Foren und geduldiger Lösungsorientierung. „Geht nicht gibt’s nicht“, sagt der IT-Freak und schult sich selbst durch Trial and Error.

Während ein Kochauszubildender bei einer Schulung seine praktisch erworbenen Erfahrungen kreativ mit einbringen kann, bleibt der PC-Mitarbeiter auf der abstrakten Ebene gefangen. Entweder er liebt es, den Geheimnissen der EDV-Welt während des Arbeitsprozesses auf die Spur zu kommen, oder er versucht, das Problem so schnell wie möglich „los zu sein“. Dann wird nicht getüftelt, dann wird nach schnellen Lösungen gesucht. Einfach, um wieder weitermachen zu können.

Lernen im Homeoffice

Immer mehr Wissensarbeiter arbeiten im Homeoffice. Dort sind keine erfahrenen Kolleg/Innen zur Hand, die mal eben das Problem schnell lösen können. Da heute permanent hinzugelernt werden muss, ist auch kein Ende des Lernprozesses in Sicht. Der moderne Wissensarbeiter erlebt ständig den akuten „Moment of Need“. Wie also kann man das Problem des ständigen Veränderungs- und Entwicklungsprozesses angehen und die Mitarbeitenden im Bedarfsmoment schulen?

Workflow Learning

Neues Wissen wird am besten durch die wiederholte praktische Anwendung ins Langzeitgedächtnis transportiert. Das praktische Erfolgserlebnis führt zu Dopamin Ausschüttungen und verstärkt den Lernerfolg.

Workflow Learning zeichnet sich aus durch eine gewisse Mühelosigkeit. Wir lernen wie kleine Kinder durch den Moment der Erfüllung. Die Freude und der Stolz über unsere Aufgabenlösung ähnelt ein bisschen dem Glücksgefühl des Bergsteigers, der den Gipfel erklommen hat.

Performance Support

Performance Support umfasst Konzepte und Strategien, die das unerlässliche E-Learning für den Mitarbeitenden individuell anpassen und optimieren – und das in dem Moment, in dem das Wissen gebraucht wird.

Visuelle Lerntypen lernen vielleicht am besten durch Bilder, Grafiken, Texte und/oder Videos. Auditive Lerntypen saugen vielleicht Wissen aus Podcasts und Hörbüchern, haptische Lerntypen lernen, indem sie experimentieren und tüfteln.

Lernen mit KI-Sprachassistenten

Gerade im Homeoffice ist es ideal, sich über Gespräche mit einem speziell trainierten KI-Sprachassistenten neues Wissen anzueignen. Unternehmen entwickeln ihre Verwaltungssysteme ständig weiter. Falls der unternehmenseigene KI-Assistent klug eingebunden und somit stets auf dem neuesten Stand ist, kann er den Mitarbeitenden im Workflow behilflich sein, ohne dass diese ständig schriftliche Aktualisierungen lesen, verstehen und behalten müssen.

Risiken im Performance-Support

Das hat selbstverständlich auch den Effekt, dass die Systeme die Leistungsfähigkeit und das Engagement der Mitarbeitenden bewerten können. Es ist etwas ganz anderes, ob Vorgesetzte ihre Teammitglieder als nachlässig, faul oder unmotiviert bewerten – oder ob ein KI-System die Leistungsfähigkeit, Konzentration und Effizienz in Zahlen belegen kann.

Außerdem schult die KI sich bei der E-Learning-Begleitung selbst und kann womöglich sehr bald unzählige Verwaltungsarbeitsplätze ersetzen. Diese Entwicklung ist laut internationaler Studien nicht aufzuhalten. Auch wenn weiterhin einige der Verwaltungsfachkräfte darauf bestehen werden, selbst Lösungswege für auftretende Probleme zu erforschen, sind die meisten Wissensarbeiter so sehr im Stress, dass sie gern den E-Learning-Performance-Support in Anspruch nehmen werden. Keine Zeit für lange Selbststudien – Hauptsache, es funktioniert.

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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