Wir leben in einem digitalen Zeitenwandel, und weiterhin fällt es vielen Erwachsenen schwer, sich darauf einzustellen. Angela Merkel erntete im Jahr 2013 Hohn und Spott für ihren Spruch „Das Internet ist für uns alle Neuland“ – doch so langsam wird sogar dem letzten Nerd klar, wie sehr diese Aussage auch heute noch stimmt. Das digitale Zeitalter fordert uns eine Menge ab, und mit den vielen Veränderungen ist stets eins verbunden: Wir müssen lernen, lernen, lernen. Softwareentwickler müssen ganz neu denken und handeln dank KI, Verwaltungsangestellte erhalten ständig neue Weisungen in Bezug auf neue Programm-Anforderungen, und selbst in der Industrie ist kaum noch jemand geschützt vor digitalen Vorgaben und webbasierten Aufgaben. Lehrer sind ganz neu gefordert, da unsere Kinder nicht mehr vordringlich Wissen abspeichern sollen – sondern sich mit Eigenmotivation ihr Leben lang selbstständig neue Informationen und Analysen aneignen müssen. Doch wie sieht dieses „Lernen im Neuland“ aus? Was müssen Kinder begreifen – und wie müssen wir Erwachsene umdenken, damit wir beruflich bis zum Ruhestand gefragt bleiben? Im Folgenden werden zwei Bereiche aus dem webbasierten Lernen vorgestellt: Erklärvideos und Lern-Apps.
Webbasiertes Lernen mit Video und Gamification
Eins wird kaum jemand bestreiten: Kinder lernen anders als Erwachsene. Kinder brauchen gute Gefühle, Erwachsene brauchen Ziele. Man sagt, für Kinder ist Lernen eine Entdeckungsreise. Kleine Kinder treibt die Neugier an, sie sind hochmotiviert, alles Mögliche an Begreifen, Können und Wissen in Besitz zu nehmen. Erst durch die Schule und die dort geforderte strukturierte Form des Lernens verliert das Lernen an spielerischer, freiwilliger, selbstwirksamer Qualität. Doch noch lange glüht der Funken des „Alleine!“ im kindlichen Menschen nach.
Erwachsene hingegen setzen sich Ziele und lernen strategisch, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Sie legen sich häufig einen zeitlichen Plan zurecht und suchen nach geeigneten Methoden, den Plan erfolgreich umzusetzen. Dann starten sie mit dem Lernen und überprüfen immer wieder, ob sie die gesteckten Lernziele erreicht haben.
Kinder lernen viel über die Beziehungsebene. Kinder brauchen es, von Autoritäten angenommen zu werden. Sie sehnen sich nach liebevoller Begleitung und sie lieben emotionale Anreize und begeisternde Bestätigung. Wie heißt es so schön „Ein glücklicher Schüler ist ein guter Schüler“. Doch trotz alledem lernen Schüler/Innen besonders gut und häufig über YouTube-Videos – warum?
Erklärvideos
In unserer Zeit lernen auch in Deutschland rund die Hälfte der Schüler/Innen mit YouTube. YouTube-Kanäle wie „Lehrerschmidt“, der vor zehn Jahren von dem Schulleiter und Mathematiklehrer Kai Schmidt aus Niedersachsen gegründet wurde, sind Stars unter den Schülern. LehrerSchmidt hat heute über zwei Millionen Abonnenten bei YouTube – und das zu Recht. Die Videos sind emotional ansprechend im angemessenen Tempo gestaltet, visuell ansprechend und auf das Wesentliche reduziert. Von der Grundschule bis zur 10. Klasse lernen Kinder Rechnen und Mathematik mit LehrerSchmidt und seinen Erklärvideos. Lohnt sich, da mal reinzuschauen, um die Didaktik und Methodik zu beobachten und zu verstehen.
Auch Erwachsene können hervorragend durch ein Erklärvideo komplexe Informationen lernen – gar nicht so weit entfernt von LehrerSchmidt. Wichtig ist auch für Erwachsene, die zum Beispiel beruflich ein neues Dokumentationssystem lernen müssen: Das Tempo muss stimmen, das Storytelling muss stimmen, die emotionale Ansprache und die Konzentration auf das Wesentliche müssen stimmen.
