Sowohl die Wähler, als auch die Politik in Deutschland haben sich dafür entschieden, dem bestehenden Klimawandel mit einem radikalen Abbau von CO₂-Produktion entgegenzutreten. Selbstverständlich ist so ein radikaler Schritt im Bereich des Energieeinsatzes nicht so mal eben „aus dem Ärmel geschüttelt“. Die Vorstellung, dass der Ausbau CO₂-armer Energiequellen – und der Abbau CO₂-produzierender Kraftwerken verbunden sein könnte mit einem kaum spürbaren Umstellungsprozess, ist in Deutschland einer nüchternen Betrachtungsweise gewichen. Sogar RWE-Chef Markus Krebber warnte im November 2024 davor, dass die Stromversorgung in Deutschland „an ihre Grenzen gerate. Er empfiehlt, dass sich die Haushalte vorsorglich auf Stromausfälle (die in vielen Ländern der Welt zum Alltag gehören) vorbereiten sollten. In diesem Beitrag werden wir zunächst Tipps für eventuelle Stromausfälle geben und uns dann mit den weiteren Konsequenzen des Energiewandels hin zu einem klimaneutralen Deutschland auseinandersetzen.
Vorsorge bei Stromausfällen
Setzt eine Gesellschaft auf Energiequellen, die sich selbst erneuern wie Sonne und Wind, muss darauf Rücksicht genommen werden, dass diese beiden Energiesysteme bei Dunkelheit und Schwachwind nur sehr geringe Mengen Strom produzieren können. Laut des Deutschen Wetterdienstes gab es zwischen 2006 und 2016 etwa alle zwei Jahre eine zweiwöchige (!) Dunkelflaute. RWE-Chef Krebber meint, dass Deutschland diese Flauten nicht ausreichend durch Zukäufe aus dem Ausland kompensieren könne und eventuell schon im Januar 2025 zu regional und zeitlich begrenzten Unterbrechungen der Stromversorgung greifen müsse.
Praktische Gadgets für den Stromausfall
1. Handkurbel-Laterne: In den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik Deutschland gab es noch häufiger mehrstündige Stromausfälle. Als ich Kind war, lagen in meiner Familie stets Kerzen, Streichhölzer, eine Batterietaschenlampe und Ersatzbatterien griffbereit, sodass man problemlos auch im Dunkeln danach greifen konnte. Da wir mit Kohle heizten, war ein möglicher Heizungsausfall kein Thema. Man brauchte nur die Taschenlampe, um aus dem Keller Kohlen zu holen.
Handkurbel-betriebene Geräte nutzen eine großartige Form der Kraftübertragung, die auch in Notfällen wertvolle Dienste leistet. Bei Handkurbeln wird ein Mechanismus in Gang gesetzt, der eine Drehbewegung in eine Lineare umwandelt oder umgekehrt.
Heutige Handkurbel-Gadgets haben den Vorteil, dass sie meistens auch über Solarenergie oder USB-Anschluss aufgeladen werden können und oft erstaunlich leistungsstark sind. Neben Laternen gibt es für Stromausfälle noch andere Notfallgeräte wie Kurbelradios, Kurbel-Powerbanks und sogar Handkurbel-Notstromgeneratoren…
2. Das Bundesamt für Katastrophenschutz empfiehlt, dass jeder Haushalt Lebensmittel und Getränke für mindestens 10 Tage als Vorrat bereithält. Sinnvoll ist es, wenn man diesen Lebensmittel-Vorrat in einer dicht verschlossene Box unterbringt und jedes Lebensmittel mit dem Ablaufdatum sichtbar kennzeichnet. In der Corona-Krise gab es einen deutlichen Zuwachs an Lebensmittelmotten-Plagen, da Notfall-Lebensmittel wie Mehl, Hülsenfrüchte, Nüsse, Kekse etc. für Motten leicht zugänglich waren.
Ein dicht verschlossener Kunststoff-Behälter, der vielleicht auch unter dem Bett gelagert werden kann, vermeidet solche Gefahren. Je nach Ablaufdatum können Lebensmittel schnell ausgetauscht werden – und die ablaufenden im täglichen Verbrauch verwendet werden. Da auch die Wasserversorgung von einem längeren Stromausfall betroffen sein könnte, ist es sinnvoll, pro Tag und Person zwei Liter Wasser zu bunkern: zum Trinken, Kochen, Waschen.
