Bürgergeld: Lohnt es sich jetzt noch, arbeiten zu gehen?

Seit Januar 2024 erhalten alleinstehende Bürgergeldempfänger 563 Euro monatlich – zusätzlich zu den Miet- und Heizkosten. Es ist verständlich, dass sich viele Menschen fragen, ob es sich unter diesen Umständen überhaupt noch lohnt, arbeiten zu gehen. Zumindest im Mindestlohnbereich sind die finanziellen Abgrenzungen zu Single-Bürgergeldempfängern nicht hoch. Bei 12,41 Euro Mindestlohn pro Stunde (brutto) ergibt sich laut Handelsblatt folgender Nettoverdienst: „Ein Rechenbeispiel: Einem Single in NRW mit der Steuerklasse I bleiben bei einer fünf Tage-Woche mit 40 Stunden auf Mindestlohnbasis im Monat aktuell etwa 1.375 Euro netto.“.
Handelsblatt: Wie sich der Mindestlohn in Deutschland entwickelt

Wohnkosten

Bild von Roland Steinmann auf Pixabay

Hinzu kommen bei Bürgergeldbezug die Wohnkosten: Für Alleinstehende in Dortmund darf die Bruttokaltmiete (einschließlich Nebenkosten) maximal 380,00 Euro betragen – Heizkosten werden zusätzlich vom Jobcenter gezahlt. In Düsseldorf liegt die Mietobergrenze bei 528 € – zuzüglich der angemessenen Heizkosten.

Für Geringverdiener ohne Anspruch auf ergänzendes Bürgergeld gibt es Wohngeld. Dieses wurde zum 1. Januar 2023 stark angehoben, in der Hoffnung, dass man auf diese Weise viele Menschen vor ergänzendem Bürgergeldbezug bewahren kann. Für anspruchsberechtigte Singles liegt der mögliche Wohngeld-Höchstsatz zwischen 366,20 Euro und 610,20 Euro. Zusätzlich zum Wohngeld gibt es seit dem 1. Januar 2023 eine „Entlastung bei den Heizkosten“. Wohngeldanspruch haben Alleinstehende, wenn ihr Einkommen nicht mehr als 1.516 Euro monatlich beträgt.
Ausführliche Informationen zum Wohngeld hier.

Bürgergeldempfänger können kein Wohngeld beantragen, da die Wohnkosten vom Jobcenter übernommen werden. Wohngeldberechtigte müssen anfangs mit mehreren Monaten Wartezeit rechnen, da die Verwaltungen mit der Flut von Anträgen überfordert sind. Seit Anfang 2023 haben sich die Wohngeldanträge verdoppelt bis verdreifacht.

Wie die WirtschaftsWoche am 17. Januar 2024 schreibt, lohnt sich Arbeit aufgrund der alternativen Sozialleistungen für Geringverdiener weiterhin. Die Tabelle in dem Artikel zeigt, dass gerade aufgrund der Sozialleistungen für Beschäftigte (Wohngeld, Kinderzuschlag, Sozialleistungen für Pflegebedürftige…) der Lohnabstand zwischen Bürgergeld und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Mindestlohn motivierend genug sein sollte, um arbeiten zu gehen.

Wichtig ist in erster Linie, dass sich der Arbeitnehmer (oder auch Selbstständige) mit seiner Arbeit identifiziert. So wie man sagt, dass „die Wahrheit das Erste ist, was im Krieg stirbt“ ist es auch das Selbstwertgefühl, das als Erstes stirbt, wenn Menschen arbeitslos und im Bürgergeldbezug sind. Es ist eben anders, wenn reiche Eltern ihre erwachsenen Kinder alimentieren, als wenn der Staat es tut.

In unseren Wohlfahrtsgesellschaften spricht man zu Recht von „Armutsgefährdung“, wenn ein Mensch von der Öffentlichen Hand alimentiert wird, weil er allein nicht existieren kann. Er wird weder erfrieren noch verhungern – doch die Teilhabe am sozialen Leben ist schwer möglich.

Soziales Leben findet bei Bürgergeldempfängern nur eingeschränkt statt. Viel zu oft bleibt man allein. Glücklich sind die zu nennen, die gute Beziehungen zu ihrer Familie oder ihren Nachbarn pflegen. Gerade Alleinstehende leben oft sehr zurückgezogen, haben keine Aufgabe, sehen wenig Sinn in ihrer Existenz. Ein solches seelisches Leid macht krank. In Deutschland ist die Lebenserwartung der Armutsgefährdeten nicht umsonst zehn Jahre geringer als die Lebenserwartung der Mittelschicht.

Ich wünschte mir, dass in Deutschland jeder Mensch für seinen Lebensunterhalt arbeiten könnte. Auch seelisch Erkrankte, auch Menschen ohne Schulabschluss, auch Menschen mit Behinderung oder anderen Einschränkungen. Sinnlosigkeit ist ein Fluch. Je länger ein Mensch arbeitslos ist, desto schwieriger ist es, ihn aus diesem Teufelskreis aus Langeweile und Sinnlosigkeit zu befreien.

Leider ist es wohl noch keinem Land gelungen, den Menschen ausreichend Arbeit zur Verfügung zu stellen. Auch im derzeitigen Fachkräftemangel sind sechzig Prozent aller Arbeitslosen aus dem Kreis derer, die nach Jobs für Ungelernte fahnden.

Müßiggang erscheint Arbeitenden nicht selten als beneidenswertes Privileg der Arbeitslosen – doch ich behaupte, auf die Dauer macht dieses Leben in Alimentierung krank. Es ist nicht schön, nichts zu tun zu haben. Es macht krank, es schwächt – es macht unglücklich.

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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