Die EU-Kommission arbeitet an einem sogenannten „28. Regime“ für Unternehmen. Hinter der technisch klingenden Idee steckt eine politische Weichenstellung mit enormer Sprengkraft: Künftig könnten Firmen selbst wählen, ob sie dem nationalen Recht oder einem neuen europäischen Unternehmensstatut unterliegen. Für Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Bürger in Deutschland wäre das mehr als eine juristische Formalität – es wäre ein direkter Eingriff in soziale und demokratische Grundprinzipien.
Umgehung von Arbeitnehmerrechten
Deutschland hat sich über Jahrzehnte starke Schutzrechte erarbeitet: Mitbestimmung, Tarifbindung, Kündigungsschutz, Betriebsräte. Wenn Unternehmen künftig einfach in ein EU-Regime wechseln können, das weniger strenge Vorgaben enthält, entsteht ein Wettlauf nach unten. Firmen könnten dort ansetzen, wo Löhne gedrückt oder gewerkschaftliche Strukturen geschwächt werden. Statt fairer Wettbewerbsbedingungen würde ein Flickenteppich aus Rechts- und Ausweichmöglichkeiten entstehen.
Entmachtung nationaler Kontrolle
Hinzu kommt die Gefahr demokratischer Entkopplung. Nationale Parlamente und Sozialpartner hätten kaum Einfluss auf ein EU-Unternehmensrecht, das zentral in Brüssel gestaltet wird. Entscheidungen über Arbeitnehmerrechte, Haftung oder Transparenz lägen dann in bürokratischen EU-Gremien – fernab öffentlicher Kontrolle und nationaler Verantwortung.
Zwischen Wettbewerbsfantasie und Realität
Was als Modernisierung verkauft wird, könnte die soziale Balance kippen: ein kapitalfreundliches Parallelrecht ohne klaren Rückhalt in der Bevölkerung. Statt europäische Einheit zu fördern, riskierte die EU, soziale Standards zu untergraben und Vertrauen weiter zu verspielen. Für Deutschland, das auf starke Mitbestimmung und Rechtsstaatlichkeit baut, wäre das 28. Regime kein Fortschritt – sondern ein gefährlicher Rückschritt.
it-boltwise.de vom 28.10.2025 – EU plant offenes Gesellschaftsrecht für alle Unternehmen