Erklärvideos haben gegenüber Schulungen den enormen Vorteil, dass man Sequenzen wiederholen kann, das Video für Notizen immer mal wieder stoppen kann, und dass man bei Bedarf kurze Wiederholungssequenzen aufrufen kann, die bei Bedarf angeklickt oder übersprungen werden. Passende Prüfungsfragen werden ergänzend zu den Erklärvideos hinzugeliefert – und so kann sich jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin im eigenen Tempo die neuen Kompetenzen aneignen.
Büroangestellte, die bisher Schwierigkeiten damit haben, ChatGPT in ihrem Arbeitsalltag einzusetzen, sollten sich vielleicht einmal auf die Suche nach geeigneten Erklärvideos zu KI-Sprachassistenten begeben, deren souveräne Nutzung für Routinekommunikationen weltweit immer häufiger von Arbeitgebern erwartet werden. 70 Prozent der Erwerbstätigen nutzen bereits generative KI für Schreib- und Textbearbeitungsaufgaben im Beruf – oft genug sogar ohne Wissen des Arbeitgebers. Das ist jedoch heikel und nicht zu empfehlen. Bei der beruflichen Nutzung von KI-Tools ist so einiges rechtlich zu beachten – vor allem im Bereich Datenschutz.
Die rechtlichen Vorgaben sind ebenfalls ein Grund, nach Erklärvideos bei YouTube zu suchen, die den Einsatz von ChatGPT aus beruflicher Perspektive betrachten und erläutern. Da es unzählige solcher Videos gibt, ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Videokanäle hoch frequentiert sind, vom Stil her dem eigenen Bedürfnis nahekommen, und dass die Kanalinformationen und Zuschauer-Kommentare weiteres Vertrauen in Bezug auf Seriosität und Kompetenz des Kanals geben.
Lern-Apps
Nicht nur YouTube-Videos, auch Lern-Apps unterstützen das visuelle und auditive Lernen mit Einsatz von Gamification-Elementen. Hier steht das Smartphone im Fokus des Lernens. Weiterbildungs-Apps für Erwachsene erobern mehr und mehr den Markt.
Waren es zunächst vor allem Fremdsprachen-Lern-Apps, die dem Lernenden einen echten Mehrwert boten im Vergleich zu Büchern, DVD‘s und CD‘s, gibt es heute bei den Lern-Apps eine breite Palette für unzählige Weiterbildungskurse.
Von der Autoreparatur über das Adobe-Training bis zur Vorbereitung auf die Prüfung zum Industriemeister, es gibt kaum noch etwas, was es nicht gibt für Menschen, die gern mobil und abwechslungsreich mit dem Smartphone lernen. „Wer suchet, der findet“ ist die Devise. Einfach bei Google „Lern-App“ eingeben mit dem Wissensgebiet, dass Sie für sich in Besitz nehmen wollen. Wichtig ist, wie auch bei Lern-YouTube-Kanälen, Rezensionen und Lern-Erfahrungen von Nutzern und Fachleuten zu studieren und zunächst einen Testzeitraum nutzen, bevor man sich für den Kauf entscheidet.
Lern-Apps bieten sehr viele Vorteile: Zum einen ist man räumlich und zeitlich flexibel, zum anderen sind die Lehrmethoden meist vielseitig. In einigen Lern-Apps gibt es sogar soziale Kontakte zu anderen Lernenden über virtuelle Klassenzimmer, Wissenswettbewerbe und Gruppenarbeiten.
Auch Google bietet mit der App learndigital eine eigene Zukunftswerkstatt an. Mit der kostenlosen App können Interessierte Online-Grundkenntnisse erwerben und sich nach und nach immer mehr Know-how in Bereichen rund um das digitale Business aneignen.
Die learndigital App von Google wendet sich vor allem am Selbstständige und kleine Unternehmen, die im Web erfolgreich sein wollen über Suchmaschinenoptimierung, Social Media und eventuell auch einem eigenen Online-Shop. Doch auch beruflich Engagierte können von der Zukunftswerkstatt profitieren, indem sie ihre Online-Kenntnisse erweitern, professionelle Lebensläufe erstellen und gemeinsam mit der App neue Bewerbungsstrategien für sich entwickeln.
Fazit
Lebenslanges Lernen ist in der heutigen Zeit unumgänglich. Leider stellen Unternehmen viel zu selten Zeit und Ressourcen für diese wichtigen Lernprozesse zur Verfügung. Ob man sich dafür entscheidet, in seiner Freizeit selbst digitale Weiterbildungen auszuwählen und sich zu schulen, ist keine leichte Entscheidung. Die Möglichkeiten sind zumindest da. Man muss sie nur finden…