Jedes Netzwerk im Web hat seinen ganz eigenen Charakter, seine eigene Etikette, eine eigene Topographie. So wie Twitter für Insider ist und Facebook für Private, ist Xing ein soziales Netzwerk im Business. Wer hier aktiv ist, hat klare Ziele: Kooperationspartner entdecken, Kunden gewinnen, sich vernetzen, Karriere machen, einen neuen Job finden oder Geschäftsideen entwickeln. Xing unterstützt seine Mitglieder bei diesem fokussierten Zweck – ein Missbrauch des Business-Netzwerks fliegt schnell auf und wird durchaus auch mit einem Rauswurf geahndet.
Xing ist auch bei älteren Webnutzern beliebt, da es nicht so verwirrend aufgebaut ist wie Twitter und nicht so unkalkulierbar wie Facebook. Die Strukturen sind klar und verständlich, die Einstellungen zur Privatsphäre benutzerfreundlich angesiedelt, niemand braucht zu befürchten, aus Versehen etwas öffentlich zu machen, was nicht öffentlich sein soll.
Xing legt großen Wert auf Einhaltung der Regeln – so ist es beispielsweise nicht gestattet, unter einem falschen Namen ein Profil anzulegen. Doch zunächst wollen wir uns den Fakten von Xing zuwenden, bevor wir und den Regeln und Nutzungsmöglichkeiten zuwenden.
Xing: die Geschichte
Im Jahr 2003 gründete Lars Hinrich das Online Business Netzwerk “OpenBC (Open Business Club). Der Geschäftsidee lag die Erfahrung zugrunde, dass Business vor allem von Kontakten lebt – und dass diese Kontakte nicht an nationalen Grenzen Halt machen. OpenBC wurde im gleichen Jahr gegründet wie das internationale Business-Network LinkedIn. LinkedIn ist heute weltweit etwa 10-mal so groß wie Xing, der Schwerpunkt liegt im angelsächsischen Raum – von den Branchen her ist Technology am meisten auf LinkedIn vertreten.
Im ersten Quartal 2011 verzeichnet das Business-Netzwerk Xing, das schon 2006 an die Börse ging, den stärksten Mitgliederzuwachs seit zwei Jahren. 4,7 Millionen Mitglieder stammen aus den deutschsprachigen Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz. Weltweit sind über 10 Millionen Menschen Mitglieder bei Xing. Sieben Prozent dieser Mitglieder haben einen Premium-Account und zahlen den Mitgliedsbeitrag von knapp sechs Euro im Monat – alle anderen können das Netzwerk mit der Basic-Mitgliedschaft kostenlos nutzen. Obwohl so wenige Xing’ler das Premium-Angebot wählen, konnte Xing seine Gewinne permanent steigern und verzeichnete im ersten Quartal 2012 einen Gewinn von 2,37 Millionen Euro.
Bei “Web 2.0-Insidern” und “Nerds” hat Xing einen etwas altbackenen Ruf – doch da die meisten Business-Akteure keine jungen Web 2.0′ Insider sind, tut das dem Erfolg des Netzwerks keinen Abbruch. Seit LinkedIn im Jahr 2009 auch in deutscher Sprache verfügbar wurde, holt es zwar auf – doch trotzdem bleibt Xing in den deutschsprachigen Ländern unangefochten die Nummer 1 – wahrscheinlich auch, weil es leichter ist, bei Xing neue Kontakte anzuschreiben. LinkedIn fristet in Deutschland weiterhin ein Nischendasein.
Xing im Überblick
Nach Facebook ist Xing das meistbesuchte soziale Netzwerk in Deutschland. Vor allem in Ballungsräumen ist Xing bekannt und beliebt. Nach Umfragen sind 70 Prozent der Xing-Mitglieder angestellte Mitarbeiter – 30 Prozent sind selbstständig. Acht von zehn deutschen Fach- und Führungskräften sind laut einer Studie des Fraunhofer-Institutsbei Xing präsent.
Vor allem kleine Unternehmen, Freiberufler und Selbstständige profitieren von Xing. Laut einer Regus-Studie gaben 44 Prozent der kleinen Unternehmen bei Xing an, schon Aufträge und Kunden über Xing gewonnen zu haben. Für große Unternehmen ist Xing in erster Linie interessant, um Mitarbeiter zu finden. Recruiter, Headhunter und Personaler nutzen Xing als besonders effektives Instrument, um Fach- und Führungskräfte anzusprechen. Viele leitende Angestellte schätzen Xing, um Geschäftsfreundschaften zu pflegen, alte Kontakte aufzufrischen und ein elektronisches Adressbuch zu verwalten.
