Das Handelsblatt hat, wie jedes Jahr, Top-Wirtschaftskanzleien von Rechtsanwälten befragt. Der Trend, der sich im Vergleich zu den letzten Jahren ausmacht, ist jedoch auch für untere Ebenen interessant: höhere Stundensätze, weniger Aufträge, steigende Akzeptanz von erfolgsabhängiger Honorierung
50 Kanzleien wurden befragt, die Auswahl bildete das Ranking aus dem Juve-Handbuch Wirtschaftskanzleien 2008/ 2009. Von den 50 Wirtschaftskanzleien gaben 40 bereitwillig Auskunft.
Die Stundensätze der Top-Kanzleien steigen: im Durchschnitt berechnen Partner 428 Euro Honorar, Angestellte sind für 288 Euro zu buchen. Im Vergleich dazu lagen vor zwei Jahren die Stundensätze noch bei 384 Euro/ 256 Euro.
Am teuersten ist im internationalen Vergleich eine amerikanische Kanzlei mit 750 Euro pro Stunde, gefolgt von einer angelsächsischen Kanzlei mit 715 Euro. Die teuerste deutsche Wirtschafts-Kanzlei berechnet Stunden-Honorare von 700 Euro.
Jede zweite der befragten deutschen Kanzleien erwartet für das laufende Jahr stagnierende bis rückläufige Umsätze. Die Erhöhung der Honorare ist also nicht auf eine gute Auftragslage zurückzuführen.
Fast jede zweite Kanzlei berichtete, dass die Mandanten Rabatte verhandeln wollen oder anders die Preise drücken. Mehr als jede zweite Sozietät akzeptiert diese Versuche.
Dass die Stundensätze steigen, ist wohl vor allem darauf zurückzuführen, dass die Bedeutung von Rechtsanwälten in Unternehmen steigt. Der klassische Konflikt zwischen Beratern und Rechtsanwälten verschiebt sich hin zu den Anwälten. In vielen Unternehmen agieren Unternehmensjuristen heute schon als Filter der Geschäftsleitung. Die Anwälte vergeben selbständig Aufträge an Berater und lösen zunehmend Themen ohne externe Unterstützung.
70 Prozent der Kanzleien gaben an, Erfolgshonorare zu akzeptieren. Auch diese Verschiebung wird wohl mit der Honorarerhöhung Hand in Hand gehen. Vor vier Jahren war noch nicht einmal jede dritte Sozietät bereit, auf dieser Basis zu arbeiten.
Nur fünf Prozent der Wirtschaftskanzleien mussten sich im vorigen Jahr von einem Partner trennen. Bei 80 Prozent der befragten Kanzleien hat sich der Anteil der Partner sogar erhöht. Jede vierte Top-Kanzlei will den Bereich des Insolvenzrechts ausbauen.
Ebenfalls gefragt ist der Zuwachs an weiblichen Anwälten. Mehr als die Hälfte der Top-50-Sozietäten hat zwischenzeitlich einen Frauenanteil von mindestens 10 Prozent. Doch nur eine einzige Kanzlei kommt auf einen Anteil von über 20 Prozent in der oberen Ebene der Kanzlei-Hierarchie, bei der er immer nur zwei Ebenen gibt: Partner und sozialversicherungspflichtige Angestellte.