3. Powerbanks für Smartphones etc. sollten immer vorsorglich aufgeladen sein.
4. Ein Gaskocher mit Propangas kann bei längeren Stromausfällen zum Einsatz kommen, ebenso wie Toilettenbeutel, die man in die Toilette hängen kann, wenn die Wasserversorgung gestört ist.
Neben diesen Notfallmaßnahmen sollte man ausreichend Bargeld bereithalten für den Fall, dass die Bankautomaten nicht mehr funktionieren. Gut findbare Kerzen, Feuerzeuge, Streichhölzer und Ersatzbatterien gehören ebenfalls zu einer Notausrüstung. Fällt die Heizung aus und sind keine stromunabhängigen Wärmequellen vorhanden, helfen nur warme Kleidung und Decken.
Energiewende ist Zeitenwende
In Deutschland wird mit Zeitenwende umschrieben, dass wir entschlossen sind, die dauerhafte Versorgung mit Energien wie Strom und Wärme aus nachhaltig nutzbaren, regenerativen bzw. erneuerbaren Quellen zu beziehen – in möglichst kurzer Zeit. Energieträger wie Erdöl, Erdgas, Kohle und Kernenergie werden immer weiter abgebaut. Fehlende Energie wird in der Übergangszeit aus dem Ausland bezogen.
Bis 2050 soll der Primärenergieverbrauch aus dem Jahr 2008 halbiert werden. Die Energiewende erfordert eine Steigerung der Energieeffizienz, eine Senkung des Energieverbrauchs und den weiteren Ausbau erneuerbaren Energien. Leider hat Deutschland seine Vorreiterrolle in Europa verloren. Elf europäische Länder liegen bei der Energiewende vor dem einstigen Pionier Deutschland – Vorbilder sind vor allem Norwegen und Großbritannien.
Energiewende und die Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer veröffentlichte am 1. August das Energiewende-Barometer 2024. Mehr als 3.000 Unternehmen wurden wie jedes Jahr seit 2012 zur Energieversorgung befragt. Die Abwanderungstendenzen bei Industrieunternehmen verfestigen sich. Vier von zehn Industriebetrieben erwägen, ihre Produktion in Deutschland einzuschränken oder ins Ausland zu verlagern.
Je größer ein Unternehmen ist, desto häufiger werden diese Erwägungen konkret verfolgt. Je energieintensiver eine Produktion arbeitet, desto stärker sind neben der hohen Energiekosten die Sorgen in Bezug auf eine zuverlässige Energieversorgung.
Auch in der Gesellschaft steigt die Unzufriedenheit in Bezug auf die Energiewende. Das Wirtschaftsmagazin capital berichtet im März 2024, dass 60 bis 70 Prozent der Deutschen skeptisch in die Zukunft blicken. EON-Chef Leo Birnbaum sagt im Interview, dass in Deutschland die Energiewende besonders teuer, besonders bürokratisch und besonders umständlich umgesetzt wird.
„Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“ formulierte so schön der Dramatiker und Dichter Bertolt Brecht. Dieses Prinzip trifft auch auf die deutsche Bevölkerung zu. In Vertrauen und Geduld die Einschränkungen bei der Energiewende zu akzeptieren, erschöpft sich schon dann recht schnell, wenn dafür persönliche Opfer gebracht werden müssen wie beim Konsum von Flugreisen oder den hohen Preisen für Gas, Öl und Strom.
Wenn nun auch die Wirtschaft betroffen ist und die Arbeitsplatzsicherheit sinkt, wenden sich immer mehr Wählerinnen und Wähler Parteien zu, die versprechen, zurückzukehren zu fossilen Energieträgern und die den Bau von Atomkraftwerken propagieren.
Günstige und zuverlässige Energieversorgung ist für eine erfolgreiche soziale Marktwirtschaft unabdingbar, ebenso für Wohlstand und Sicherheit – in Zusammenhang mit großzügigen Sozialsystemen, einer sorgenfreien Altersversorgung und einem stabilen gesellschaftlichen Zusammenhalt.