Agilität im Mittelstand? Auf der Businessnight der VIA in Witten

Ich hatte mich gern dafür entscheiden, die Einladung zur Businessnight der VIA (Studentische Unternehmensberatung e. V.) anzunehmen. In der Wittener Werkstatt hatten sich viele Studenten/Innen, Absolventen/Innen, BeraterInnen und VertreterInnen aus mittelständischen Unternehmen versammelt, um sich einem Abend lang dem komplexen Change-Thema zu widmen. Das, was in Konzernen schon weitgehend Realität ist, wird zunehmen auch in kleineren Unternehmen diskutiert. Doch so ein Kulturwandel ist schwierig – und kann natürlich auch mit erheblichen Risiken verbunden sein.

Was ist überhaupt „Agilität“ – und was bedeutet es im Mittelstand?

Organisationen und Wirtschaftsunternehmen stehen alle vor dem selben Problem: Durch das Internet verändern sich

Agilität als Thema – auf der Businessnight des VIA in Witten

„Wahrheiten“ und Anforderungen rasant – nahezu in Echtzeit. Die Welt ist global miteinander verbunden. Durch die ständig ansteigenden technischen Standards und die steigenden Bedürfnisse der Kunden und Nutzer sind alle Marktteilnehmer gezwungen, sich auf einen durchgehenden Erneuerungsprozess einzulassen.

Starre Hierarchien, lange Entscheidungswege, mangelnde Vernetzung und intransparenten Kommunikation führen schnell zu Wettbewerbsnachteilen und Innovationshemmungen. Die traditionell schwerfälligen Konzern „Tanker“ waren die ersten, die sich durch kleine wenige StartUp-Zerstör-Boote bedroht wussten. So ist wohl fast jedes große Wirtschaftsunternehmen in der Zwischenzeit auch Inkubator und versucht, diese kreativen Schnellboote anzudocken und Synergieeffekte für sich zu nutzen.

Agilität bedeutet in dem Zusammenhang,  Organisations- und Prozessstrukturen so zu verändern, dass die Organisation zu größtmöglicher Handlungsautonomie und Unabhängigkeit kommt. In abteilungsübergreifenden Teams werden eigenständig unternehmerische Projekte abgewickelt. Von der Produktentwicklung über die IT bis zu Vertrieb und Kommunikationspolitik können täglich Anpassungen vorgenommen werden, wenn der Markt es erfordert. Ein tiefer Eingriff in die traditionelle Unternehmenskultur, der sicher nicht immer so rasch gelingen will.

Mit dem Change ist unweigerlich eine Demokratisierung des gesamten Organismus verbunden. Warten auf Befehle von oben ist nicht nur verlorene Zeit – es ist auch ein Quell von gefährlichen Fehlentscheidungen, weil die oberen Entscheider nicht nah genug dran sind am „Maschinenraum“ und an den Kunden.

Im Mittelstand sieht es anders aus als in der Konzernwelt. Zwar gibt es gerade hier viele Unternehmen, die informelle „agile“ Strukturen haben – ganz einfach weil sich alle für alles verantwortlich fühlen – doch ein geordneter Change-Prozess  ist langwierig, riskant und teuer. Auch ist es bei mittelständischen Unternehmen der Normalfall, dass der Inhaber bzw. die Inhaberfamilie eine emotional viel stärkere Bindung an die Firma hat als ein Manager in einem großen Unternehmen. Da fällt es doppelt schwer, Verantwortung aus der Hand zu geben. Informell ist es ok und kann eine echte Entlastung bedeuten – doch mit festgeschriebenen Regeln und Gesetzen erzeugt es Verlustängste und kann unverzichtbare Kräfte für längere Zeit binden und damit schlimmstenfalls die Existenz des Unternehmens gefährden. Zumindest diese Sorge ist da und berechtigt.

Der Abend zeigte, dass Agilität und agile Organisationskulturen noch nicht wirklich im Mittelstand angekommen sind – auch wenn über die Begrifflichkeit und die Hintergründe schon viel auf Führungsebene und auf Konferenzen diskutiert wird. Es kann also sein, dass junge StartUps viele Angriffspunkte vorfinden, bei denen sie durch ihr unbelastetes und jugendliches Vorgehen die gefürchtete disruptive (zerstörende) Energie einsetzen können und etablierten Unternehmen gefährlich werden durch neue Geschäftsmodelle, Personalstrukturen, Kulturen und Prozesse.

Zwar können etablierte Unternehmen Talenten meistens viel mehr zahlen als StartUps, doch gerade jungen IT-lern ist die lockere Unternehmenskultur und die abwechslungsreiche Lernumgebung wichtiger als der verlässliche Gehaltsscheck. Eine wirkliche Lösung für dieses Problem konnte an dem Abend natürlich nicht gefunden werden, doch man kann sicher sein „Steter Tropfen höhlt den Stein“ – die Notwendigkeit der Veränderung wird nach und nach auch im Mittelstand einsickern.

 

 

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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