Kann man als Eltern überhaupt verhindern, dass das eigene Kind schon mit 12, 13 Jahren im Web auf pornografische Inhalte stößt? Wahrscheinlich nicht, denn Filtersoftware und persönliche Kontrolle mag im Grundschulalter und am heimischen PC noch funktionieren – doch sobald die Kinder ein Smartphone besitzen und dieses auch für Recherche im Internet nutzen, wird es fast unmöglich. Bei Netflix gibt es eine Dokumentation in der Reihe „Dark Net„, die zeigt, wie einige junge Männer in den Sog der Pornos geraten und dadurch schwerwiegende psychische Probleme bekommen.
Wie wirkt Pornografie auf junge Menschen?
Natürlich haben auch früher Sex und Pornos starke Anziehungskraft gehabt, wenn Kinder in die Pubertät kommen. Wie alle erinnern uns wohl an unseren ersten Kontakt mit Heften, Bildern, Filmen und Texten – die einen erinnern sich an Begehren und Faszination, die anderen an Belustigung oder Abscheu. Für viele war die BRAVO die einzige Quelle für erotische Phantasien, denn für professionelle Lektüre braucht man schon Kontakte und Wege…
Heute ist es fast unumgänglich, dem Thema Pornografie komplett auszuweichen. In der Netflix-Dokumentation (Folge 6, auf deutsch verfügbar) beschreibt ein Jugendlicher, der süchtig nach Pornos ist und seit Jahren täglich zig mal darauf masturbiert, wie er den ersten Kontakt hatte, weil er den Begriff „Dick“ aus einem ganz anderen Zusammenhang googlete – und im zarten Alter von 12 (?) Jahren auf unfassbare Inhalte stieß.
Das ließ ihn nicht mehr los und steigerte sich immer mehr, bis er komplett der Sucht verfiel und seitdem immer auf der Suche ist nach noch extremeren Videos. Er sehnt sich nach einer menschlichen Freundin – weiß aber wie die anderen Jungen aus seiner Selbsthilfegruppe, dass die Pornosucht das fast gänzlich verhindert.
Was können Eltern tun?
Vielleicht lachen jetzt einige Leser – doch ich schätze, Eltern lachen da nicht. Es muss nicht auf eine schlechte Kindheit oder Vernachlässigung zurückzuführen sein, wenn Jungens (ja, es sind nun mal vor allem Jungens) das breite Angebot von kostenlos verfügbaren Pornoinhalten verführerisch finden und ihm erliegen. Und wie sollen Eltern so etwas verhindern? Es verbieten? Vor den Konsequenzen warnen? So lange wie möglich das Smartphone verweigern? Extreme Filtersoftware in das Handy einprogrammieren, die das Kind nicht umgehen kann? Das Smartphone mit Überwachungssoftware ausstatten?
Natürlich betrifft das Thema auch Mädchen und verändert sicher auch bei ihnen die Einstellungen zu Sexualität. Vielleicht führt es dazu, dass Sex stärker als früher von Verliebtsein getrennt wird. Vielleicht steigt durch die erregenden Erlebnisse mit Videos und Bildern die Lust auf Abenteuer? Oder macht es Angst, wenn eine 12-Jährige unverblümt konsumiert, was Aufklärung theoretisch erklärte?
Ist vielleicht der barrierefreie Zugang zu Pornografie gut für Jugendliche, weil so sie so ein unverkrampftes Verhältnis zu Sexualität bekommen und weil Tabus fallen? Eins ist klar: Jedes Gespräch der Eltern mit ihren Kindern darüber greift extrem in die Intimität des Kindes ein und ist eine sensible Herausforderung. Ob Schule im Sexualkundeunterricht präventiv Hilfestellung leisten kann?
Zumindest ist verständlich, dass sich drei Viertel aller Eltern Sorgen machen um ihre Kinder und deren Erfahrungen im Web. Die Internet-Risiken sind beträchtlich – vom Cybermobbing bis zu Datenklau. Doch dass der Kontakt mit verstörenden Inhalten und speziell mit Pornografie so folgenreich sein kann – das habe ich persönlich erst durch die 30-minütige Dokumentation bei Netflix begriffen.
News4teachers vom 5. November 2017: Studie zum frühen Kontakt von Jugendlichen mit Pornografie
Vielleicht populistisch, reißerisch – doch meiner Meinung nach sehenswert: Die Dokumenationsserie Dark Net bei Netflix