Enterprise 2.0 ist ein Zusammenschluss von Enterprise Content Management (Technologien zur Erfassung, Verwaltung, Speicherung, Bewahrung und Bereitstellung von Content und Dokumenten zur Unterstützung organisatorischer Prozesse) und dem viel gerühmten Web 2.0 – dem interaktiven „Mitmachnetz“. Das bedeutet, dass Unternehmen nicht nur über internetbasierte Prozesse ihre Organisation verwalten – sondern dass die Mitarbeiter aktiv mitgestalten und bearbeiten: in Wikis, Foren, Blogs und internen Sozialen Netzwerken.
Sollte die Kommunikations-Revolution tatsächlich auch innerhalb von Unternehmen funktionieren? Ist es denkbar, dass Führungskräfte bereit sind, ihre Kontrolle so weit abzugeben, dass sie die Firmendaten und -politik weitgehend offenlegen und zur Diskussion stellen?
Der mittelständische IT-Dienstleister Synaxon wagte den ganz großen Wandel. Laut Wirtschaftswoche stellte er 99 Prozent aller Unternehmensdokumente (rund 45.000 Dateien) in das interne Wiki. Jeder Mitarbeiter kann diese Dokumente einsehen und ohne Absegnung von oben verändern. Die Mitarbeiter können Inhalte editieren oder neue ergänzen. In der Zwischenzeit erzeugen die 130 Synaxon-Mitarbeiter täglich zwischen 3.500 und 5.000 Seitenabrufe im Intranet.
Für den Chef war dies zunächst ein schwieriger Schritt. Er berichtet, dass ein Mitarbeiter einfach einen kompletten Absatz im „Unternehmensleitbild“ gelöscht hatte. Gerade die Passage über Disziplin, Fleiß und Demut – vom Chef selbst verfasst – war einfach gestrichen worden. „Ich wusste im ersten Moment überhaupt nicht, wie ich reagieren soll. Letztendlich unternahm ich aber nichts. Das war, als ob jemand die Handbremse gelöst hätte. Seitdem sind das Engagement und die Veränderungen in den Wikis exponentiel angestiegen“
Selbstverständlich kann so eine extreme Unternehmenstransparenz auch gefährlich sein. Bestimmte Inhalte dürfen aus rechtlichen Gründen nicht den Mitarbeitern offen gelegt werden – doch Synaxon erklärt in einem solchen Fall die Ursachen und erlebt Verständnis für die Zurückhaltung mancher Dokumente.
Etwa 20 Prozent aller Unternehmen in Europa und den USA nutzen schon Enterprise 2.0-Instrumente. Am häufigsten werden Foren und Blogs eingesetzt, gefolgt von Wikis und sozialen Netzwerken. Nur sehr wenige Unternehmen haben diesen Schritt bereut. Entweder, die Firmenphilosophie ließ eine rege Beteiligung der Mitarbeiter zu – oder es passierte nichts Besonderes.
Doch da, wo die Angestellten sich frei fühlen, miteinander konstruktiv und offen zu arbeiten, bringen gerade Wikis enorme Vorteile. Die Telekom hat schon über 750 Projekt-Wikis auf den Weg gebracht. Es gibt außerdem 200 interne Blogs, die von Mitarbeitern geschrieben werden. Auszubildende, Fach- und Führungskräfte, sogar der Vorstand schreibt mit. Die Telekom schätzt, dass in den nächsten fünf Jahren bis zu 40 Prozent des E-Mail-Verkehrs durch das Intranet ersetzt werden – dadurch wird der Informationsfluss leichter und effektiver.
Um Enterprise 2.0 in einem Unternehmen einzuführen, müssen die Führungskräfte bereit sein, ihr internes Herrschaftswissen loszulassen. Enterprise 2.0 kann nur funktionieren, wenn die Mitarbeiter selbstbewusst und großzügig ihr Wissen teilen können, ohne dadurch Nachteile zu befürchten. Das Miteinander im Betrieb muss stärker ausgeprägt sein als das Konkurrenz-Denken.
Die Vorteile liegen klar auf der Hand: der Informationsfluss steigt, die Projektarbeit wird effektiver, der Verlust durch scheidende Mitarbeiter bleibt geringer, die Transparenz führt zur stärkeren Identifikation mit dem Unternehmen. Ob der Zeitaufwand sich in Zahlen bemessen lässt, ist sicher schwer abzuschätzen – doch geschrieben wird sowieso – nur die Freigabe ändert sich – und die internen Glossars, Strukturen und Suchmaschinen müssen natürlich top funktionieren…
Quelle: Wirtschaftswoche
Quelle: Karrierebibel