Jobangst: Strategien gegen die Angst vor dem Versagen

Einer aktuellen Studie nach verspüren mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer mindestens einmal in der Woche Angst in ihrem Job. Die Angst vor Versagen, vor Fehlern und vor der Tatsache, unnütz und nicht mehr gebraucht zu sein, schleicht sich in immer mehr Branchen und Arbeitsumgebungen ein. Auf der einen Seite werden Fachkräfte dringend gesucht, auf der anderen Seite scheinen die Betriebsangehörigen immer häufiger nicht das zu sein, was Arbeitgeber sich unter einem passgenauen Mitarbeiter vorstellen.

Angst vor den digitalen Herausforderungen?

Die Digitalisierung unserer Welt fordert gerade im Arbeitsleben ihren Tribut. Digital kompetent zu sein bedeutet mehr, als WhatsApp bedienen zu können. Zu versuchen, sich autodidaktisch abends und am Wochenende mit den fehlenden Skills zu versorgen, ist unzumutbar. Passende Weiterbildungen, die während der Arbeitszeit stattfinden, gibt es zu selten. Das Problem bleibt also noch länger bestehen. Im Folgenden einige Tipps, wie man mit der eigenen Angst verfahren kann, ohne dadurch in einen Burnout zu geraten

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Tipps und Strategien gegen die Angst im Beruf

Schreiben ist der Schlüssel: Leider sind viel zu viele Menschen durch negative Schulerfahrungen blockiert darin, etwas „freiwillig“ aufzuschreiben. Doch schreiben ist der wichtigste Schlüssel, um Ängste zu bearbeiten und ihnen ihre Macht zu nehmen. Man muss ja nicht viel schreiben, muss auch keine vollständigen Sätze verwenden. Stichworte können zunächst genügen.

Falls Sie zu den 59 Prozent der Angestellten in Deutschland gehören, die mindestens einmal in der Woche auf der Arbeit Angst verspüren, bitte ich Sie um folgende Schreibübung (man kann auch ins Smartphone schreiben, zum Beispiel, indem man sich selbst eine Mail mit dem Text schickt). Natürlich ist ein Coaching eine gute Alternative, doch den passenden Karrierecoach zu finden, ist nicht leicht. Wenn Sie sich vor einem Coaching erst einmal selbst „coachen“, wird es günstiger, konkreter, und ist auf Ihrer eigenen Leistung zurückzuführen. Gute Argumente, nicht wahr?

Hier die erste Schreibübung – dauert etwa dreißig Minuten bis zu einer Stunde
Beschreiben Sie so genau wie möglich eine der letzten Situationen, in denen Sie im Job Angst verspürt haben: Wann hatten Sie Angst? In welcher Situation hatten Sie Angst? Wie genau äußerte sich Ihre Angst? Wie genau haben Sie sich in dieser Gefühlslage verhalten? Haben Sie eine Idee, wie Sie sich idealerweise hätten verhalten können?
Gern als Mail an sich selbst – es ist schön, von sich selbst eine Mail (also einen Brief) zu erhalten und kann sich den Text bequem kopieren und abspeichern.

Hier die zweite Schreibübung – wir gehen eine Treppenstufe weiter in den „Keller“
Wenn Sie unbedarft und wie ein Kind beschreiben dürften, wovor Sie eigentlich Angst hatten in der zuerst geschilderten Situation, wie würden Sie es ausdrücken? Denken Sie daran zurück, wie Sie als Kind Angst erlebt haben. Manche hatten Angst vor Lehrern, andere hatten Angst vor den Eltern, wieder andere hatten Angst vor Einsamkeit oder davor, gemobbt zu werden.

Lesen Sie nun noch einmal den Text der ersten Schreibübung. Ergänzen Sie bei Bedarf die Beschreibung der empfundenen Angst. Trauen Sie sich jetzt, das „Monster“, vor dem Sie Angst haben, zu beschreiben. Leuchten Sie es mit Ihrer Taschenlampe an. Je kindlicher Sie es beschreiben können, desto besser. Wir neigen leider dazu, uns beim Schreiben stets von einer unsichtbaren Autorität bewertet zu fühlen („setzen, sechs“). Nur wenn wir gegen die Regeln der gewählten Ausdrucksweise verstoßen, kommen wir zu unserem authentischen Kern: „Wovor habe ich eigentlich so schreckliche Angst?“
Gern wieder als Mail an sich selbst

Dritte Schreibübung – Was wäre, wenn…
Die dritte Schreibübung ist besonders spannend, und auch besonders heilsam. Wir dürfen uns ausmalen, was als Allerallerschrecklichstes passieren könnte – mit allen Konsequenzen. Ich zum Beispiel habe mir nach dem Start des Ukrainekrieges ausgemalt, wie ich in einer verlassenen U-Bahn-Station von russischen Knobelbechern langsam zu Tode getreten werde. Nachdem ich mir das alles genau ausgemalt hatte, war meine Angst von einem auf den anderen Augenblick verflogen. Ich musste über mich selbst schmunzeln und war wieder in Frieden mit mir.

