Entscheidungen für medizinische Behandlungen treffen – hilft Google?

Mit zunehmendem Alter kommt wohl auf jeden Menschen die Situation zu, dass er eine medizinische Diagnose erhält, die Konsequenzen mit sich trägt. Ob beim Zahnarzt, Facharzt oder im Krankenhaus: Der Patient ist gezwungen, eine Entscheidung zu treffen, die sein zukünftiges Leben betrifft. Soll ich mich für diese Art von Zahnersatz entscheiden? Bin ich damit einverstanden, ein künstliches Hüftgelenk einsetzen zu lassen? Die meisten Menschen setzen auf Vertrauen. Viele sind sogar der Überzeugung, dass eine intensive Recherche im Internet nur etwas für Hypochonder sei, die bei jedem Schnupfen eine tödliche Erkrankung vermuten. Aber ist das so? Sollte man sich vor Informationen schützen, wenn man Angst um Gesundheit und Leben hat?

Bild von Natalia Ovcharenko auf Pixabay

Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Man ist beim Zahnarzt. Es wird festgestellt, dass man Zahnersatz braucht. Der Zahnarzt erstellt einen Heil- und Kostenplan. Aus diesem ergibt sich, wieviel der Patient zuzahlen muss – je nach Versicherungsstatus. Man sollte sich also vor der Entscheidung für eine bestimmte Behandlung genau informieren, welche Möglichkeiten des Zahnersatzes es gibt – und dann sollte man sich gemeinsam mit dem Zahnarzt auf Augenhöhe darüber absprechen, was genau getan wird. Bei diesem Gespräch geht es nicht nur um die Entscheidung für den bestmöglichen Zahnersatz – sondern auch um die Zuzahlungen und die nach der Behandlung erstellte Zahnarzt-Abrechnung, die auf dem „Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA)“ aufbaut. Gute Zahnärzte freuen sich, wenn ihre Patienten gut informiert in das Informationsgespräch kommen. Schlimm ist, wenn ein untertäniger Patient zu Allem Ja und Amen sagt – und nach der Behandlung dann unzufrieden ist und seine Entscheidung bereut.

Soll man googlen in Gesundheitsfragen?

Vor rund zwanzig Jahren hatte ich bei einem Business-Essen eine erfahrene Pharmareferentin am Tisch, die uns eindringlich empfahl, bei gesundheitlichen Problemen zu googlen. „Es gibt so viele falsche Diagnosen, Behandlungen, unnötige Eingriffe und Verschreibungen, die schädlich sind. Was bin ich froh, dass Patienten im Internetzeitalter nun in der Lage sind, sich umfassend über Google immer näher an das heranzupirschen, was unser Wichtigstes betrifft: unseren eigenen Körper“.

Die Menschen scheuen sich in der Regel davor, nach Symptomen, Diagnosen, Krankheiten und Behandlungsmethoden zu googlen, weil sie Angst haben, dass die Fülle und Widersprüchlichkeit der Ergebnisse sie überfordert und verunsichert. Es ist ja tatsächlich so: Kaum etwas erscheint uns komplexer und verwirrender als der Mensch und seine Körperfunktionen. Bis heute verstehe ich nicht, wie ein Auge funktioniert und was Kurzsichtigkeit verursacht (und ich bin seit Grundschulalter kurzsichtig!).

Und doch möchte ich Mut machen, es bei Fragen zum eigenen Körper (oder zu Fragen des Körpers seiner Angehörigen) ähnlich zu halten wie bei einem Businessplan. Man fängt irgendwo an, macht sich Notizen, stellt sich Fragen, die man aus den bisherigen Informationen heraus entwickelt hat, sucht weiter. Es ist Detektivarbeit, aber es lohnt sich. Unseriöse Quellen von seriösen zu unterscheiden, ist gerade im Gesundheitsbereich nicht so schwierig – unseriöse Quellen erkennt vom häufig daran, dass jemand mit der Webseite, dem Beitrag, dem Video oder dem Forum etwas verkaufen will.
Seriöse Gesundheitsinformationen erkennen

Bei ärztlich erstellter Diagnose kann es auch sehr hilfreich sein, sich über eine Selbsthilfegruppe (z.B. bei Facebook) mit anderen Mitbetroffenen auszutauschen. Selbstverständlich ist jeder Körper individuell. Was dem einen Menschen hilft, ist beim anderen völlig wirkungslos.

