Birgit Schultz ist Marketing-Beraterin und Autorin. Sie kombiniert ihre Beratungsleistungen seit Jahren erfolgreich mit konkreten Umsetzungen im Bereich Webentwicklung, Design und Text. Vor einigen Monaten hat sie selbst ein eBook zum Thema Social Media publiziert und weiß genau, welche Möglichkeiten Autoren haben, die ihr Buch veröffentlichen wollen. Wir sprachen mit ihr über das Für und Wider verschiedener Möglichkeiten, die ein Autor hat, der Bücher veröffentlichen lassen will: Verlag suchen? Im Selbstverlag publizieren? Oder das Werk als eBook im Web vermarkten?
SteadyNews: Liebe Birgit, was sind die Vor- und Nachteile, wenn man als Autor im Selbstverlag sein Buch veröffentlicht? Und was bieten Verlage an Unterstützung, wenn man sich für diesen Weg entscheidet – und einen Verlag interessieren kann?
Birgit Schultz: Jeder, der schreibt – egal ob einen Roman oder Fachliteratur – wünscht sich in der Regel, mit seinem Werk eine breitere Leserschaft zu erreichen. Aus persönlichen Gründen beschäftige ich mich schon seit etwa dem Jahr 2002 damit, wie man als Autor sein Buch publizieren und vermarkten kann, wenn die großen und namhaften Verlage nicht anbeißen. Denn auch, wenn man den Ratschlägen wie sie etwa im sehr guten Handbuch für Autoren von Sandra Uschtrin (www.uschtrin.de) zu finden sind folgt, gelingt es einem nur in den seltensten Fällen, sein Buch in einem namhaften Verlag zu veröffentlichen.
Es sind sehr viel Ausdauer und ein hohes Potenzial an Frustrationstoleranz nötig, um einen Verlag für sich begeistern zu können. Zunächst gilt es zu recherchieren, in welchem Verlag mein Buch wohl richtig aufgehoben sein könnte. Dann den passenden Ansprechpartner und Lektor herauszufinden. Das gilt sowohl für Fachbücher als auch für Romane.
Heute ist das etwas einfacher als noch vor 10 Jahren. Ist der Lektor namentlich bekannt, ist es sinnvoll, telefonisch vorzutasten, ob eine Manuskripteinsendung zu seinen Händen in Ordnung ist. Da kann man auch gleich abfragen, ob das gesamte Manuskript oder lediglich ein Exposé mit Leseprobe gewünscht sind und in welcher Form, also ob als Ausdruck oder per E-Mail. Ist diese Hürde genommen, heißt es: warten! Mit etwas Glück erhält man innerhalb eines halben Jahres eine Antwort.
Meist kommt aber auch gar keine Reaktion. Autoren sind nicht unbedingt immer extrovertierte Kontaktmenschen, denen es leicht fällt, ihren Einsendungen hinterher zu telefonieren. Selbst wenn alles in Ordnung ist, also der Text zum Verlagsprogramm passt, der Verlag Interesse anmeldet, das Exposé der gewünschten Form entspricht und so weiter kann es sein, dass ein Text wieder und wieder abgelehnt wird. Nicht nur Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling erging es so, bis sich endlich ein Verlag für sie fand.
Hat man dann die Hürde geschafft und das eigene Buch wird publiziert, ist oft die Enttäuschung der Autoren dennoch groß: Abgesehen davon, dass das Buch im Verzeichnis lieferbarer Bücher gelistet ist, macht der Verlag für einen Newcomer in der Regel kein Marketing. Das bedeutet, dass das Buch normalerweise nicht auf den Büchertischen der großen Buchhandlungen zu finden ist. Eigentlich weiß so gut wie niemand, dass man selbst endlich ein „publizierter“ Autor ist.
Schnell geht das Buch in die Verramschung (eines der „Mängelexemplare“ wird, die nie irgendwelche Mängel haben), weil niemand von Buch und Autor gehört hat – und gekauft wird immer noch, was man kennt, sei es von Rezensionen in den Medien oder weil man ein Buch empfohlen bekommt.
