Enttäuschungen im Leben: Das Beste, was passieren kann?

Vor vielen Jahren traf ich meine Nachbarin im Treppenhaus. Wir redeten über dies und das und plötzlich meinte sie: „Sag mal, ist Dir eigentlich schon mal aufgefallen, dass Dein Leben eine einzige Aneinanderreihung von Scheitern ist?“ Ich musste lachen. Ja, damit hatte sie es auf den Punkt getroffen. Obwohl ich damals halb so alt war wie heute, hat sich bis heute nichts an diesem Phänomen geändert. Ich erlebe Enttäuschungen, ziehe Konsequenzen, ändere alles Mögliche, und dann fange ich wieder von vorn an. Ich liebe dieses Leben! Vielleicht etwas ungewöhnlich, doch es ist für so Typen wie mich wirklich wunderschön. Glauben – Scheitern – Aufbruch – Neue Abenteuer, neuer Glaube.

Das Leben ist eine Achterbahn

Rauf und runter, schnell und langsam, wild und gemütlich, lustvoll und panisch, bis zum Ende der Fahrt immer im Kreis, immer im Kreis. Oder wie meine Tochter einmal trocken formulierte: „Das Leben ist wie eine Achterbahn – man kotzt immer in derselben Kurve“.

Himmel, das trifft so sehr auf mich zu! Ich staune selbst, dass ich mit meinen dreiundsechzig Jahren immer noch bei jedem Anfang die gleiche Begeisterung aufbringe wie als Kind oder als junge Frau. Jedes Mal wieder denke ich „Jetzt aber hast Du das gefunden, was Du wirklich willst. Ab jetzt wirst Du nie wieder etwas Anderes machen. Das ist das Maximum, das lässt sich nicht toppen“.

Von der großen Liebe zum Beruf

Früher waren es die großen Lieben, seit über zwanzig Jahren sind es berufliche Herausforderungen. Ich entdecke eine Möglichkeit, stürze mich mit ganzem Enthusiasmus hinein, habe Zukunftsvisionen von dem absoluten Ideal. Ich gebe alles, habe Erfolge, erfahre Glück und Erfüllung, überzeuge mit meiner Begeisterung – und zack, werde ich enttäuscht. Irgendetwas passiert immer – meistens nach zwei, drei Jahren.

Bumm, mal wieder enttäuscht

Der Fall ist jedes Mal schmerzhaft. Plötzlich fühle ich mich wie ein hilflos strampelnder Käfer auf dem Rücken. Oder wie eine Ratte, die in die Enge getrieben wurde. Auf jeden Fall ist das der Moment der Panik, gelähmt oder wütend – mal so, mal so.

Ach, ich liebe diese Momente der Verzweiflung. Denn das, was dann passiert, ist das, was mir meine unbändige Lebenslust, meine Gesundheit und meine Lernfähigkeit erhält. Ich nenne es „Das Super-Mario-Spiel“. Ich fliehe aus meiner Enttäuschung, meiner Klemme, meiner Niederlage. Das sind harte Zeiten, in denen ich schreibe wie eine Besessene, mich selbst „therapiere“ durch Analysen, Fragestellungen, Aufdeckung von Irrtümern, Bearbeitung meiner Selbstzweifel.

Früher dauerten diese Phasen länger – in der Zwischenzeit bin ich sehr schnell geworden: Enttäuschung – Trauer – Verarbeitung (Diagnose – Zielsetzung – Strategie und Umsetzung) – Aufbruch – Geschenk des Himmels – neues Leben. Gerade habe ich es wieder erlebt, dass ich mich beruflich komplett neu ausrichte nach einer Enttäuschung: zwei Wochen habe ich gebraucht.

Ein Hoch auf die Enttäuschung

Sicher gibt es nur wenige Menschen, die so sehr auf neue Abenteuer und neue Wagnisse stehen wie ich (sie sind in den allermeisten Fällen Selbstständige und/ oder Unternehmer). Bei jungen Menschen gibt es das noch häufiger, doch mit dem Alter schwinden häufig die Möglichkeiten des Aufbruchs. Familie, finanzielle Verbindlichkeiten, Beruf, Verantwortungen aller Art… Es ist richtig und wichtig, dass die meisten Menschen Heimat, Verantwortungsbewusstsein und Sicherheitsstreben leben.

Doch all denen, die vielleicht gerade eine Enttäuschung erlebt haben, möchte ich zurufen: „Ich drei Jahren werdet Ihr ganz sicher sagen, dass diese Enttäuschung das Beste war, was Euch überhaupt passieren konnte!“ Glaubt einer erfahrenen Lebens-Vagabundin. Enttäuschungen geben Kraft, das Unmögliche zu wagen. Enttäuschungen machen mutig, wütend, unberechenbar, wild. Enttäuschungen sind wie eine Verjüngungskur. Wer nichts mehr zu verlieren hat, kann das Neue wagen.

Bin ich gut genug?

Immer wieder das Neue wagen bedeutet nicht, ein ewiger Anfänger zu bleiben. Immer wieder das Neue zu wagen, bedeutet, immer wieder neue Ausbildungen zu machen, die sich ergänzen, die sich auftürmen, die aus dem Routinier den Meister formt. Neues Leben, neue Fähigkeiten. Desillusionierungen sind der Freejazz der neuen Musik. Nur, wer alte Harmonien zerstört, kann Neues entdecken und Neues lernen.

Ich bin gespannt, ob ich überhaupt gut genug bin für das Neue, das sich gerade mir zugeneigt hat. Vielleicht werde ich fürchterlich versagen? Doch ich bin optimistisch. Immer, wenn ich voller Neugierde, Aufregung und Liebe etwas Neues beginne, lerne ich auch, gut darin zu werden. Wie ein kleines Kind: Wer neugierig auf alles Neue zugeht, fällt vielleicht unzählige Male hin – doch irgendwann wird man es schaffen. Und dieses Gefühl ist unglaublich schön.

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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