Die Handelsplattform Amazon wird zunehmend von chinesischen Produkten und Händlern bestimmt. Diese sind darauf angewiesen, dass ihre Produkte möglichst viele positive Rezensionen vorweisen können. Nicht nur darum hat sich der Markt von gekauften Rezensionen weiter professionalisieren können und müssen. Auch wir Kunden sind dafür verantwortlich, weil wir häufig Kaufentscheidungen danach treffen, wie viele Rezensionen es bei einem Produkt gibt. Nun hat es für einige Tage eine offen zugängliche Datenbank gegeben welche die Identitäten von ca 200.000 kommerziellen Produktbewertern aufdeckt – und die zeigt, wie das System funktioniert. (t3n vom 9. Mai 2021: Datenbank-Leak)
Wie das System funktioniert
Organisiert sind die vielen Crowd-Worker häufig über WhatsApp oder Telegram. Händler bieten Produkte an, die sie gegen einen 5-Sterne-Bewertung kostenlos an die Rezensions-Verfasser abgeben. Um einen verifizierten Kauf zu gewährleisten, erwerben die gekauften Bewerter zunächst das Produkt ordnungsgemäß bei Amazon – widerrufen den Kauf jedoch später. Der Händler, so er mit der geschriebenen und veröffentlichten Bewertung zufrieden ist, verzichtet auf die Rücksendung. Eventuell erhält der Rezensionsverfasser zusätzlich zum kostenfreien Produkt noch eine Aufwandsentschädigung über PayPal. Die Datenbank mit den vielen Informationen, die von Sicherheitsforschern entdeckt wurde, stammt wahrscheinlich von einem Server in China.
Warum unternimmt Amazon nichts gegen diesen Review-Betrug?
Nicht nur Amazon, auch Google, Facebook, Spotify und alle anderen Anbieter, die auf möglichst hohe Nutzer- und Interaktionszahlen angewiesen sind, um ihre Marktposition und ihren Profit zu sichern, stecken in der Klemme. Auf der einen Seite haben sie Interesse an möglichst viel Bewegung, an Likes, Plays, Comments, Reviews… schließlich leben sie davon, Werbung bzw. Produkte zu verkaufen – auf der anderen Seite fürchten sie, bei den Nutzern an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Ob YouTube, Twitter oder Instagram – überall werden über Vermittlungsagenturen massenweise Fake-Aktivitäten ver- und gekauft. Und leider sind diese verbrauchertäuschenden Handelspartnerschaften zumindest in Deutschland nicht illegal. Wahrscheinlich woanders auch nicht. Anscheinend trauen sich die Juristen nicht an dieses Thema, das ja eigentlich mit dem UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) nicht vereinbar ist.
Was bleibt?
Nun, den Einen bleibt, sich selbst als Produkt-Bewerter anheuern zu lassen, indem sie sich bei Google ein bisschen umschauen und sich einer oder mehrerer Gruppen anschließen – uns Anderen bleibt, nichts und niemandem zu trauen, da wir wissen, dass nicht nur Menschen – sondern auch Bots überall Fakes verbreiten. Gab es ständig Insektenplagen früher – sind es heute die Plagen der Internet-Profiteure, die bereit sind eine Menge dafür zu tun, dass wir kaufen, buchen, wählen…