Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse haben keinen Anspruch auf Kostenübernahme für einen Elektrorollstuhl wenn sie sich mit einem herkömmlichen Rollstuhl in einem Radius von 500 Metern um ihre Wohnung in zumutbarer Zeit selbstständig bewegen können. Gemäß § 33 SGB V haben behinderte Versicherte nur Anspruch auf die Kostenübernahme für solche Hilfsmittel, welche der Erfüllung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens dienen. Dabei sollen die Hilfsmittel einen Basisausgleich der Behinderung zum Erschließen eines gewissen körperlichen Freiraums bieten.
Das musste sich ein Kassenversicherter laut einem Urteil des Landessozialgericht Münster vom 24.6.2010 (Az.: L 16 KR 45/09) erklären lassen. Die Richter sahen einen Nahbereich um die Wohnung des Versicherten in dem Geschäfte des alltäglichen Bedarfs wie etwa Einkäufe, Bank und Postgeschäfte sowie der Besuch von Ärzten und Apotheken abgewickelt werden können als angemessen an.
In ihrer Entscheidung haben sich die Richter an der Rechtsprechung zur gesetzlichen Rentenversicherung orientiert. Danach gelten Wegstrecken in einem Radius von bis zu 500 Meter um die Wohnung eines gehbehinderten Versicherten als Nahbereich. Da der Kläger die vom Gericht festgesetzte Distanz mehr oder weniger problemlos mit seinem handbetriebenen Rollstuhl bewältigen kann, wurde seine Klage als unbegründet zurückgewiesen.
Da dieses Urteil eine grundsätzliche Bedeutung hat wurde eine Revision beim Bundessozialgericht zugelassen.
Wer angesichts der leeren Kassen in der GKV glaubt, in Zukunft würden sich solche Urteile als Einzelfälle herausstellen, kann in der GKV verbleiben.
Wer allerdings gerade im Alter auf zugesagte Leistungen nicht verzichten möchte, sollte sich schnell über die Möglichkeit eines Wechsels in eine private Krankenversicherung informieren.
Beste Grüße aus Bochum
Detlef Schumann
§ 12 SGB V : (1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. (§ 12 Wirtschaftlichkeitsgebot)
Für die Betroffenen ist es stets schwer, die Frage nach Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit objektiv zu beantworten. Gerade deshalb werden – gerade in Zeiten knapper Kassen – die Gericht um Beurteilung dieser Frage bemüht.
M. E. ist gerade die Frage der Rollstuhlversorgung durch das BSG-Urteil vom 12. August 2009 (B 3 KR 8/08 R) geklärt:
Kassel – Die Krankenkassen müssen Behinderte so versorgen, dass sie sich im Umfeld ihrer Wohnung möglichst selbstständig bewegen können. Bei Bedarf steht ihnen daher ein elektrischer Rollstuhl zu, heißt es in einem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel. Die Behinderten müssen sich nicht etwa darauf verweisen lassen, dass genügend Angehörige da sein, die sie schieben könnten (Az: B 3 KR 8/08 R).
Dem Kläger waren wegen einer Diabeteserkrankung beide Beine amputiert worden. Im Haus und im näheren Umfeld bewegt er sich seitdem mit handbetriebenen „Aktivrollstühlen“. Weil sein Kreislauf schwächer wurde und Ärzte ihm eine Überbeanspruchung seiner Arme bescheinigten, beantragte der damals 58-Jährige 2004 bei der Barmer Ersatzkasse einen Elektrorollstuhl. Die Kasse hielt das nicht für erforderlich. Auch das Landessozialgericht Stuttgart meinte, der Mann könne sich bei Bedarf von seiner Frau oder seinem Schwiegersohn schieben lassen.
Das BSG hob das Stuttgarter Urteil auf. Die Hilfsmittel für Behinderte sollten ihre Selbstständigkeit unterstützen, erklärten die Kasseler Richter zur Begründung. Nur wenn der behinderte Kläger sich mit seinem Aktivrollstuhl auch alleine noch ausreichend bewegen könne, sei der Elektrorollstuhl überflüssig. Dies sei im Streitfall fraglich, letztlich aber vom Landessozialgericht noch zu prüfen.
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