Wir haben in den vergangenen sechs Teilen dieses kleinen Lehrgangs erarbeiten können, wie wir unsere Ziele definieren, den Markt analysieren, unser „Alleinstellungsmerkmal“ identifizieren und die entsprechenden Zielgruppen fokussieren. Nun endlich sind wir in der Lage, die passgenaue Strategie zu erarbeiten. Das heißt, wir legen uns auf ein Branding fest, auf einen „Schlachtplan“, auf eine grundlegende Taktik, mit der wir unsere Kunden gewinnen und binden. Wir man das macht, folgt nun im siebten Teil der kleinen Serie.
Warum eine Strategie so entscheidend ist? Ein Erfolgs-Beispiel
Es gab einmal eine Seifenmarke, die verschwand unter vielen anderen Seifenmarken im großen Portfolio eines weltumspannenden Konzern. Sie war nichts Besonderes, weiß-lastiges Label, kurzer Name, preislich im Mittelfeld, sozusagen ein Produkt im Mittelfeld der produktüberfrachteten Körperpflegeprodukte. Es wurde ernsthaft überlegt, die Marke komplett vom Markt zu nehmen – ein klassischer „Poor dog“ im Marketing-Mix.
Doch 2004 entwickelten die Marketingverantwortlichen dieser unscheinbaren Marke eine ganz neue Strategie: Schluss mit dem überlieferten Schönheitsideal! Schluss mit der Verherrlichung von jungen, schlanken, modelmäßigen Frauen! Schluss mit der Versklavung der Frauen unter ein Schönheitsdiktat, das im schlimmsten Fall zu Magersucht und Depressionen führt!
Wissen Sie schon, von wem ich spreche? Es ist die Seifenmarke Dove, die konsequent bis heute diese Strategie fährt, die Aufklärung in Schulen betreibt bei jungen Mädchen, die immer wieder großes mediales Aufsehen erregt mit neuen Werbekampagnen rund um diese Botschaft und Positionierung. Aus dem „Poor dog“ ist längst ein Schlachtschiff des Konzerns Unilever geworden, das nicht nur zu Umsatz und Gewinn beiträgt – sondern auch unschätzbaren Wert für das Image des Konzerns hat mit einer sympathischen, wertebasierten Marketingstrategie, die manchmal auch zu Tränen rührt (siehe Video von 2013).
SPIEGEL-online von September 2005 zu Dove
Aus der oben formulierten Strategie ergeben sich Unmengen an Möglichkeiten, Kampagnen zu kreieren, offline mit online zu verbinden, nachhaltige und kurzfristige Maßnahmen miteinander sinnvoll aufeinander abzustimmen. Die Strategie ist der rote Faden, der alle weiteren Aktionen durchdringt. Würde Dove plötzlich eine einzige Kampagne starten, die testosterongeleitete Männer anspricht mit sexy Frauen – es wäre zerstört und der Imageschaden womöglich nicht mehr reparierbar. Merke: Je besser eine Marketingstrategie ankommt, desto größer ist die Verpflichtung, ihr treu zu bleiben.
Was ist der Unterschied zwischen Strategie und Maßnahmenplan?

Unternehmer sind Menschen, die ein eigenes „Königreich“ bauen – dafür braucht man Vision und Strategie
Die Strategie ist die grundsätzliche Stoßrichtung im Marketing. Ikea fährt die Strategie, locker und modern junge Familien und Junggebliebende anzusprechen, die leben, genießen und feiern wollen und sich nicht ihren Möbeln „unterordnen“. Wer Ikea kauft, zeigt eine Werteorientierung, die gut zu unserer heutigen Gesellschaft passt und viele Menschen erreicht: Möbel sind zum Wohlfühlen da, und nicht, um Status zu repräsentieren.
Die Strategie ergibt sich zwangsläufig aus den Produkten, der Positionierung und der Zielgruppe. Man kann sie wie die Lösung zu einem Rätsel beschreiben. Was für das eine Unternehmen gut ist, ist für das andere noch lange nicht passend, und es gibt kein Rezept mit Allgemeingültigkeit. Leidenschaft, Identifikation, Unternehmenskultur und unternehmerische Visionen durchdringen die Strategie. Authentizität ist wichtig, damit eine Marketingstrategie mit Wiedererkennungswert und Begeisterungsfaktor die Menschen anzieht.
