Am Freitag war ich zu Besuch beim SAE Institute in Bochum: dort können junge Menschen eine fachspezifische Ausbildung in verschiedenen Medienbereichen absolvieren, SAE bietet Studiengänge in den Bereichen Audio Engineering, Digital Film & VFX, Webdesign & Development, Cross Media Production & Publishing, Game Art & 3D Animation sowie Game Programming an.
Ich selbst werde dort ab September 2012 im Bachelor Level Marketing unterrichten und will die engagierten Studenten dabei unterstützen, sich auf dem kreativen Markt erfolgreich zu positionieren. Ich bin überzeugt davon, dass wir mit dem Web 2.0 Zeitalter auch in ein Zeitalter der Kreativen und Künstler hineinwachsen – und deshalb reizt mich diese Herausforderung sehr.
Am Freitag war der bekannte Fotograf Wolfgang Bellwinkel zu Gast bei SAE in Bochum. Er stellte sein neustes Buchprojekt vor, ein Buch, in dem sich Werke aus 15 Jahren Bildjournalismus und zeitgenössischer Fotografie vereinen. Wolfgang Bellwinkel reist seit vielen Jahren durch Asien, lebt und arbeitet vorwiegend in Bangkok und Berlin. Sein Blick ist distanziert – und im selben Moment emphatisch. So strahlen seine Werke gleichzeitig Objektivität und Beteiligung aus, sie sind glaubwürdig und lassen den Betrachter frei, selbst Stellung zu beziehen.
Wolfgang Bellwinkel sprach vor den SAE-Studenten über die Möglichkeit, als Bildjournalist und zeitgenössischer Fotograf beruflich zu existieren. Er ist sehr skeptisch, was das Berufsbild „Bildjournalist“ betrifft, denn durch die Digitalisierung werden Fotos zu einem selbstverständlichen Begleiter der Massen. Zeitschriften wie der STERN werden immer dünner, da die Menschen im Web genügend Informationen und Bildmaterial kostenlos erhalten.
Bildjournalisten müssen mit Laienfotos aus Mobiltelefonen konkurrieren, welche schon ganz gute Qualität bieten und genau
dann aufgenommen werden, wenn das Ereignis passiert. So war sämtliches Bild- und Videomaterial vom Tsunami in Japan aus Laienhand, Bildjournalisten waren erst vor Ort, als die Flutwelle vorbei war.
Was also bleibt? Warum sollen junge Menschen Geld und Zeit investieren, um digitalen Film, Audio und Fotografie zu studieren? Weil Kunst die Wirklichkeit interpretiert, und weil wir diese Interpretationen brauchen, um die Wahrheit hinter den Erscheinungen zu begreifen. Kunst erlebt einen tiefgreifenden Wandel, und gerade jetzt ist es wunderbar, diesen Wandel mit zu begleiten.
Bisher war Kunst vor allem ein Privileg der oberen Klassen, die sich einen Mozart zur Unterhaltung und Zerstreuung „hielten“, die darüber entscheiden, ob ein Filmprojekt gefördert wird, ein Theaterstück aufgeführt oder eine Ausstellung stattfinden kann. Künstler sind seit Ewigkeiten darauf angewiesen, Politik, etablierte Medien und Wirtschaftskräfte von sich zu überzeugen, denn da steckt das Geld, da stecken die einflussreichen Netzwerke.
Es ist ein schwerer und steiniger Weg für die Künstler von morgen. Kunst ist „Luxus“, man kann auch ohne die Interpretationen der Wirklichkeit auskommen. So wie man auch ohne Bücher leben kann, ohne Statussymbole, ohne Medien und ohne Bildung. Meiner Meinung nach hängt der Erfolg der Künstler von morgen davon ab, welches Menschenbild sie vertreten und wem sie sich verpflichtet fühlen.
Ein Fotograf wie Wolfgang Bellwinkel hat Respekt vor jedem Menschen, ob es eine ungebildete Prostituierte in Indonesien ist oder ein intellektueller Architekt in Berlin. Er ist in der Lage, seine Kunst den Menschen und ihren Sehnsüchten zu widmen – ohne Ansehen der Person.
Was nun noch von den Kreativen im digitalen Zeitalter eingeübt werden muss, ist die Kunst der Selbstvermarktung, die Kunst, sich viral über Twitter, Facebook, Blog und Sharing Sites zu verbreiten, sich zu vernetzen und mit anderen Künstlern und Bloggern nachhaltig zu kooperieren. Was gelernt werden muss, ist die Phantasie, Kunst alternativ von etablierten Strukturen wie Ausstellungen, Stiftungen und Wettbewerben zu vermarkten, die Menschen direkt zu erreichen und direkt zu verkaufen.
Das SAE Institute in Bochum ist sehr jung, hat erst im November vergangenen Jahres als Standort Nummer 8 in Deutschland gestartet. Diese ersten Studenten, die nun das SAE-eigene Diploma, einen Bachelor- und in naher Zukunft auch Masterabschlüsse in Bochum erwerben werden, formen den Charakter des Hauses mit, können auf frischem Grund experimentieren, kreieren, gestalten. Die Studenten können die ganze Welt kennen lernen, können in vielen Bereichen und Medienunternehmen arbeiten und lernen. Im Verbund mit 54 SAE Instituten auf der ganzen Welt ist SAE das Stück eines großen Ganzen – von Europa aus über Australien, Amerika und Afrika bis Asien.
Das SAE Insitute in Bochum bietet übrigens häufig kostenlose Workshops an, um in die verschiedenen Facetten der Mediengestaltung hineinzuschnuppern. Gäste sind herzlich willkommen.
Website: Das SAE-Insitute in Bochum
Die Praxis-Workshops: bochum.sae.edu-Praxisworkshops
Website des Fotografen Wolfgang Bellwinkel:www.wolfgang-bellwinkel.de/