Warum schenken Menschen negativen Nachrichten so viel Aufmerksamkeit?

Unser Gehirn ist darauf ausgerichtet, Gefahr zu wittern und sich vor Bedrohungen rechtzeitig zu schützen. Das ist sehr wertvoll, um konkrete Gefahren abzuwenden. In den Medien wird gern auf das angebliche „Steinzeitgehirn“ verwiesen, das sich anscheinend auch im digitalen Zeitalter noch vor dem sagenumwobenen Säbelzahntiger schützen will. So als lebten wir heute in einer gefahrenfreien Wirklichkeit. Aber ist das so? Ist mit dem ausgestorbenen Säbelzahntiger unsere Fixierung auf negative Nachrichten lächerlich und primitiv?

Bild von Lutz Peter auf Pixabay

Auch heute gibt es konkrete Gefahren, vor denen uns Nachbarn, Verwandte, Polizei und andere Institutionen warnen und warnen sollten: Flutkatastrophen, organisierte Einbruchsserien, rachsüchtige Ex-Partner, steigende Preise…

Der Unterschied zum analogen Zeitalter besteht darin, dass Medien uns mit negativen Schlagzeilen überschütten, weil diese häufiger angeklickt werden! Unser gesundes Bedürfnis, uns und unsere Liebsten vor Schaden zu bewahren, wird für Klicks und Profit ausgenutzt. Das hat schlimme Konsequenzen für Gesellschaft und Individuen.

Negative Schlagzeilen bringen Klicks

Vor wenigen Tagen war ich auf einem Schützenfest und war sehr beeindruckt von den Aufmärschen der uniformierten Männer, die in Schützenvereinen organisiert sind. Ich erfuhr, dass im Mittelalter auf dem Land viele dieser wehrhaften Vereine entstanden, um die Heimat vor Angriffen zu schützen. Im Dreißigjährigen Krieg zum Beispiel wurde Dorf um Dorf aufgrund von Angriffen über Jahrzehnte hinweg immer wieder mit Waffen verteidigt – was hätte man auch sonst tun sollen?

Im analogen Zeitalter haben die Menschen genauso aufmerksam negative Schlagzeilen in der Tageszeitung und den Nachrichtensendungen verfolgt wie heute. Es gab nur nicht so viele! „Blaulicht“-Nachrichten im Lokalteil waren nicht nur deshalb beliebt, weil unser Gehirn auf „Säbelzahntiger“ wartet, sondern weil es normal ist, wissen zu wollen, ob man aufpassen muss – zum Beispiel, weil ein Tierhasser vergiftete Köder ausgelegt hat. Eine gesunde Gesellschaft passt aufeinander auf, hilft bei der Reparatur von Naturschäden, nimmt die Nachbarskinder mit zur Schule, wenn die Eltern in Not sind, passt auf und sorgt dafür, dass alle in Frieden und Sicherheit leben können. In ländlichen Gebieten funktioniert diese Gemeinschaft häufig noch. Man passt aufeinander auf.

Klick, Klick, Klick…

Durch die Digitalisierung haben die Medien einen Wettstreit begonnen darin, wer die meisten Aufrufe im Web erhält. Seitdem zählen Klicks, Klicks, Klicks. Ein negatives Wort im Titel eines Artikels steigert nachweislich die Klickzahlen um 2,3 Prozent. Es ist genau erforscht, welche negativen Wörter besonders erschrecken – also zum Anklicken verleiten: wrong, bad, awful (falsch, schlecht, furchtbar) zwingen regelrecht, weiterlesen zu wollen oder das Video zu schauen.
Science vom ORF: Negative Nachrichten erhöhen den Konsum von Online-News

Die Konsequenzen sind dramatisch für unsere Gesellschaften und für Individuen: Vor allem seit der Corona-Krise steigen die Angsterkrankungen – sogar bei Kindern! Spaltungen haben Familien und Freundschaften zerstört, seit die Katastrophenmedien sich im Geschäft mit der Angst gefallen. Viele Menschen sagen in Studien, sie würden nicht mehr aussprechen, was sie denken.

Bei Facebook und YouTube sind die Kommentarspalten voller Bitterkeit, wenn es um gesellschaftliche Fragen geht. Die Flut der negativen Nachrichten führt zu Misstrauen, Isolation und Resignation. In sechs Jahren können wir nichts mehr gegen die Klimaerwärmung tun? OK, dann lassen wir es doch gleich. Hat doch sowieso alles keinen Zweck.

KI nimmt uns die Arbeit weg? Warum sollen wir Jungen noch versuchen, ein besseres Leben als unsere Eltern aufzubauen und ihnen im Alter zurückgeben, was sie für uns getan haben! Schaffen wir doch sowieso nicht.

Einfach keine Nachrichten mehr konsumieren?

Immer mehr Menschen sagen, dass sie Nachrichten umschiffen. Politik, Wirtschaft, Krieg und Migration, Bildung und Schule… Unser Instinkt sagt uns (auch mir persönlich), meide die klicksüchtigen Medien.

Das führt dazu, dass unsere Demokratie ausgehöhlt wird. Wenn wir uns nicht mehr positiv und verantwortungsbewusst über die politischen Geschehnisse informieren, sondern uns nur noch vor den ständigen Impfungen mit Negativität schützen, werden wir handlungsunfähige Untertanen. Wir entfernen uns nicht nur mehr und mehr von unseren Bürgerrechten, sondern auch mehr und mehr von unseren Nachbarn.

Es ist, wie es ist. Vielleicht wird sich die Profitgier der Medienindustrie selbst zerstören, weil sie ihr Klientel durch diese Überfütterung verliert. Doch zu behaupten, das läge daran, dass unsere Gehirne noch in der Steinzeit verweilen, empfinde ich als ungehörig. Vor allem im Angesicht des Wissens, dass immer mehr Menschen seelisch in tiefe Not geraten bei diesem Negativ-Exzess. Gebt doch einfach zu, dass Ihr Profit wollt durch Aufmerksamkeit, das wäre ehrlicher und respektvoller.

FAZ: Warum uns schlechte Nachrichten anziehen

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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