Rob Rhinehart aus Atlanta fand den Zwang, mehrmals täglich essen zu müssen, schon lange völlig überflüssig. Nicht nur das Essen selbst – auch die damit zusammenhängenden Tätigkeiten wie einkaufen, kochen, spülen wollte er endlich loswerden und Zeit sparen. Der 24-jährige Software Entwickler beschäftigte sich also intensiv mit dem Thema Ernährung und entwickelte einen geruchs- und geschmacklosen Brei, der ihn nun völlig befreit vom „Mahlzeit-Zwang“. Seit Anfang des Jahres 2013 isst Rhinehart nur noch ein- bis zweimal in der Woche wirkliche Lebensmittel und führt dem Körper ansonsten nur noch den ernährungstechnisch höchst ausgewogenen beigefarbenen Brei zu – und er fühlt sich, wie er in seinem Blog schreibt, wunderbar befreit dadurch!
Mich hat der Bericht aus dem Spiegel nachdenklich gemacht. „Der Mann der aufhörte zu essen“ Wir „industrialisierten“ Menschen befreien uns dank des technischen Fortschritts immer mehr von unseren jahrtausendealten Überlebensfragen wie Hunger, Durst, Frieren, Hitze, körperlicher Bedrohung, Schmerz, körperlicher Anstrengung, Dunkelheit, Angst durch Unwissenheit und mangelnde Kontrolle. Sogar der Tod rückt immer weiter, viele von uns erreichen biblische Lebensalter.
Studien zeigen, dass junge Menschen Sex viel weniger wichtig finden als Generationen zuvor, und auch Nachbarschaften, Familien
und Freunde fürs Leben verlieren an Bedeutung. Der Mensch wird immer autarker, immer unabhängiger von seiner Biologie. Er reist mittels Internet über den ganzen Planten in Echtzeit, er kommuniziert und arbeitet mit Menschen ohne sie jemals im „Real Life“ gesehen zu haben und sein Geist ist immer und überall einsatzbereit.
Wenn ich den Blog von Rob Rhinehart lese, in dem er seine Erfahrungen als „essenszwangbefreiter“ Mensch beschreibt lese, kann ich ihn verstehen. Ist es nicht faszinierend sich vorzustellen, wir wären nur noch „Gehirnmaschinen“, die sich ablenkungsfrei auf das Denken konzentrieren könnten? Keine störenden Emotionen mehr, keine Angst, keine sinnlichen Begehren, kein Kummer, kein Mitgefühl, keine Enttäuschungen, keine Sehnsucht und keine Reue? Der Mensch als selbstgesteuerter Terminator – ist das vielleicht die nächste religiöse Bewegung?
Zum Blog von Rob Rhinehart
Ich hoffe, der junge Software Entwickler aus Atlanta hält noch lange sein Selbstexperiment durch und beschreibt möglichst objektiv die Veränderungen, die er an sich feststellt. Ich vermute, dass der sinnliche Essensgenuss sehr eng verbunden ist mit Gefühlen, und dass ein Leben (fast) ohne Geschmacksreize starke Auswirkungen auf die Seele hat.
Vor meinem geistigen Auge sehe ich eine riesige Jugendbewegung von uniformierten Jungen und Mädchen, die stolz darauf sind, sich von ihren körperlichen „Lastern“ so weit wie möglich befreit zu haben. Menschen deren Ziel es ist, nur noch zu funktionieren, objektiv und eiskalt zu planen, steuern, entwickeln, messen und zu kontrollieren.
Und da ich ja meinen Blog habe kann ich in 10 Jahren diesen Beitrag wieder aufrufen und nachsehen, ob ich mit meiner Vermutung recht hatte: Die nächste Jugendrevolte wird eine Revolte gegen die Biologie…
Oh nein, wie schrecklich! Horror!!!
Liebe Eva, Deine Überlegungen zu diesem Thema finde ich sehr wichtig, zeigen sie doch auf, welche Richtung das menschliche Leben nehmen kann bzw. schon nimmt. Mir macht kochen und essen nach wie vor Freude, wie überhaupt das gute Gefühl zu l e b e n.
Hi liebe Angelika, mir geht es genau so – allerdings überlege ich gerade, ob ich lieber schlank sein möchte oder so wie Angela Merkel – ich kann mich noch nicht entscheiden….