Seien Sie ruhig fantasievoll und extrem in Ihren Beschreibungen! Wäre Arbeitslosigkeit und Verarmung das Schlimmste? Oder wäre es am schlimmsten, in Ihrem Job gefangen zu bleiben und bis zur Rente weiter so arbeiten zu müssen ohne Fluchtweg? Oder vielleicht wäre es das Schlimmste, durch die Ängste und Depressionen für den Rest des Lebens unglücklich, isoliert und auf Medikamente und Therapie angewiesen zu sein? Was auch immer Ihnen einfällt, schreiben Sie es auf, je detaillierter, desto besser.

Vierte Schreibübung – Was wäre, wenn…
In dieser vierten Schreibübung geht es nun darum, die denkbar allerschönsten Möglichkeiten zu beleuchten. Nun, da wir das Monster aus seinem Versteck unter dem Bett hervorgezogen haben und es im Lichte inklusive seiner Zukunftsmacht bloßgestellt und analysiert haben, haben wir die Freiheit erlangt, uns das Schönste vom Schönsten vorzustellen.

Manche fangen damit an, sich einen Milliarden-Lottogewinn vorzustellen, der sie davon befreit, je wieder arbeiten gehen zu müssen. Andere möchten vielleicht aus Rachewünschen heraus das Gebäude, in dem sie arbeiten, zerstören wie ein Terrorist in einer Netflix-Serie. Wieder andere wünschen sich vielleicht einen schnellen Tod, um endliche Ruhe zu haben oder eine große Liebe, die allen Fluch in Segen verwandelt.

Falls Sie solche Wünsche in sich spüren, aufschreiben! Leben wie die Geissens, sich ausgiebig rächen, mit der großen Liebe auf den Malediven ein neues Leben beginnen…  was drin ist, muss raus. Nur keine Hemmungen.

Fünfte Schreibübung – Geht es auch kleiner?
Die fünfte Schreibübung ist die schwierigste. Es geht nun darum, wie ein Unternehmensgründer in die Realität zurückzukommen und ein Ziel zu formulieren, das machbar ist. Was macht mir beruflich innerhalb meiner Möglichkeiten am meisten Spaß? Würde ich gern etwas lernen? Studieren? Umschulen? Würde ich gern weniger arbeiten oder vielleicht sogar mehr? Welche Rahmenbedingungen sind mir besonders wichtig – unabhängig von der eigentlichen beruflichen Aufgabe? Was treibt mich an? Was lähmt bzw. demotiviert mich?

Sechste Schreibübung – Sherlock Holmes
Kann sein, dass Sie sich zur fünften Schreibübung mehr als eine Mail schreiben werden. Häufig ist es so, dass man nach dem ersten mutigen Schritt, sich einen Traumjob auszumalen, Appetit auf mehr bekommen hat.

Während dieser „Wünsch mir was“ Phase kann es losgehen mit der Suche nach dem Traumjob. Sobald wir eine Ahnung haben davon, was wir uns wünschen, können wir beginnen, zu recherchieren. In Zeiten des Internets ist dieser Weg so leicht, so mühelos geworden, für viele vielleicht sogar zu mühelos.

In dieser Phase wird die Strategie zur Angstüberwindung womöglich sogar so konkret, dass wir den Überforderungen im derzeitigen Job in einer neuen Gelassenheit gegenüberstehen. Diese innere Gelassenheit kann dazu führen, dass unsere Kollegen und Vorgesetzten plötzlich ihr Verhalten ändern und uns endlich die Anerkennung geben, die wir brauchen, um Freude an unserer Arbeit zu haben. Wer abhängig ist, macht sich zum „Opfer“. Wer Unabhängigkeit ausstrahlt, wird attraktiv. Einfach mal ausprobieren! Schreiben ist wohl DER Schlüssel zum Glück.

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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