Mieten, abonnieren, leasen, teilen – auf dem Weg in eine besitzlose Gesellschaft?

Dank der Digitalisierung hat sich ein neues Besitzverständnis etabliert: Warum sich mit Besitz vollladen, wenn es auch anders geht? Waren früher Versicherungen und Fitnessstudios das Hauptproblem bei den monatlichen Belastungen, sind es heute unzählige kleine Beträge, die zusammenkommen, mit Abonnements, Mieten, Ratenzahlungen, Medien- und Kommunikationsverträgen. Im unternehmerischen Bereich ist die Frage von Mieten, Pachten, Abonnieren oder Leasen eine Kosten/Nutzen-Abwägung, doch bei Konsumenten verhält es sich anders: alles so schön bunt hier! Und bestimmt auch gut für die Umwelt!

Unternehmen rechnen: Kaufen oder Mieten

Bild von Mohamed Hassan auf Pixabay

nternehmen kalkulieren in der Regel ihre Ausgaben sehr genau. So ist es in der heutigen Zeit immer häufiger vorteilhaft, Firmenwagen zu leasen – nicht nur für den täglichen Betriebseinsatz, sondern auch, um gute Mitarbeiter/Innen an das Unternehmen zu binden. Abgesehen davon, dass es in der jetzigen Übergangszeit zwischen Verbrenner und E-Mobilität weitere Gründe gibt, langfristige Kaufentscheidungen zu meiden.

Ebenso werden Investitionsgüter, die nur selten im Einsatz sind, selbstverständlich gemietet – und nicht gekauft. Eine günstige Arbeitsbühne mieten ist sehr viel sinnvoller, als eine Arbeitsbühne zu kaufen! Baumaschinen werden geleast, wenn sie häufig genutzt werden – und gekauft, wenn es von Vorteil ist, die vollständige Kontrolle über Kräne, Bagger – oder eben Arbeitsbühnen zu behalten. Unternehmen rechnen und vergleichen – doch welche Kriterien zählen für uns Konsumenten? Welche Kriterien legen wir an, wenn wir mieten, leihen, leasen, abonnieren – oder doch lieber kaufen…

Konsumenten fühlen: Mieten oder kaufen?

Wenn wir als Menschen kaufen, tauschen, leihen oder mieten, sind immer viele Emotionen mit im Spiel – inklusive des Triumphgefühls, ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Auch wenn immer mehr Experten dazu raten, besser Wohnraum zu mieten, anstatt sich ein Haus zu kaufen, hören viele nicht hin. Ein Haus zu besitzen fühlt sich an wie eine Heimat haben, Zukunftssicherheit, ein Stück eigene Erde, das zum Refugium für die nachwachsende Familie wird – und eine Altersvorsorge, weil die Kinder das Haus übernehmen, wenn man gepflegt werden muss als alter Mensch.

In Marketingkreisen zählt das selbst bewohnte Eigenheim nicht zu den Investitionsgütern, sondern zu den Konsumgütern. Eigenheimanbieter werben emotional, und damit haben sie recht. Auch wenn die nackten Zahlen dagegensprechen, sehnen sich die Menschen, die Familien gründen, nach einem Haus mit Garten, netten Nachbarn, lebenslangen Freundschaften für sich und für ihre Kinder. Und das ist gut so.

Generation Z

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

„Besitztum erzeugt Kontrolle, und Kontrolle erzeugt Machthierarchien“, sagt der Metereologe und Journalist Eric Holthaus. Je mehr Besitz ein Mensch hat, desto mehr CO2 verbraucht er. Wer wenig besitzt und wenige Ressourcen verbraucht, ist ein Geschenk für den Planeten Erde, der bedroht ist durch die globale Klimaveränderung.

Nachhaltig zu leben heißt, so wenig wie möglich zu kaufen, das Vorhandene so lange wie möglich zu benutzen, so wenig Müll wie möglich zu produzieren – und so viel wie möglich wiederzuverwerten. Hört sich doch vernünftig an, oder?

Und doch funktioniert es anscheinend nicht wirklich. Allein schon die Urlaubsreisen werden immer CO2 belastender. Kleidung, Unterhaltungselektronik, Möbel und Elektrogroßgeräte werden immer häufiger ausgetauscht, weil sie so schnell veralten! Wer nutzt schon sein Smartphone noch länger als zwei Jahre?

Wer fährt noch mit dem Fahrrad, das vor fünfzehn Jahren technisch hochaktuell war! Wartete man in vor-digitalisierten Zeiten ganz selbstverständlich mit der Anschaffung eines neuen TV’s oder eines neuen PC’s, bis diese nicht mehr repariert werden konnten, sehnt man sich heute nach einer Möglichkeit, das sieben Jahre alte Smart-TV an eine/n Studentin/en weitergeben zu können, um sich das aktuelle Modell kaufen zu können, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben gegenüber der Umwelt.