Das Vertrauen zu Ärzten und Krankenhäusern

Es ist nicht leicht, einen Arzt mit dessen knapper Zeit darum zu bitten, ein ausführliches Gespräch zu führen, bevor Entscheidungen getroffen werden. Als Patient ist man definitiv auf der schwächeren Seite als der Arzt auf der anderen Seite des Schreibtischs. Der gut informierte Patient kann sich auf ein solches Gespräch vorbereiten, kann sich Fragen aufschreiben und beim Gespräch Notizen machen. Viele Ärzte schätzen mündige Patienten sehr, da so eine Zusammenarbeit auf gegenseitigem Respekt, auf Wissen und Wertschätzung beruht. Die Patienten, die ihrem Arzt blind vertrauen wie einem „Halbgott“ sind nicht unbedingt bequemer. Sie wollen viel von sich erzählen, wollen Lob und Anerkennung, wollen seelisch aufgefangen werden – auch das kostet wertvolle Zeit. Verhandelt man mit einem Arzt wie mit einem Kfz-Werkstattleiter bei einem Fahrzeugschaden, kann das für beide Seiten sehr befriedigend sein. Nur der Faktor Zeit ist in unserem Gesundheitssystem in der Arztpraxis und im Krankenhaus enger als in der Kfz-Werkstatt.

Eine Klientin von mir litt viele Jahre an ihrem ganzen Körper. Haut, Stoffwechsel, Unverträglichkeiten, Schmerzen, Fieber… Irgendwann wurde sie als Akutfall in ein Krankenhaus gebracht, und man stellte fest, dass sie eine langjährige Endometriose hat, die ursächlich für all diese Folgeerscheinungen verantwortlich ist. Die junge Frau hatte zwar viel gelesen über die Zusammenhänge von Körper, Seele, Geist – doch sie hatte nie geforscht, was denn nun den Zusammenhang ergab zwischen all ihren Symptomen und Erkrankungen. Sie war von Facharzt zu Facharzt gegangen, doch verständlicherweise war keiner von ihnen auf eine gynäkologische Ursache gekommen. Meine frühere Hausärztin brachte es einmal so auf den Punkt: „Es gibt immer eine Ursache. Man muss sie nur finden“.

Selbstverständlich kann man als Laie nicht durch Googlen im Schnellverfahren ein akademisches Studium und lange Erfahrungen als Arzt ersetzen. Vertrauen in die Expertise des Arztes ist Voraussetzung, um die richtige Entscheidung zu treffen. Selbstverständlich ist die Bereitschaft, den eigenen Lebensstil zu verändern, um seinem Körper keinen weiteren Schaden zuzufügen, Voraussetzung für eine vielleicht mögliche Heilung.

Medikamente und medizinische Eingriffe sind eine wichtige Ergänzung, um den Heilungsprozess zu ermöglichen – oder auch Leben zu retten. Ärzte müssen im Laufe ihrer Erfahrungen mit Patienten einsehen, dass nur wenige bereit sind, ihren Lebensstil zu ändern. Die meisten wollen einfach eine Konsumer-Reparatur, ohne Selbstverantwortung zu übernehmen für ihren Körper. Mag sein, dass mangelnde Selbstliebe dafür verantwortlich ist, dass sie so achtlos sind sich selbst gegenüber. Einer Klientin habe ich mal gesagt „Ich glaube, viele Menschen lieben ihr Haustier mehr als sich selbst. Bewegung, Nahrung, liebevolle Aufmerksamkeit und nachhaltige Pflege lassen sich bei einem geliebten Tier anscheinend leichter durchführen als bei sich selbst.“

Googlen bedeutet auch, sich den unbequemen Wahrheiten zu stellen. Übergewicht, Bewegungsmangel, Fastfood und die Einnahme schädlicher Substanzen wie Alkohol und Zigaretten sind der bequemere Weg als mühsam erworbenes Wissen und achtsame Selbstliebe. An einem erfüllten, gesunden Leben zu arbeiten, bedeutet viel Arbeit.
Gesundheit – Wie werde ich Experte meiner selbst?

Lasst uns zu Gärtnern werden, die den eigenen Körper lieben und pflegen, wie es ein Gärtner mit seinen Pflanzen im Garten tut. Der googlet auch, wenn eine seiner Pflanzen erkrankt und er die Ursache und bestmögliche Behandlung nicht kennt. Es ist keine Anmaßung, den eigenen Körper und seine Leiden immer besser zu verstehen. Es ist auch kein narzisstischer Hochmut, sich selbst wichtig zu nehmen. Leben ist so kostbar, es lohnt sich, es zu schätzen. Vielleicht haben wir ja nur das eine – wäre doch schade drum.

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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