ask.fm ist eine Website, auf der Besucher und registrierte Nutzer Fragen stellen und beantworten können. Bei jungen Leuten ist die Seite und Smartphone-App sehr beliebt, da man sich gerade in jungen Jahren viele Fragen stellt – natürlich auch gerade zum Thema „Liebe“! Oliver Schuster hat mir bei Facebook geschrieben, dass er bei ask.fm vor drei Jahren 404 Likes bekam für für eine Definition von „Liebe“, die er – als schon erwachsener Familienvater – veröffentlichte: „Die Definition von Liebe im Buddhismus lautet: Wollen, dass Andere glücklich sind. 100% – Mögen alle glücklich sein!“ Könnte es sein, dass wir uns in eine Zeit hineinbewegen, wo „Liebe“ nicht mehr als „Besitzstand“ definiert wird, sondern als Sehnsucht nach Glück für alle fühlenden Wesen? Und was hätte das für Konsequenzen?
Hört man im Radio Musik und zählt mit, so handeln wohl fast 90 Prozent der Unterhaltungsmusik, egal ob Rock, Pop, Schlager, von der „geschlechtlichen Liebe“. Liebe drückt sich bei uns Menschen vor Allem aus in der Sehnsucht nach einem Gegenüber, der/ die uns bedingungslos versteht, bedingungslos annimmt und alles dafür tun würde, dass wir glücklich sind. Da wir täglich mit diesen Botschaften dieser Liebes-Sehnsucht überschüttet werden, fühlen sich sogar manche Alleinlebende wie Versager. Sind sie es nicht wert, dass sich Irgendjemand für sie interessiert? IlseBilse, keiner willse?
Hinzu kommt dann die allumfassende Mutterliebe (zunehmend auch die Vaterliebe), die als einzigartiges Band wie eine unsichtbare Nabelschnur pulsiert – und bereit ist, sich für das Glück des Kindes selbst zu opfern. Wie viele Kinder wuchsen in den vergangenen Generationen in dem Bewusstsein heran, dass ihre Mutter ihr eigenes Glück dem des geliebten Kindes geopfert hat? Mamatschi, schenk mir ein Pferdchen…
Etwas umfassender ist dann die Liebe in der Familie, die zueinander steht und eine klare Grenzen zieht zwischen „innen“ und „außen“: Erst kommt das Glück der Familie – die Welt außerhalb der Familie ist zweitrangig. Hier gibt es Regeln und Traditionen (wie Weihnachten), um die Liebe zur Familie, zum Clan, zum Blut zu nähren.
Liebe in Zeiten der „Generation Beziehungsunfähig“
Wenn der jungen Generation heute vorgeworfen wird, dass sie als „Generation Beziehungsunfähig“ aus egoistischen Gründen liebesunfähig sei, bezieht sich die Kritik genau auf die oben genannte Definition von Liebe: Sich leidenschaftlich verlieben, aus der Verliebtheit zum Eheversprechen kommen, in einer stabilen Beziehung Kindern ein geborgenes Heim geben, Kinder fördern und sie zu lebenstüchtigen Erwachsenen erziehen, ein Haus bauen und eine Heimat kreieren, später weiterhin für die Familie da sein und dafür sorgen, dass in der Familie Sicherheit und Liebe Schutz geben vor der Außenwelt.
Michael Nast hat mit seinem Bestseller „Generation Beziehungsunfähig“ nun die Verzweiflung vieler junger Menschen (auch gerade vieler junger Frauen) in Worte gekleidet, die diese vertrauten Werte und diese Sehnsucht nach wahrer Liebe plötzlich so verpuffen sehen, die sich nach dem Wertesystem ihrer Eltern und traditionellen Umgebungen zurücksehnen. Sind die jungen Menschen wirklich zu egoistisch, um liebesfähig zu sein? Oder sind sie Getriebene durch Job und Selbstoptimierung, so dass sie es nicht wagen, für sich ein liebesbasiertes Privatleben außerhalb von Karriere einzufordern?
Text von Michael Nast: Generation Beziehungsunfähig
Ich habe mir angewöhnt, immer mal wieder beim Spaziergang mit dem Hund oder bei anderen zufälligen Begegnungen zu fragen: „Wie definierst Du eigentlich Liebe?“ Die Antworten drehen sich grundsätzlich um Partnerliebe und Mutterliebe – selbst bei praktizierenden Buddhisten. Meine zufälligen Gesprächspartner bekommen leuchtende Augen bei der Erinnerung an Momente, in denen sie intensiv Liebe empfunden haben. Liebe fühlt sich an wie ein geöffneter Raum, sagte heute eine kluge Frau zu mir, die sich an den Moment erinnerte, als ihr Sohn geboren wurde.
Mir tut es unendlich leid, dass wir durch die globale Vernetzung und durch die unzähligen Möglichkeiten, die uns die Digitalisierung bietet, aus den gewohnten Definitionen von Liebe, Heimat, Geborgenheit und dem bedingungslosen Angenommen werden herausgerissen werden. Doch ich fürchte, unsere Mama Erde braucht ein Umdenken, damit wir nicht weiter so auf ihr herumtrampeln wie die letzten Jahrhunderte.
Erst, wenn auch eine Mutter allen anderen Kindern aus tiefstem Herzen heraus das gleiche Glück wünscht wie ihrem eigenen Kind, erst wenn wir unsere Liebesbeziehungen leben können in dem Bewusstsein, dass wir mit allen Menschen verbunden sind, und uns nicht auf einer abgeschlossenen Insel der Glückseligkeit befinden mit dem heimlichen Gedanken „Was gehen mich die Anderen an“, können wir die Erde retten und vorwärts kommen.
Mit gefällt es gut, dass junge Menschen StartUps gründen, die sich mit sozialen Fragen auseinandersetzen und Lösungen dafür entwickeln. Mir gefällt es gut, dass Kreativität und Verrücktheit entsteht in einer medialen Welt, in der ich keine Erlaubnis von Autoritäten brauche, um mich selbst zu verwirklichen. Vielleicht sind wir gerade dabei, „Liebe“ neu zu definieren, und aus den traditionellen Rollenmustern auszubrechen. Tut weh, ok, aber so ist das nun mal: Neues kann nur entstehen, wenn Altes zerstört wird – und gerade der Schmerz der Trauer und der Verlassenheit gibt die notwendige Energie, um Neues zu wagen. Komfortzonen verlässt man wohl meist nur dann, wenn man muss…
[…] Publikum geht nicht leer aus und kann sich auf ein variantenreiches Auswahlprogramm … Liebe ist… Wollen, dass Andere glücklich sind ask.fm ist eine Website, auf der Besucher und registrierte Nutzer Fragen stellen und beantworten […]