Doch ohne Marketing sieht sich der Autor vor einem Henne-Ei-Problem. Selten organisiert der Verlag Lesungen für den Autor, beispielsweise in Buchhandlungen oder Bibliotheken. Dafür muss der Jungautor selbst sorgen. Doch selbst wenn er einige Buchhandlungen und Bibliotheken anspricht und diese ihm Lesemöglichkeiten bieten, selbst wenn die Presse die Lesung ankündigt – meist sieht sich der Autor dann nur ein paar Freunden und Verwandten gegenüber. Während Lesungen berühmter Autoren wie beispielsweise Frank Schätzing schnell ausgebucht sind, kommen selbst zu kostenfreien Lesungen unbekannter Autoren kaum Interessenten.
SteadyNews: Was für Fähigkeiten, Tätigkeiten und Aufgaben gehören dazu, ein Buch selbst zu veröffentlichen – von der Publikation im Selbstverlag bis zur erfolgreichen Vermarktung?
Birgit Schultz: Das Thema ist mit wenigen Sätzen kaum zu behandeln. Zunächst: Wenn man weiß, wie wenig die Verlage für den Erfolg eines Buches übernehmen und wie gering der Anteil des Autorenhonorars für einen unbekannten Autor ist, kommt einem schnell die Idee, die ganze Sache selbst in die Hand zu nehmen. Um bei einem Verkaufspreis von 9,90 EUR auf etwa das gleiche Honorar von knapp 3000 Euro zu kommen, müssen über einen Verlag 5000 Exemplare verkauft werden, nimmt man die Sache beispielsweise über amazon.de selbst in die Hand nur rund 500! Allerdings sollte man nicht den Aufwand unterschätzen, die Bücher „unters Volk“ zu bringen.
Das fängt bei einem ordentlichen Lektorat an. Viele der im Selbstverlag publizierten Bücher sind deshalb schlecht angesehen, weil sie niemals ordentlich lektoriert und korrigiert wurden. Nicht nur, dass die Rechtschreibung und die Grammatik im Argen liegen. Auch strukturell sind diese Bücher oft mangelhaft. Es genügt eben nicht, die Rechtschreibprüfung von Word zu aktivieren und das Buch guten Freunden zum Lesen zu geben. Hier sollte man sich bereits einen Profi suchen, der das Buch auf Herz und Nieren untersucht.
Dann geht es weiter mit der Aufbereitung für die Publikation als E-Book und als Printausgabe. Das Buch braucht ein ansprechendes Cover und einen Klappentext, der verkauft. Eine ISBN muss sein und für die Vermarktung sind heute ein eigener Weblog, eventuell eine Präsenz auf Facebook und Twitter unverzichtbar. Mindestens die Lokalpresse muss informiert werden und Marketing-Material wie Flyer, Lesezeichen oder Postkarten sind immer hilfreich. Viele Schritte müssen bedacht, geplant und ausgeführt werden. Das sollte man keinesfalls unterschätzen.
SteadyNews: Wenn ich mein Buch selbst verlege, muss ich ja auch selbst verkaufen. Was gibt es für Möglichkeiten für Autoren, ihre Bücher zu verkaufen?
Birgit Schultz: Das ist immer die Crux beim Selbstverlag, speziell bei gedruckten Exemplaren. Mit dem jüngsten Erfolg der E-Books erleichtert sich so manches. Aber der Reihe nach.
Das Problem bei gedruckten Büchern sind die Strukturen im Buchhandel. Die Margen im Buchverkauf sind vergleichsweise gering und so ist es für viele Buchhändler einfach zu aufwändig, Bücher direkt beim Autor zu bestellen. Sind Bücher nicht über Grossisten bestellbar, sind sie trotz ISBN für viele Buchhandlungen nicht bestellbar.
Das ist auch das große Problem mit sogenannten Druckkostenzuschussverlagen gewesen, die zwar groß damit werben, dass das Buch eine ISBN erhalte, die fertigen Exemplare dann aber dem Autor zur Vermarktung überlassen. Diese liegen dann in der Regel im Keller und verschimmeln dort buchstäblich. Einfacher ist es, ein Buch als BoD-Buch zu veröffentlichen, als Book-on-Demand. Das wird nicht auf Vorrat gedruckt sondern erst in dem Moment, in dem die Bestellung eingeht. Wenig Erfolg und hohe Kosten bei der Kontaktaufnahme wird der Autor haben, der seine Bücher selbst im Buchhandel positionieren versucht.