Jobsuche über Xing
Im Laufe der Jahre hat Xing das Jobportal immer weiter professionalisiert und die Möglichkeiten erweitert. Zwar bleibt Xing auch heute ein Nischenportal als Stellenbörse, doch in einigen Branchen ist Xing tatsächlich die erste Wahl, wenn es darum geht, eine neue Anstellung zu finden. Xing-Jobs sind mit Xing-Unternehmensprofilen verzahnt. Bewerber können leicht geeignete Ansprechpartner aus den jeweiligen Unternehmen entdecken – und sich eventuell mit diesen verbinden.
Xing ist als Jobportal persönlicher als Monster, Stepstone oder das Stellenportal der Agentur für Arbeit – Unternehmen, die über Xing neue Mitarbeiter suchen, zeigen, dass sie sich persönlich für die Bewerber interessieren.
Unternehmen, die qualifizierte Mitarbeiter suchen, können über Xing sehr komfortabel geeignete Bewerber finden. Der Konzern OTTO aus Hamburg beschäftigt allein zwei Mitarbeiter, die über Xing und andere soziale Netzwerke im Recruiting aktiv sind – so wird die Zusammenführung von Anbieter und Bewerber auf eine ganz neue Ebene gebracht: man entdeckt sich über Sympathie, persönliche Ansprache, fachlichen Austausch.
Kleine Unternehmen suchen häufig projektbezogen nach Mitarbeitern und Freelancern. Über Xing haben sie die Möglichkeit, bei der Suche genau einzugrenzen, wer in Frage käme – nach Region, Qualifikation, Erfahrungen und Kontakten. Bei der Kontaktaufnahme stellt sich schnell heraus, ob man zusammen passt. Das ist preisgünstig, effektiv, schnell und partnerschaftlich – nicht zu vergleichen mit einer Stellenanzeige, die breit gestreut häufig die Zielgruppe verfehlt.
Veranstaltungen bei Xing
Ein besonders gern genutzter Benefit bei Xing ist die Entdeckung von Business-Veranstaltungen – und dass man selbst ohne viel Aufwand zu Veranstaltungen einladen kann. Da aktives Netzwerken einer der bedeutendsten Bausteine für ein erfolgreiches Unternehmertum darstellt, ist Xing hier unersetzbar. Interessante Veranstaltungen entdeckt man nicht nur über die Veranstaltungskalender, sondern auch bei den Status-Updates – wenn man liest, dass Kontakte sich bei einem Event angemeldet haben.
Selbst Veranstaltungen bei Xing einzustellen, ist immer dann sinnvoll, wenn genügend Kontakte davon erfahren. Für Organisationen, Unternehmen und Verbände sollte es selbstverständlich sein, einen Mitarbeiter damit zu beauftragen, bei Xing viele Kontakte aufzubauen und sämtliche Events einzustellen, die über diese Organisation veranstaltet werden.
Xing-Gruppen
Bei Xing gibt es etwa 40.000 Gruppen – die meisten im deutschsprachigen Raum. Von diesen unzähligen Gruppen sind die meisten inaktiv, denn es ist sehr einfach “mal eben” selbst eine Xing-Gruppe anzulegen (die allerdings zuvor von Xing genehmigt werden muss) – doch die erfolgreiche Pflege derselben ist sehr aufwändig und hängt davon ab, wie interessant die diskutierten Inhalte sind. In vielen Xing-Gruppen sind vor allem offensive Auftrags-Sucher unterwegs, die für sich und ihr Angebot Kunden suchen. Das schmälert den Ruf der Xing-Gruppen sehr.
Doch mit ein wenig Erfahrung lassen sich die „akquisitionsfreien“ Xing-Gruppen finden. Sehr interessant sind etwa die offiziellen Xing-Gruppen (Ambassadorgruppen), die regional Veranstaltungen speziell für Xing-Mitglieder durchführen: Business-Frühstück, Crosstable-Dinner, Besichtigungen, Partys, Kongresse zu Fachthemen… Auch für IT-ler gibt es gute Interessensgruppen, die über spezielle Problematiken diskutieren und sich fachbezogen austauschen.
In vielen Xing-Gruppen ist eine Mitgliedschaft nur möglich, wenn man zur definierten Zielgruppe gehört. So sind etwa Alumni-Gruppen bei Xing eine komfortable Angelegenheit, um miteinander in Kontakt zu bleiben. Auch im Bereich Recruiting gibt es sehr beliebte Gruppen, die ihrer Bestimmung dienen. Allgemein kann man sagen, dass sie Administration einer Xing-Gruppe darüber entscheidet, wie erfolgreich diese wird. In Gruppen selbst aktiv mitzudiskutieren, kann viel Zeit beanspruchen und durchaus für Frust sorgen, wenn man über die Gruppenaktivität zuviel erwartet.
Aufgabe 1: Suche über Google News und Google Ergebnisse der letzten sechs Monate interessante Neuigkeiten über Xing und analysiere diese – wie entwickelt sich das Business-Netzwerk?
Aufgabe 2: Lege bei LinkedIn einen Account an und vergleiche LinkedIn mit Xing – was fällt auf?