Generation Z will Flexibilität

Abgesehen davon, dass von der Jeans bis zum iPhone alles hochaktuell sein soll, wünschen sich junge Menschen (geboren zwischen 1995 und 2010) viel Freiheit, Flexibilität, Leichtigkeit. Wenn sie in einem Unternehmen anfangen zu arbeiten, suchen sie womöglich schon ab der ersten Woche nebenbei mit dem Smartphone nach Alternativen zu ihrer derzeitigen Stelle. Nicht, weil es ihnen nicht gefällt, sondern frei nach dem Motto „Mal gucken, was der Markt noch so zu bieten hat“… Sie fühlen sich seltener als „Familienmitglied des Teams bis zur Rente – sie sind durchaus Neuem gegenüber aufgeschlossen – bis hin dazu, komplett die Zelte abzubrechen und Digitaler Nomade zu werden.

Sharing Ökonomie – Wirtschaft des Teilens

Und doch sind diese digital geborenen, nachhaltig orientierten, bindungsarmen Vagabunden nicht unbedingt ökologische Minimalisten. Shoppen gibt Glücksgefühle, und die häufige Veränderung des eigenen Lebensstils ermöglicht auch eine häufige Konsumumstellung.

Durch die Corona-Krise hat sich der Trend verstärkt, Sharing-Angebote zu nutzen. In den Lockdowns war man viel zu Hause, konnte nach Sharing-Möglichkeiten Ausschau halten, hatte Zeit für die digitale Kommunikation mit Fremden, Freunden, Netzwerkpartnern – und mal ehrlich: Konsumieren macht Spaß – und das günstige Nutzen von Ressourcen über vertrauensbasierte Beziehungen macht noch mehr Spaß!

Immer mehr Menschen landen bei einem neuen Hobby: An- und Verkauf von Secondhand-Produkten. Vor allem Frauen begeistern sich dafür, ihre Taschen, Kleidungsstücke und eventuelle Luxusartikel appetitlich auf den passenden Plattformen anzupreisen. Der Kleiderschrank muss wieder frei werden für neue Shopping-Erlebnisse!

Digitale Konsum-Opfer der „Buy now pay later“ Generation

Der Zahlungsdienstleister Klarna wirbt mit dem Spruch „Buy now pay later“, was gerade junge Menschen anspricht, die noch nicht aus schlimmen Erfahrungen bei Überschuldung lernen konnten. Sie sehen nur die kleinen monatlichen Raten – die enormen Zinssätze und die Konsequenzen bei Zahlungsrückständen beachten sie nicht.

Der Versandhändler OTTO betreibt zusätzlich zu seinen raten-freundlichen Zahlungsbedingungen die EOS-Gruppe, die sich in 193 Ländern der Welt mit Finanzdienstleistungen im Bereich Forderungsmanagement engagiert und im OTTO-Konzern als sehr margenstark gilt. Zu den rund 20.000 Kunden des Inkassounternehmens zählen nicht nur Unternehmen des Versand- und Onlinehandels – auch Telekommunikationsunternehmen, Energie-Versorger und die Öffentliche Hand sind darunter.

Konsumenten zu Ratenkäufen zu verführen, ist außerordentlich lukrativ. Im Vergleich zu Bankkrediten sind diese Kredite sehr viel teurer. Ratenkredite sprechen gerade auch Konsumenten mit geringen finanziellen Ressourcen an. Sogar Bürgergeldempfänger können – wenn ihre Schufa nicht zu schlecht ist – bei mehreren Online-Händlern parallel Ratenverträge abschließen. So summieren sich viele kleine Raten zu einem Schuldenberg, der sehr schnell zur Überschuldung führt. Während Mahnungen auf wenige Euro Mahngebühr begrenzt sind, können Inkassounternehmen wie die EOS-Gruppe extrem hohe Gebühren berechnen für ihre Geldforderungen.

Ein staatlich finanziertes privates Insolvenzverfahren endet häufig mit der Enttäuschung, dass zwar nach drei Jahren die Einträge aus der Schufa gelöscht werden – doch der Score so niedrig ist, dass weiterhin keine langfristigen Handy- oder DSL-Vertragsabschlüsse möglich sind. Ein „weißes Blatt“ ist der Entschuldete weiterhin nicht.

Man kann wohl nicht erwarten, dass Privatverbraucher so pragmatisch vernünftig handeln wie Unternehmen, doch immerhin könnten Angehörige und Freunde versuchen, junge Menschen vor der Verführung der digitalen „Buy now pay later“ Falle zu warnen.

Was die berüchtigten Abofallen bei Handygames betrifft: Aus Schaden wird man klug. Am besten funktioniert die Drittanbieter-Sperre im Smartphone. Dann können zumindest keine Abo-Gebühren direkt mit den Handygebühren eingezogen werden. Das ist schon einmal ein echter Schutz, der mit wenigen Klicks eingerichtet ist. Ansonsten: Wachsam sein. Wegelagerer gibt es auch in unserer digitalen Zeit reichlich.









Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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