Natürlich kann jeder Autor heute versuchen, sein Buch über die eigene Website (den eigenen Blog) zu verkaufen – und er sollte es auch tun! Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass ein recht hoher zeitlicher Aufwand getrieben werden muss, um überhaupt erst einmal Besucher auf die eigene Internet-Präsenz zu lenken, die dann auch noch zum Kaufen überzeugt werden müssen.
Ich weiß von einem recht erfolgreichen Autor in Berlin, der sich sehr rege bei Twitter tummelt aber immer wieder klagt, dass ihm dadurch viel Zeit zum Schreiben verloren geht. E-Books sind – weil quasi direkt verfügbar, leichter über das Internet zu vermarkten. Seit es Kindle Direct Publishing von Amazon.de gibt, entwickelt sich der Markt für unbekannte Autoren in diese Richtung. Amazon unterstützt dabei mit kleineren Marketing-Aktionen wie beispielsweise dem kostenlosen Download eines Buches für eine bestimmte Zeit (in Deutschland wegen der Buchpreisbindung noch schwierig, wird aber sicher auch kommen).
Für diese Downloads erhält der Autor zwar auch kein Honorar, aber sein Bekanntheitsgrad wird gesteigert, die Downloadzahlen steigen und mit steigenden Lesern gibt es wiederum mehr Rezensionen. Sind diese positiv, ist das ein wichtiger Schritt zur Vertrauensbildung für neue Leser. Auch „richtige“ Verlage sollen so schon auf Autoren aufmerksam geworden sein. Die Entwicklung kennt man aus der Musikindustrie in Verbindung mit erfolgreichen Musikvideos auf YouTube.
SteadyNews: Wie sieht heute der Markt für eBooks aus? Wie genau ist es in Deutschland im Vergleich zum US-amerikanischen Markt? Was siehst Du für Trends für die nächsten Jahre
Birgit Schultz: Derzeit ist der Markt für E-Books in Deutschland noch sehr sehr klein. Seit Amazon im vergangenen Herbst seinen E-Book-Reader Kindle zum Kampfpreis von 99 EUR angeboten hat und viele andere E-Book-Reader-Hersteller nachziehen, steigen auch hierzulande die Verkaufszahlen.
Doch derzeit steht noch etwas anderes dem flächendeckenden Verkauf von E-Books entgegen: Die namhaften Verlage bieten die Bücher ihrer Autoren nur marginal kostengünstiger an als die gedruckten Ausgaben. Das sieht natürlich kaum ein Käufer ein. Ein Buch, das ich noch nicht einmal richtig „besitze“ (ich erwerbe lediglich einen Lizenz zum Lesen!), das ich nicht weiterverkaufen, verleihen oder verschenken kann soll fast genauso teuer sein wie die gedruckte Ausgabe? Das ist nicht einsehbar. In meinen Augen zurecht.
Doch das interessiert Autoren im Selbstverlag ja überhaupt nicht: Sie machen ihre Preise selbst. Wenn sie meinen, dass sie ihr E-Buch für 3 EUR anbieten möchten, dann können sie das tun, auch, wenn die gedruckte Ausgabe vielleicht 10 EUR kostet. Denn das Gesetz zur Buchpreisbindung besagt lediglich, dass ein Buch in der publizierten Form überall zum gleichen Preis erhältlich sein muss. Das bedeutet, dass ein Buch im Hardcover parallel zur Taschenbuch-Ausgabe teurer verkauft werden darf.
Wenn ich derzeit die Entwicklung auf dem deutschen und dem amerikanischen Buchmarkt vergleiche, so bin ich überzeugt, dass mit zunehmender Verbreitung (günstiger) Lesegeräte, und dazu gehören auch Smartphones und Tablets wie das iPad, sich E-Books immer weiter durchsetzen werden. Hier liegt die Chance für noch unbekannte Autoren, sich einen interessierten Markt zu schaffen.
