Seit die Bedingungen für den Gründungszuschuss so erheblich erschwert wurden, sinken die geförderten Existenzgründungen enorm: Neun von zehn Gründungen werden nicht mehr gefördert. Die Gründer aus der Arbeitslosigkeit haben keinen Rechtsanspruch mehr – die Arbeitsagenturen sind angehalten, so viel wie möglich zu sparen. Doch ist es wirklich rechtlich zulässig, Existenzgründern ohne gute Begründung die Förderung zu verweigern?
Die ersten Klagen beim Sozialgericht sind eingereicht, einige Existenzgründer wollen sich nicht so einfach mit dem verweigerten Gründungszuschuss abfinden und kämpfen für ihre Selbstständigkeit.
Exemplarisch ist das Beispiel von einer Versicherungsvermittlerin aus Lübeck, der die Agentur für Arbeit den Gründungszuschuss verweigerte, obwohl der Business-Plan von fachkundiger Stelle genehmigt wurde und die IHK dem Job gute Zukunftschancen einräumte. Zwar heißt es jetzt, dass die Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Stelle Vorrang vor Gründungsförderung hätte – doch die Stellen, die die Agentur für Arbeit der 49-Jährigen anbot, waren entweder unseriös (bei einer Versicherung) oder unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns (bei einem Call-Center).
Einem Handwerksmeister wurde der Gründungszuschuss verweigert, weil die Agentur für Arbeit jede Menge schlecht bezahlte Gesellenjobs bei Zeitarbeitsfirmen anbieten konnte – natürlich schlecht bezahlt und häufig mit hohem Fahraufwand.
Joachim Kochanowski, Leiter der Geschäftsstelle der Industrie- und Handelskammer in Norderstedt, kommentiert die Entwicklung folgendermaßen: „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Zuschuss gezahlt wird, ist deutlich gesunken.“ Im Juni 2012 wurden bundesweit nur noch 900 Förderanträge bewilligt, im November 2011 waren es noch 18 000. Neun von zehn Gründungen würden nach Aussage des IHK-Mitarbeiters nicht mehr gefördert.
Ob die Klagen vor den Sozialgerichten erfolgreich sind, bleibt abzuwarten. Auch wenn es verständlich ist, dass der Bund vor allem an Beschäftigten interessiert ist, die in die Sozialversicherung einzahlen, ist die Kürzung unklug – denn auch kleine Gründungen schaffen Arbeitsplätze – und ohne Kleinstunternehmen ist eine flexible innovative Dienstleistungsgesellschaft nicht mehr denkbar.
Ich habe meine Meinung zur Extrem-Beschneidung der nachhaltigsten Förderung der Republik (wurde mir erst kürzlich wieder einmal seitens einer Wirtschaftsförderung im Umland bestätigt) an dieser Stelle des Öfteren geäußert. Man kann seine Volkswirtschaft auch zu Tode sparen. Meine Gründer haben alle ihren Gründungszuschuss erhalten, nach meiner Erfahrung muss man sich wirklich eine regelrechte Strategie überlegen, und sollte man irgendwelche gesundheitlichen Einschränkungen haben, die eine Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt erschweren, auch einen Arzt, der das attestiert.
Und irgendwie ist es auch ein wenig lachhaft, wieviel Arbeitskapazitäten die Agenturen nunmehr darauf verwenden, den „Kunden“ die Förderung bzw. eine Selbständigkeit auszureden. Viel Geld und Spucke wird fürs fragwürdige Sparen verbraten…statt für nachhaltige Stärkung der Wirtschaft. Armes Deutschland.
Es ist zwar richtig, dass aufgrund des Wechsels des Gründungszuschusses als Ermessensentscheidung nicht mehr jede Gründung aus der Arbeitslosigkeit gefördert wird. Zu bedenken ist aber das gesetzgeberische Anliegen dahinter. Viele Gründungen (früher mit der Ich-AG, danach mit Gründungszuschuss) haben nur deswegen stattgefunden, um die staatlichen Fördergelder zu erhalten!
Hallo Herr Zimdars,
das ist natürlich richtig – aber ich habe seit 2004 mehrere hundert Existenzgründungen mit Gründungszuschuss, Ich-AG und Überbrückungsgeld begleiten dürfen – und nur sehr wenige davon sind gescheitert. Meiner Erfahrung nach sind Gründungen erfolgreicher als neue Anstellungen – die ja häufig nicht bis zum Rentenalter aufrecht erhalten bleiben 😉