Bis zum 28. Februar läuft die Blogparade, die der CeBIT-Blog angestoßen hat. Bisher sind über 50 Blogbeiträge und Antwort-Kommentare dazu eingegangen – auch wir wollen uns gern beteiligen. Thema ist: „Der Arbeitsplatz der Zukunft“. Wie arbeitet Ihr heute? Was wird sich wohl in den nächsten Jahren ändern? Ist es Euch gelungen Eure Arbeitgeber zu überzeugen dass Ihr von zu Hause arbeiten könnt? Was sind die Vorteile – was die Nachteile beim Arbeiten von zu Hause? Und welche technischen Lösungen setzt Ihr dafür ein?
Der Arbeitsplatz der Zukunft…
Eva Ihnenfeldt: ich vermute dass der Druck der Arbeitswelt weiter zunimmt. Kein Wunder, denn unser Multitasking führt dazu, dass wir immer und überall erreichbar sind – und dass wir es immer selbstverständlicher finden, schon direkt nach dem Aufstehen unsere Nachrichten zu checken. Ob im Urlaub oder am Wochenende, die Loslösung vom Arbeitsplatz gelingt in immer weniger Fällen. Gerade die vielen Jobs in der Verwaltung sind eng mit Kommunikation verbunden, und die findet durch das Internet nun mal 24 Stunden am Tag statt.
Je höher die Qualifikation, je verantwortungsvoller die Aufgabe, desto mehr nimmt dieser Druck zu. Viele Familien leiden darunter, dass die Trennung zwischen Arbeit und Privat nicht funktioniert. Und die Konsequenzen sind dramatisch: Burn Out als Folge von Stress und Überforderung ist womöglich bald bedrohlicher als viele rein körperlichen Erkrankungen.
Um so wichtiger ist es, dass wir unseren Arbeitsplatz selbst organisieren können. Die Frage ist was wir brauchen um effektiv, mit Spaß und ohne unnötige Verschwendung von Ressourcen zu wirken. Folgende Fragen sollten wir uns nüchtern stellen:
- Wie wichtig ist der tägliche Kontakt zu den Kollegen vor Ort im Büro?
- Wie entscheidend für die Karriere und die beruflichen Wünsche ist es, viele Stunden im Betrieb zu sein?
- Was brauche ich um bestmöglich zu arbeiten und dabei zufrieden und motiviert zu sein?
- Unter welchen Bedingungen habe ich den meisten Spaß bei der Arbeit?
Sicher war es keine gute Idee von Melissa Mayer, die Mitarbeiter von Yahoo zurück ins Büro zu zwingen. Wer arbeitet schon unter Zwang und Drohungen gut und gibt sein Bestes? Sicher ist es fatal darauf zu vertrauen dass im Homeoffice schon alles prima laufen wird, ohne dass das soziale Miteinander seinen gebührenden Platz erhält. Und genau so fatal ist es an gewohnten Arbeitsweisen festzuhalten ohne Rücksicht auf die technologischen Veränderungen und die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter.
Statt „Home Office“ würde ich lieber vom „Flexiblen Arbeitsplatz“ sprechen.
Nicht Anwesenheitspflicht ist entscheidend für optimale Leistungen, sondern verständliche Zielvorgaben. Menschen sind verschieden,
Aufgabenfelder auch. Viele Vertriebler sind eher vom Typ „Einsamer Wolf“ und werden nervös, wenn sie in ein Büro mit Kollegen gezwungen werden. Sie wollen raus, wollen Kundenkontakte und Raum für ihre individuellen Strategien, und auf der anderen Seite genießen sie es, in voller Konzentration von zu Hause aus zu arbeiten, zu dokumentieren und zu kommunizieren.
Programmierer hingegen brauchen häufig die Nähe ihrer Kollegen, um sich selbst von der hochanstrengenden Kopfarbeit abzulenken und zu erden. Wenn sie überwiegend von zu Hause aus arbeiten fehlen emotionale Erlebnisse, was sehr riskant sein kann für die Gesundheit.
Viele Menschen geben sogar an, dass sie arbeiten gehen, WEIL sie die die sozialen Kontakte zu den Kollegen genießen. Diese Mitarbeiter wären totunglücklich, wenn sie von zu Hause aus arbeiten müssten. Sie würden vereinsamen und ihr Selbstvertrauen verlieren.
Der Arbeitsplatz der Zukunft ist ein Arbeitsplatz, der wandert.
Viele Mitarbeiter brauchen nichts weiter als ihren Laptop, können von überall auf der Welt genau so gut arbeiten wir vom Büro aus. Die Daten des Unternehmens liegen in der Cloud. Meetings erfolgen durchaus auch virtuell. Man trifft sich im „Offline Leben“ weil man sich treffen will – nicht weil man muss. Kommunikation erfolgt auf vielen Kanälen, das Social Intranet bildet das Zentrum mit einem optimalen Wissensmanagement und unkomplizierten Austauschmöglichkeiten. Kollaboratives Arbeiten wird machbar durch internetbasierte Tools und abhörsichere firmeninterne Kommunikationskanäle.
Man gewöhnt sich daran, miteinander über Videochat zu sprechen anstatt anzureisen. Operative Tätigkeiten geschehen mehr vor Ort in der Firma, strategische Aufgaben, Marketing und Vertrieb werden immer flexibler, da das Management reist und viele Begegnungen außerhalb der Firma hat. Arbeitszeiten werden ersetzt durch Zielvorgaben und definierte Aufgabenstellungen. Hierarchien werden abgelöst durch Fachkompetenzen und Sachautoritäten, die je nach Problemstellung anders besetzt sind.
Vertrauen und Transparenz sind Grundlagen um den Herausforderungen der vernetzten Echtzeitwelt gewachsen zu sein. Führungskräfte von morgen sind sensible Jongleure von menschlichen Ressourcen. Sie herrschen nicht sondern schaffen für ihre Mitarbeiter den Raum, damit diese motiviert, effektiv, mit Spaß und Selbstbewusstsein arbeiten können.
Der Fehler den Marissa Mayer gemacht hat war, dass sie versucht hat ihre Autorität in die Waagschale zu werfen mit dem Home Office Verbot. Autoritäre Entscheidungen können nur dann erfolgreich durchgezogen werden wenn man die Stärke hat, diese langfristig durch Einschüchterung durchzusetzen. Nicht einmal in der Grundschule sind Kinder von heute noch bereit, sich einem einschüchternden Lehrer unterzuordnen – wie soll das dann im Arbeitsleben mit hochqualifizierten Menschen gelingen?
Der Arbeitsplatz von morgen ist demokratisch und vernünftig. Work-Life-Balance ist die Grundlage, Social Leadership die Vorgabe. Menschen werden freiwillig arbeiten und ihr Bestes geben um sich selbst zu entfalten. Nichts tun macht unglücklich, und ohne Bestätigung und Erfolg wird der Mensch krank. Gehorchen ist out, Erkenntnis und Bewusstsein nehmen zu. Soziales Miteinander im Beruf beruht auf Sympathie und gleichen Zielsetzungen. Leicht wird es nicht, und weniger wird es auch nicht – aber mit der Freiheit des „Flexiblen Arbeitsplatzes“ wird es hoffentlich gelingen, den drohenden Gefahren von psychischen Erkrankungen durch Fremdbestimmung, Stress und Angst wirksam zu begegnen.
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