Ich gebe zu, dass ich (typisch Frau?) mich bisher wenig mit Finanzwirtschaft, Geld und Renditen beschäftigt habe. Erst durch die Begegnung mit Prof. Ralf Beck begann ich, mich mit diesem Thema intensiver auseinanderzusetzen, das seit der Finanzkrise viele Intellektuelle und politisch/ gesellschaftliche Vordenker zusammenbringt und langsam zu einer internationalen Bewegung führt. Doch was ist das Besondere an Ralf Becks Sicht? Er diskutiert nicht lange – er setzt um. Er klagt nicht an, er bietet Alternativen. Er ist kein „Besserwisser“, er respektiert junge Gründer und ist bereit, mit ihnen gemeinsam dem jetzigen Finanzsystem etwas Neues entgegenzusetzen: Das macht Spaß und lässt gestalten. Darum meine Empfehlung: Lesen, Spaß haben, anfangen.
Wer braucht noch Banken? Wie StartUps die Finanzwelt verändern und was uns das nutzt
Das 300 Seiten Buch von Prof. Dr. Ralf Beck, erschienen im September 2015, richtet sich an zwei Zielgruppen. Zum Einen die „Finanz-Laien“, die sich zwar aus persönlichen, politischen und/ oder wirtschaftlichen Gründen für das Thema „Geld und Rendite“ interessieren, doch wenig Hintergrundwissen zu Banken haben. Zum Anderen spricht das Buch auch „Finanz-Profis“ an, die im ersten Teil schmunzelnd die Analysen des heutigen Bankensystems genießen und im zweiten und dritten Teil des Buches Offenheit für die Alternativen entwickeln, die sich dank des Internets und der Web 2.0 Bewegung gerade am Markt auftun.
Banken konzentrieren sich schon lange nicht mehr darauf, Geld von Geldbesitzern zu beschützen und Kredite an Geldsuchende gegen Zinsen zu verleihen – um den Gewinn daraufhin mit den Geldbesitzer-Kunden fair zu teilen. Das wissen wir langsam alle. Doch was genau manchen Banken denn heute? Was bedeutet es, dass Geld nicht mehr an fixe Werte wie Gold gekoppelt ist, sondern zu einem weltumspannenden Machtinstrument wurde, das politisch und gesellschaftlich nicht kontrollierbar ist? Prof. Dr. Ralf Beck erklärt die Mechanismen auf so federleichte – und doch fundierte – Weise, dass man es fast einem Kind in die Hand drücken möchte, um Bankensysteme zu verstehen.
Wie StartUps die Finanzwelt verändern und was uns das nutzt
Wie immer in der Geschichte der Menschheit entwickeln sich gerade dann neue Bewusstheitsstufen, wenn das „Alte“ und „Mächtige“ meint, den absoluten Sieg errungen zu haben. Und genau hier setzt das Buch ab Seite 100 an. Staunend und unvoreingenommen hat ein Professor, der vor einigen Jahren durch seine Studenten auf Crowdfunding und Crowdinvesting aufmerksam wurde, sich mit wissenschaftlicher Akribie in die Welt der alternativen Fintech-StartUps eingearbeitet, hat recherchiert, analysiert, selbst in 180 Projekte investiert (mit durchschnittlich knapp 30 Euro), sich über Kongresse, Netzwerke und Social Media mit wichtigen Akteuren vernetzt und das wohl grundlegendste Buch über „Crowdinvesting“ geschrieben. Nun dieser zweite Wurf: „Wer braucht noch Banken?“
Aus den Erkenntnissen des ersten Buchs über Möglichkeiten, abseits von Banken Geld zu investieren und gemeinsam mit Vielen (der Crowd) Projekte zu bewerten und zu diskutieren, wurde nun im zweiten Schritt eine Analyse vieler StartUp-Bankalternativen, die mehr oder weniger unabhängig von Banken entstanden sind. Natürlich erhebt das Buch keinen Absolutheitsanspruch, da die Fintech-Szene unglaublich an Kraft und Dynamik gewinnt, natürlich kann niemand wissen, wie es weitergeht und ob Banken Wege finden, sich die StartUps durch Aufkäufe einzuverleiben. Und natürlich steckt hinter fast jedem Fintech-StartUp eine Bank, die als Dienstleister das eigentliche Geldgeschäft abwickelt. Denn eine Bank zu gründen, ist gesetzlich so stark reglementiert, dass es kaum möglich ist.
Crowdinvesting – ein guter erster Schritt?
Dank dem Kleinanlegerschutzgesetz, das im Frühjahr 2015 verabschiedet wurde, gibt es nun für Crowwdinvesting klare Regelungen. Gut daran ist, dass Projekte, die bis zu 2,5 Millionen Kapitalbedarf haben, ohne die gefürchtete „Prospektpflicht“ Geld aus der Crowd einsammeln dürfen. Schlecht daran ist, dass Privatpersonen (also auch Business Angel) zunächst nur maximal 10.000 Euro in Projekte investieren dürfen. Da viele skalierende Geschäftsmodelle auf die Beteiligung von großen Investoren und strategischen, einflussreichen Partnern angewiesen sind, dividiert sich die Crowdfinanzierung von der Finanzierung durch Profis womöglich auseinander, was die Gestaltungsmöglichkeiten für alle Beteiligten behindert.
Doch Prof. Dr. Ralf Beck nimmt die Welt, wie sie eben ist, und macht daraus, was möglich erscheint. Gemeinsam im Team mit sechs anderen Gründern hat er eine eigene Crowdinvesting-Plattform gegründet, die mit einem ganz eigenen Profil Kapitalsuchende und Anleger zusammenbringen wird. Ausgehend von der dichten StartUp Szene in Dortmund und der Metropole Ruhr ist das Modell von Geldwerk1, die Bildung von „Finanzieller Intelligenz“, die Vernetzung von regionaler Wirtschaft mit Bürgern und Mitarbeitern, die gute Zusammenarbeit mit Stakeholdern und der Fintech-Szene, und die Förderung von Geschäftsideen etablierter Mittelständler in den Fokus zu nehmen.
Das Buch „Wer braucht noch Banken“ ist eine wunderbare Inspiration für alle, die die Szene der Bankalternativen im Web 2.0-Zeitalter verstehen wollen, die sich selbst aktiv in die Veränderungen der Finanzwirtschaft einbringen wollen, die selbst mit kleinen Beträgen in diese „Börse von unten“ investieren wollen, und dabei unnötige Risiken vermeiden, und die Lust darauf haben, ihre eigene „finanzielle Intelligenz“ schulen wollen. Mein Wunsch wäre, dass auch möglichst viele Frauen Spaß an dem Buch haben, denn hier schlummert heute noch ein gewaltiges Potential: Jeder weiß, dass Frauen die besseren Finanzexperten und klügeren Geldanleger sind, doch leider ist bisher der Frauenanteil bei renditeorientierten Investoren nur etwa 14 Prozent – möge Crowdinvesting und die Förderung regionaler Wirtschaftskraft und nachhaltiger Geschäftsmodelle das ein für alle Mal grundlegend ändern.
Prof. Dr. Ralf Beck: Wer braucht noch Banken? Börsenbuchverlag. 304 S., gebunden. 24,99€
[…] Lesen? „Wer braucht noch Banken?“ – Wie StartUps die Finanzwelt verändern Ich gebe zu, dass ich (typisch Frau?) mich bisher wenig mit Finanzwirtschaft, Geld und Renditen beschäftigt habe. Erst durch die Begegnung mit Prof. Ralf Beck begann ich, mich mit diesem Thema intensiver auseinanderzusetzen… […]