Offen seelische Probleme und Ängste zugeben – Buchempfehlungen

Erfolg ist zur Pflicht geworden – kein Wunder, schließlich konkurriert der Mensch in immer mehr Bereichen mit Bits und Bytes. Wer will schon so perfekt Daten produzieren, auswerten und nutzen wie ein Computer? Da muss man als Mensch ja verlieren! Ob auch ehemalige Schachweltmeister in Depressionen verfallen, weil keiner von ihnen mehr die Chance hat, gegen eine Maschine zu gewinnen?

Die Obsoleszenz des Menschen

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay 

Unser blutjunges, digitales Zeitalter ist gleichzeitig auch eine Zeit der seelischen Erkrankungen. Der Mensch verliert den Kampf um Überlegenheit, Erfolg, eiserne Selbstoptimierung, Leistungsfähigkeit und Leistungsbeweise. Auch elitäre Prominente, Manager und Politiker sind betroffen von Angsterkrankungen, Essstörungen, psychischer Lähmung und dem Verlust von Sinnhaftigkeit. Das Handelsblatt gibt vor Weihnachten passende Buchempfehlungen (unten verlinkt) – denn immer mehr von ihnen stehen zu ihrem Scheitern und dem Kontrast zwischen Schein und Sein. Vielleicht eine tröstliche und hilfreiche Geschenkidee?

Egal wie gut Du bist, es ist nie gut genug

Für uns Menschen gibt es anscheinend nur eine Chance, im digitalen Zeitalter wieder zu gesunden: Wir müssen lernen, zu unseren Schwächen und unseren Unzulänglichkeiten zu stehen. Je höher man auf der Erfolgsleiter steigt, desto deutlicher wird dieses „Ich bin nicht gut genug, ich schaffe es nicht, ich bin ein Versager“. Frauen sind von Angststörungen – der häufigsten psychischen Erkrankung – mehr als doppelt so oft betroffen wie Männer.
ZDF: Wenn Angst zur Krankheit wird – die häufigste psychische Störung

Ich persönlich vermute, dass die Vielfachbelastung als Mutter, Tochter, Ehefrau und Berufstätige dazu beiträgt, sich als Versagerin, Schuldige, Verzweifelte zu fühlen: „Ich schaffe es einfach nicht!“.

Die Verabschiedung des Ringens um Perfektion

Selbstverständlich sind auch Männer zunehmend belastet – gerade in verantwortungsvollen beruflichen Positionen. Außerdem sind Väter, Söhne und Ehepartner immer mehr bereit und in der Pflicht, sich emotional, verantwortungsvoll und liebevoll auf ihre Familie einzulassen. Das führt auch bei traditionell wettkampforientierten Männern mehr und mehr zu dieser Panik „Ich schaff’ das alles nicht!“.

Schein und Sein

Im Social Web sehen wir lauter glückliche, attraktive, erfolgreiche Menschen, die durch die ganze Welt reisen und von überall ihre Selfies posten. Für sie scheint auch die erfüllende Zweierbeziehung kein Problem zu sein. Haben diese Instagram-, Tiktok- oder YouTube- Influencer Familie, ist es die reinste Wonne, gemeinsam zu kuscheln und entspannt Zeit miteinander zu verbringen. Stress und Überforderung kommen nicht vor – es sei denn, so ein Influencer outet sich mit seinen Depressionen, Ängsten und dem krankmachenden schönen Schein, der stets aufrechterhalten werden muss, um die Follower und Werbekunden nicht zu vergraulen.

Schöne neue Welt

Für die naiven Konsumenten der „schönen neuen Welt“ ist die Vorstellung, denen da draußen geht es fantastisch, während ich versuche, mit meinem ganzen Stress irgendwie zu überleben, pures Gift. Vor allem junge Menschen haben den natürlichen Drang, sich Idole zu suchen, denen sie nacheifern können. Doch in der digitalen Welt sind die Idole keine Lehrer, Nachbarn, Familienmitglieder, Chefs oder Freunde, die persönliches Interesse an dem jugendlichen Suchenden haben. Es sind auch keine prominenten Künstler, die durch ihre Werke nachhaltig auf die junge Seele einwirken können.

Die Social Media Idole sind einfach nur Verkäufer, die durch geschickten „Smalltalk-Content“ zum Kaufen anregen müssen. Denn das ist ihr Job. Sollten sie nachlassen in ihrer Kunst des schönen Scheins, werden sie abserviert und scheitern. Auch kein leichtes Leben… Fußballer, Künstler, Models etc. bekommen Panik bei der Vorstellung, Follower zu verlieren, selbst Politiker und Journalisten bemühen sich verzweifelt um den Zuspruch der Öffentlichkeit.

Wir werden es überleben

Jede Zeit hat ihr Gift. In meiner Jugend waren es Drogen, die Unmengen von jungen Menschen dahinrafften. Davor war es der Vaterlandsglaube, der die Menschen in unvorstellbares Leid und unvorstellbare Gräueltaten trieb. Heute ist es der Wettkampf mit den Maschinen und mit dem „schönen Schein“, der sowohl im Beruf als auch im Privatleben zu diesem unausweichlichen „Ich schaff‘ das nicht!“ Stress führt. Niemand ist perfekt genug, um als Sieger dazustehen – wahrscheinlich hat sogar ein Elon Musk oder ein Mark Zuckerberg seine Panik im Wettbewerb um den stärksten Mann der Welt ;).

Doch jede Zeit und jede gravierende Verschiebung des Bisherigen findet auch seinen Ausweg. Ich vermute, in zwanzig Jahren wird man ungläubig den Kopf schütteln über unser Panik-Zeitalter, das die Menschen dahinrafft mit psychischem Stress und unaufhörlichem Kopfkino. Für mich besteht die Lösung in der persönlichen Weiterentwicklung. Die einen suchen sich die passende Therapie, die anderen lernen aus Büchern und anderen Medien, die dritten finden ihr Heil in spirituellen Gruppierungen oder in der spirituellen Besinnung.

Wir können viel lernen von denen, die gescheitert sind an ihrem Stress und in der Not an sich gearbeitet haben. Depression und Angst sind ein gutes Motiv, um sich zu verändern. Wenn erst einmal der Tiefpunkt erreicht ist, folgt oft genug der Moment, wo man aufsteht und sich Hilfe sucht. Und irgendwann kommt der Tag, an dem man sagt: „Gut, dass das alles passiert ist“. Oder wie Jesus sagte: „Nimm Dein Kreuz auf Dich.“ Wir kommen nun mal nicht drumherum! Und das ist gut so.

Handelsblatt vom 4. Dezember 2022 „Menschsein hat einen neuen Stellenwert bekommen“

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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