Als in den fünfziger und sechziger Jahren die Bilder im heimischen Wohnzimmer laufen lernten, war Werbung eine Sensation. Man freute ich auf die Spots wie Kinder auf die „Sendung mit der Maus“ und lernte die Slogans auswendig. Mit dem Privatfernsehen wurde Werbung dann zum Störfaktor – ältere Menschen weigern sich bis heute manchmal, private Sender zu schauen, weil sie die Werbeunterbrechungen nicht akzeptieren. Die Anderen freuen sich, weil sie so Pausen gewinnen, in denen sie kurz andere Dinge verrichten können – oder sie schalten solange um. Dann kam das Internet mit den sozialen Netzwerken und den Streaming-Portalen. Der Konsument wird zum Gestalter, betreibt digitale Beziehungspflege und kann wählen, mit welchen Marken er in Kontakt kommt. Er ist kein passives „Opfer“ mehr – er wird zum potentiellen Geschäftspartner und erwartet Kommunikation auf Augenhöhe!
Noch haben die allermeisten Unternehmen nicht begriffen, wie entscheidend dieser Unterschied zu früher ist. Ganz klar, Ziel von Anbietern ist es wie eh und je, ihre Produkte und Dienstleistungen erfolgreich zu vermarkten. Das ist ihr Job und das ist auch richtig so. Ob Business to Business, NGO, Behörde, Partei, Verband, Verein oder Business to Consumer – alle Organisationen mit einem definierten Auftrag betreiben in gewisser Weise „Werbung“ – selbst wenn sie über kein definiertes Werbebudget verfügen.
Die allermeisten Geschäfte werden über Beziehungen geschlossen, auch heute noch. Kaltakquise und die Kunst, wildfremde Menschen zu überzeugen, ist in den meisten Branchen sehr mühsam. Wendet man sich an Privatverbraucher, laufen diese Geschäfte meist über den Handel, weil der Aufwand zur Kundengewinnung für den Hersteller viel zu hoch wäre. Nur wenige Unternehmen wie Vorwerk trauen sich das seit Jahrzehnten erfolgreich zu und setzen immer wieder innovative Maßstäbe in dieser Kunst.
Vom Konsumenten zum Prosumenten
Durch das Web 2.0 und den Einfluss der sozialen Netzwerke erkannten immer mehr kluge Anbieter ihre Chance, private Kunden in ihre Kommunikationspolitik einzubinden. Das geschah zunächst vor Allem über Spaß und Unterhaltung: Gewinnspiele, Umfragen, Challenges, Rätsel, Storytelling und emotionale Inhalte bei YouTube und Co – unter den Anbietern brach regelrecht ein Wettbewerb aus nach dem Motto: Wer bekommt die meisten Interaktionen für seinen Content und seine einzigartig genialen Ideen?
Ab 2010 entstanden tolle Social Media Strategien, von denen viele heute noch legendär sind. Die Konsumenten waren begeistert davon, sich an Ideenwettbewerben beteiligen zu können und ihre Kreativität bei Marken ausleben zu können. Dann wurde auch dieser Trend inflationär. Gleichzeitig wurde soziale Netzwerke wie Facebook zu Werbe-Plattformen – die Unschuld der „Augenhöhe-Begegnung“ war bald verflogen. Die neuen Konsumenten, die heute selbst Inhalte produzieren und sich untereinander vernetzen, verlieren zunehmend an Begeisterung für unterhaltsamen Content. An allen möglichen digitalen Orten wird gespielt und verführt – da lernt man wieder, sich zu entziehen wie früher bei den Werbeeinblendungen im TV.
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