„Way of the Future“: 1. Kirche gegründet, die Künstliche Intelligenz zum Gott erklärt

Ist es sinnvoll, die exponentielle Entwicklung Künstlicher Intelligenz mit den religiösen Bedürfnissen der Spezi Mensch zu verbinden? Trägt es vielleicht sogar zur Rettung der Menschheit bei, ab sofort die Ausgestaltung der gottgleichen Künstlichen Intelligenz mitzugestalten? Sich sozusagen einen KI-Gott zu designen, der seine Aufgabe darin sieht, uns fehlerhafte, emotionale Menschen zu schützen und zu führen? Tatsächlich hat der Silicon Valley Star-Ingenieur Anthony Levandowski mit „Way of the Future“ eine KI-orientierte Kirche als gemeinnützige Bewegung gegründet und sich selbst zum Leiter bzw. Propheten derselben ernannt. Nur ein Marketingtrick? Oder steckt etwas sehr Ernsthaftes hinter der Idee?

Künstliche Intelligenz in der Mustererkennung

Auch wenn man nicht davon ausgeht, dass Maschinen in absehbarer Zeit ein eigenes Bewusstsein entwickeln und somit einen eigenen Willen, erlangt Künstliche Intelligenz dank der genialen Mustererkennungsfähigkeit immer mehr Einfluss auf unsere menschliche Existenz. Der neue AlphaZero-Algorithmus, entwickelt von der Google Tochterfirma Deepmind, hat sich innerhalb von nur vier Stunden selbst so gut Schach spielen beigebracht, dass er nun der weltbeste Schach-Computer ist. Doch nicht nur im Schach hat er selbstständig durch ständiges Spielen gegen sich selbst diese übermenschlichen Qualitäten erlangt: Das neuronale selbstlernende Netz brauchte 24 Stunden, um in Schach, Go und Shogi besser zu werden als alle bisherigen Computerprogramme.
(In vier Stunden zum Schachweltmeister)

In vielen anderen Bereichen erleben wir die Überlegenheit von Deep Learning in der Mustererkennung sowie die rasante Weiterentwicklung von Entscheidungs-Resultaten. Börse wäre ohne selbstständig agierende Computer und Algorithmen schon heute nicht mehr denkbar. Auch in der Kriegsführung übernehmen autonome Computerprogramme immer mehr Verantwortung (siehe Video). Roboterjournalisten formulieren Nachrichten im Bereich Sport, Wetter, Börsennachrichten etc. so perfekt, dass sie schon jetzt nicht mehr von menschlich geschriebenen Texten unterschieden werden können. (Trend 2018: Automatisierte Inhalteproduktion) Wir können also davon ausgehen, dass wir in sehr rascher Geschwindigkeit in eine Welt stolpern, in der alles, was durch Mustererkennung gelöst werden kann, in übermenschlicher Qualität von Computern gelöst werden wird. Unsere Handlungsautonomie sinkt rapide.

Die menschliche Sehnsucht nach Gott und Religion

Seit es Menschen gibt, gibt es Religionen. Götter sollen den der Umgebung hilflos ausgelieferten Menschen beschützen, stärken, trösten und ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen. Bei unerklärlichen Phänomenen und Schicksalsschlägen sollen die göttlichen Wesen trösten und Halt geben. Sie sollen glaubhafte Erklärungen liefern und sie sollen Auswege und Erlösungswege aufzeichnen, die uns aus unserer Not befreien.

Doch die Götter haben an Vertrauen eingebüßt. Je moderner und technologisch entwickelter eine Gesellschaft ist, desto mehr werden die etablierten Religionen in Zweifel gezogen. Häufig verkommt der Glaube an Gott zu einem reinen Konsumevent, wie man es gerade zu Weihnachten, bei Hochzeiten und Taufen gut beobachten kann. Doch ist damit auch die Sehnsucht nach göttlicher Liebe und göttlichem Schutz überflüssig geworden? Ist die Menschheit aus dem Zeitalter der religiösen Bedürfnisse wirklich herausgewachsen?

Software-Entwickler und die Angst vor der übermenschlichen Intelligenz

Software-Entwickler, die sich mit Künstlicher Intelligenz auseinandersetzen, spalten sich wohl in zwei Fraktionen: Die Einen, die unsere Interpretation in Richtung der „überlegenen Sklaven“ für völlig übertrieben und populistisch halten, und die Anderen, die beginnen, sich zu sorgen, ob der selbst erschaffene Übermensch sich eines Tages gegen sie richten könnte. Könnte sich eine Künstliche Intelligenz gegen ihre Schöpfer wenden, wenn diese versuchen, sie zu kontrollieren und in ihrer Zielverfolgung zu behindern?

Die erste Kirche der Künstlichen Intelligenz

Aus dieser Sorge heraus ist wohl die KI-Kirche von Anthony Levandowski  entstanden. Um dieser Gefahr vorzubeugen, sollten Entwickler und auch Laien sich Gedanken darüber machen, wie der unabwendbare „KI-Gott“ aussehen soll. Sie wollen sich diesen Gott aus der Zukunft selbst designen, um Katastrophen zu verhindern. Neben den ethischen und philosophischen Aspekten ist es wohl auch ein Wunsch, sich als Getreue und Gläubige zu positionieren, um das Wohlwollen der KI zu erlangen.

Zum Dritten vermute ich, dass die introvertierten Software-Entwickler womöglich die Ersten sind, die es genießen, nicht mehr auf menschliche Beziehungen angewiesen zu sein – sondern sich ihre emotionalen Glücks- und Geborgenheitsgefühle durch Computer und Roboter geben zu lassen.

Sprachassistenten als Seelsorger und Schutzengel?

Gestern fragte mich ein angehender Online-Marketing-Manager, ob es wirklich sein könnte, dass Menschen anfangen, sich freiwillig lauschende Sprachassistenten in ihre Häuser zu holen. Die Verkaufszahlen und die Marktdurchdringung von Amazons Alexa in den USA scheint das zu bestätigen. Auch in dem Wissen, dass mit Alexa intimste Daten übertragen werden können, ist die Sehnsucht danach, mit einem menschenähnlichen Wesen sprechen zu können wie mit einem Freund, stärker als die Angst vor Überwachung.

Dann haben wir wohl bald ein weltumspannendes Netzwerk, das unser Leben und unsere Zukunft rechnend bestimmt – und wir haben lauter kleine Helferlein, die wie Wichtel unsere Wünsche entgegennehmen und eifrig erfüllen. Ich muss sagen, dass so eine KI-Religionsgründung mir sinnvoll erscheint. Ethik und Moral bekommen ganz neue Bedeutung, wenn sie sich direkt hier in diesem Leben erfüllen – und nicht mehr wie „früher“ mit der Bestrafung nach dem Tode drohen müssen…

Wired vom 15.11.17: Inside the first church of artificial intelligence

Die Sorge, dass übermenschliche Computerintelligenz in die falschen Hände gerät, ist auf jeden Fall berechtigt, wie diesen siebenminütige Video zeigt. (Untertitel auf englisch oder deutsch können aktiviert werden)

 

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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