Bei dem Drogerie-Riesen dm erleben wir zurzeit, dass die Strategie heftige Risse zeigt und sich ein Imageschaden entwickelt. Die bewährte Strategie, ökologisch, sozial und nachhaltig orientierte Kunden und Mitarbeiter der Welt zu präsentieren, funktioniert nicht mehr, wenn die Geschäftsführung wechselt und die neuen Entscheider die alten Werte anscheinend nicht mehr authentisch vertreten. Merke: Je werteorientierter eine Marketingstrategie ausgerichtete ist, desto weniger werden moralische Fehltritte verziehen
Focus im Januar 2016: „dm endet bald wie Schlecker“
Der Maßnahmenplan ist der Strategie untergeordnet. Ob ich jetzt Kinderspielecken im Drogeriemarkt einrichte, das Angebot von Bio-Lebensmitteln erweitere, keine Plastiktüten mehr abgebe oder die Auszubildenden Theater spielen lasse – all das funktioniert nur dann, wenn die Strategie eindeutig, göaubwürdig und „anziehend“ ist. Wenn nicht, können gut gemeinte Maßnahmen und Kampagnen sogar nach hinten losgehen – ohne Vertrauen ist nicht gut leben am Markt. Dann bleibt nur aggressiver Preiskampf als Alternative.
Anleitung zur eigenen Marketingstrategie
- Schritt 1: Werte, Visionen, Unternehmenskultur definieren
- Schritt 2: Ziele, Ansprechpartner, Kunden, Lieferanten und Unterstützer kennen
- Schritt 3: Ressourcen, Zeitmanagement, Verantwortlichkeiten festlegen
- Schritt 4: Alle Beteiligten akzeptieren den „Vorschriftscharakter“ der Strategie
- Schritt 5: Versprechen – Beweis – Tonalität: Wie treten wir nach außen auf?
- Schritt 6: Strategie schriftlich festsetzen und kommunizieren
- Schritt 7: Alle Maßnahmen an dieser festgesetzten Strategie laufend überprüfen
Formulieren Sie für sich Ihren persönlichen Wertekodex. Für welche Werte steht Ihre Marke – Ihr Unternehmen? Wie wollen Sie von außen wahrgenommen werden? Als „Freund und Kumpel“? Als „nicht anzweifelbare Autorität“? Als „augenzwinkernder Revolutionär“? Oder als standhafter Vertreter von Werten wie Zuverlässigkeit, Verlässlichkeit, Seriosität und Tradition?
Die Strategie erfordert Ressourcen: Zeit, Einsatz, Kreativität, Lernbereitschaft und Geld. Definieren Sie, was Sie bereit sind, für die Strategie einzusetzen – und wer im Unternehmen welche Verantwortung tragen kann und soll. Ohne diese Budgetierung lohnt es sich nicht, Strategien auszuarbeiten. Denn wer nicht bereit ist, für Marketing Prioritäten einzuräumen, der wird auch keine Erfolge haben. Der ist besser beraten, sich Kampagnen von Agenturen entwickeln zu lassen und „es“ den Profis zu überlassen. Dann gibt es eben keine Marketingstrategie – dann gibt es Werbestrategien und gut.
Eine nachhaltig, langfristig ausgerichtete Marketingstrategie hat Vorschriftcharakter. Jeder im Unternehmen muss bereit sein, sich dieser Strategie unterzuordnen und sich damit zu identifizieren – vom Chef bis zum Auszubildenden. Jeder Widerspruch verwirrt und kann Schaden zufügen. Wenn die Textilmarke Eddi Bauer die Marketingstrategie (und Unternehmensvision) vertritt, Leben und Gesundheit zu schützen durch hochwertige Outdoor-Freizeitkleidung, muss die Produktentwicklung das innerlich vertreten.
Im nächsten Teil der Serie widmen wir uns nun den Maßnahmen, die sich der grundlegenden Strategie unterordnen – nun wird es operativ, taktisch, konkret und messbar.
- Marketingstrategien Teil 1: Unterschied zwischen Marketing und Vertrieb
- Marketingstrategien Teil 2: Der Entschluss – was ist überhaupt machbar
- Marketingstrategien Teil 3: Die Markt- und Wettbewerbsanalyse
- Marketingstrategien Teil 4: IST-Situation mit der Stärken-Schwächen-Analyse
- Marketingstrategien Teil 5: Das Alleinstellungsmerkmal – Unique Selling Proposition
- Marketingstrategien Teil 6: Die Zielgruppenanalyse
- Marketingstrategien Teil 7: Die eigentliche Strategie
- Marketingstrategien Teil 8: Das operative Umsetzen – der Maßnahmenplan
- Marketingstrategien Teil 9: Abschluss oder: Schön, dass wir darüber gesprochen haben 😉
Eva Ihnenfeldt
Marketing und Social Media
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Es ist eine gute Anleitung zur eigenen Marketingstrategie.
Danke schön! Das tut voll gut, das zu lesen 🙂
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