Es werden jetzt schon Modelle durchdacht, dass Bücher als Apps verkauft werden, möglicherweise sogar im Abo oder als Fortsetzungsromane. Außerdem steigen die Chancen für Autoren von Kurzgeschichten und von Gedichten, Formen, die von den etablierten Verlagen allenfalls für bereits bekannte Autoren interessant sind, die ihnen bei unbekannten Autoren aber immer wirtschaftlich zu riskant sind. Der Buchmarkt wird sich weltweit und somit auch in Deutschland in den kommenden Jahren massiv verändern – nicht unbedingt zum Nachteil der Autoren!
SteadyNews: Was sind die fünf Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Veröffentlichung?
Birgit Schultz:
- Faktor 1: Hochwertiger Inhalt! Ein schlecht geschriebenes, schlecht recherchiertes Buch wird es auch im Selbstverlag nicht schaffen.
- Faktor 2: Ein gutes Lektorat. Rechtschreib- und Grammatikfehler kommen nicht gut an. Auch inhaltlich muss das Buch gut strukturiert sein.
- Faktor 3: Sichtbarkeit in den Medien, sowohl in den klassischen Medien (Tageszeitung, Magazine, Hörfunk, TV) wie in den neuen Medien (Internet, Social Media).
- Faktor 4: Viel viel Eigeninitiative, das eigene Buch immer wieder an den richtigen Stellen zu bewerben.
- Faktor 5: Ein gut gemachtes Cover ist immer noch ein wichtiger Türöffner für viele Leser.
Faktor 1 kann ich natürlich nicht beeinflussen. Doch bei den anderen vier Faktoren und darüber hinaus kann ich Autoren auf dem Weg zum eigenen Buch unterstützen. Ich kann beispielsweise einen Lektor vermitteln, bei der Aufbereitung des Textes für die Publikation unterstützen, selbstredend beim Marketing und bei der Pressearbeit helfen, Wege zum Selbstmarketing aufzeigen und auch Illustratoren oder Fotografen für die Gestaltung des Covers hinzuziehen. Derzeit arbeite ich noch an der Entwicklung eines Rundum-glücklich-Dienstleistungspakets – bei Interesse können angehende Autoren aber auch gern jetzt schon Kontakt zu mir aufnehmen.
Birgit Schultz ist Jahrgang 1966, seit 1993 im Marketing tätig und seit 2003 selbstständig als freiberufliche Marketing-Beraterin. Mit ihrer Dienstleistung wendet sie sich an kleine und mittelständische Unternehmen ohne eigene Marketing-Abteilung, schwerpunktmäßig im Ruhrgebiet. Bisher hat sie drei Regional- und Heimatbücher (Oberhausen, Höxter und Wuppertal) geschrieben und im Limosa-Verlag als Hardcover-Ausgaben veröffentlicht. Ihr viertes Buch Internet Marketing – ganz praktisch ist Anfang 2012 als E-Book bei Bookboon erschienen. Derzeit arbeitet sie an einem historischen Roman und an einem Marketing-Buch. Bücher von Birgit Schultz
Kontakt:
Rat & Tat Marketing
Birgit Schultz
[email protected]
Blog: logbuch.rat-und-tat-marketing.de
Telefon: 02305 / 973 299
Twitter: @rutm
Facebook: www.facebook.com/Rat.und.Tat.Marketing
Alternativ kann man sich auch an Verlage wie http://www.frieling.de/ o. ä. wenden und dort sein Buch veröffentlichen lassen.
@Christina: Unbekannten und hoffnungsvollen Jungautoren einen Druckkostenzuschussverlag zu empfehlen, würde ich nicht gerade als wohlmeinenden Rat bezeichnen …
Da kann ich mich dem Kommentar von Hope nur anschließen. Es geht bei meiner Dienstleistung um Marketing-Unterstützung für diejenigen, die ihre Bücher selbst verlegen wollen, sei es als E-Book oder als Printausgabe. Besonders für letzteres gibt es mit BoD wesentlich günstigere Publikationsmöglichkeiten als Druckkostenzuschussverlage.
Zum Glück gibt es immer mehr Self-Publishing Plattformen, die es Jungautoren leicht machen
Das finde ich auch – da müssen noch einige „alte Zöpfe“ abgeschnitten werden im Verlagssystem