Das Auto steht in der Garage, die hübsche junge Frau liegt im Bett, der Karrieresprung ist vollzogen… was nun? Macht die Erreichung von Zielen glücklich? Oder verwandeln wir uns in verwöhnte Kinder, wenn wir einem Ziel nach dem anderen hinterher jagen und uns ständig fragen müssen „Was will ich als Nächstes?“. Was für die Organisation eines Unternehmens sinnvoll ist, kann im menschlichen Leben zur Verzweiflung führen. Der Hirnforscher Prof. Dr. Gerald Hüther hat da eine ganz andere Idee: Verfolgt keine Ziele mehr – verfolgt Eure Anliegen!“
Seit 2004 bin ich selbstständig. Seitdem sind meine private Persönlichkeit und meine unternehmerische Persönlichkeit miteinander verschmolzen. Ich habe gelernt, alles in meinem Leben auf einen Prüfstand der Effizienz zu stellen.
Das ist zugleich ein Segen und ein Fluch. Auf der einen Seite bedeutet diese Selbst-Reflexion, dass ich viele Dinge mit Bewusstheit durchdringe, die ich vorher eher „instinktiv konditioniert“ tat – doch auf der anderen Seite bedeutet es, dass ich viel Spontanes dem Kaufmännischem geopfert habe.
14 Jahre sind eine lange Zeit
14 Jahre sind eine lange Zeit, und auch in der Selbstständigkeit gibt es Entwicklungen. Zunächst war ich voller sinngetriebener Leidenschaft bei der Gründung einer eingetragenen Genossenschaft für Existenzgründer. „Geld kommt schon“ war damals meine Maxime.
Nach vier Jahren Geschäftsführung stellte ich enttäuscht fest, dass dieser Glaube an die Himmelsernährung nicht aufging. Ich musste lernen, mehr Skrupellosigkeit in mein Handeln zu bringen. „Du bekommst was Du gibst“ wurde zur neuen Losung. Ich wurde von der Visionärin zur Kauffrau. Das rettete mir meine finanzielle Existenz.
Als ich dann das nächste Unternehmen gründete (eine Akademie für Gründer, Unternehmen und Freiberufler zum digitalen Marketing) war ich zwar weiterhin sinngetrieben (ohne Sinn geht bei mir gar nichts) doch ich wollte etwas Fundamentales aufbauen, was mir mein Alter absicherte. Nach drei Jahren Geschäftsführung stellte ich enttäuscht fest, dass auch das nicht funktionierte. In dem Moment, in dem mir mein „Sinn“ verloren ging, verlor ich meine Talente für die Führung des Unternehmens. Ich ging.
Seit Sommer 2014 lebe ich hauptsächlich von Honoraraufträgen und bin zurzeit sehr glücklich damit. Da das unternehmerische Risiko bei meinen Auftraggebern liegt, kann ich mich ganz auf meine Aufgaben konzentrieren. Ich bin befreit vom Feilschen und von politischen Manövern. Alles was ich tun muss ist, ständig dazuzulernen und immer besser zu werden. Entscheidend ist, meine mir Anvertrauten bestmöglich zu bereichern in ihrem Wissensdurst und Changeverlangen. Was für ein Luxus!
Und da hörte ich bei meiner letzten Unterrichtsvorbereitung (Lernstrategien) einen Vortrag von Prof. Dr. Gerald Hüther, der mich sehr berührt hat:
- Ziele verfolgen hat den Nachteil, dass Ziele erreichbar sind. Sobald ein Ziel erreicht ist, muss ein neues Ziel her, um das Ziel-Loch zu überwinden. Das formt den Konsumenten und Kaufmann in uns, der ständig nach „mehr“ schreit.
- Wenn wir stattdessen gemeinsame Anliegen verfolgen, vereinen wir unsere Sehnsucht nach Zusammenhalt und Freiheit. Anliegen tragen in sich, dass sie nicht erreicht werden können. Sie stellen einen „Grund“ dar anstatt eine „Belohnung“.
- Dieser zugrundeliegende Sinn, der auf Werten und Visionen beruht, kann durch schlimmste Krisen tragen und kann zu einem erfüllten Leben führen, auch wenn wir mit unseren konkreten Projekten immer und immer wieder scheitern.
Was für ein herrliches Wort: ANLIEGEN! Was ist meine Utopie für uns Menschen, für unseren Planeten? Was wünsche ich mir für meine Familie, meine Gemeinde, meinen Betrieb, meine Schule?
Also einfach mal darüber nachdenken: Wollen wir wirklich Zielen hinterherjagen, die uns Geld, Status, Konsum, Kicks und Belohnung bringen? Oder wollen wir für uns allein und in der Gemeinschaft Anliegen verfolgen, weil wir von etwas Wunderschönem träumen, was wir für machbar halten und was aus unserem Inneren kommt.
In diesem Podcast erklärt Gerald Hüther, was er mit seiner Arbeit erreichen will – und was dabei sein Anliegen ist. Kann man am Desktop hören oder auf dem Smartphone mit Kopfhörern beim Putzen, Spazieren gehen – oder auf dem Weg zur Arbeit – 36 Minuten die sich lohnen. meine Empfehlung!
Podcast vom Zukunftsinstitut: Gerald Hüther erklärt, warum wir uns keine Ziele setzen sollten