Social Bots: Demokratie und Politik vor dem Horizont der digitalen Transformation

Gastbeitrag von Dr. phil. Johannes Lierfeld, Köln: Der wachsende Einfluss von sogenannten „Social Bots“ ist ein sensibles und mittlerweile lebhafter diskutiertes Thema an der Schnittstelle von Demokratie, Politik und Digitalisierung und wirft fundamentale ethische Fragen auf. „Social Bots“ sind Programme, die im Internet Meinungen und Einflussnahmen veröffentlichen und dabei für die menschlichen Nutzer nicht von ihresgleichen zu unterscheiden sind. Der Turing-Test wird von „Social Bots“ routinemäßig bestanden, da niemand mehr sicher zwischen von Menschenhand erstellten oder maschinell generierten Posts unterscheiden kann. Im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2017 wurden ca. 11 Prozent der Postings, die auf die Hashtags #merkel oder #schulz rekurrierten, von „Social Bots“ veröffentlicht.

In anderen Zusammenhängen wird der Anteil der von „Social Bots“ produzierten Inhalte auf rund 50 Prozent geschätzt. Damit kommt diesen Programmen die Rolle und Funktion des „arkanen Influencers“ zu. Und die von ihnen ausgeübte Einflussnahme wird tendenziell eher steigen: die ersten Firmen haben bereits eine künstliche Intelligenz im Vorstand, die Vetorecht hat und bei keiner operativen Entscheidung übergangen werden darf, und angesichts der engen Verwebung von Wirtschaft und Politik ist es nur eine Frage der Zeit, wann auch die ersten Politiker von maschinellen Intelligenzen beraten werden.

Doch dies wird erst der Anfang sein. Die „brute strength“, also die schiere Rechnerleistung kommender Supercomputer wird in Kombination mit immer ausgefeilteren und umfassenderen Methoden der Datenanalyse ermöglichen, individuell auf Einzelpersonen maßgeschneiderte Wahlprogramme zu erstellen. Damit könnte buchstäblich jeder Wähler einzeln angesprochen werden. KI-basierte „Politiker“ könnten Millionen und Abermillionen Biographien kennen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse nutzen, um den Wähler zur gewünschten Wahlentscheidung zu manipulieren. Die Ironie daran ist kaum übersehbar: Damit wäre der historisch einzigartige Zustand erreicht, dass ein Politiker sich tatsächlich für all seine Wähler interessiert, ihre Bedürfnisse und Wünsche wahrnimmt und darauf reagiert.

Was bedeutet all das für unsere Demokratie, die vielfach bedrohte Freiheit unserer Willens- und Entscheidungsprozesse sowie generell die Politik der Zukunft?

Yvonne Hofstetter hat mit ihrem aufsehenerregenden Sachbuch „Das Ende der Demokratie: Wie die künstliche Intelligenz die Politik übernimmt und uns entmündigt“ den Status quo um die entscheidenden Schritte weitergedacht und warnt in dystopischen Szenarien vor einer Entkernung der Politik als genuin menschliche Kulturtechnik. In der nächsten Ausgabe wird ein Interview mit Yvonne Hofstetter dieses neue Spannungsfeld ausloten.

Weitere Gastbeiträge von Dr. Johannes Lierfeld in den SteadyNews:

Kontaktdaten:
Dr. Johannes Lierfeld
E-Mail: [email protected]

Dr. Johannes Lierfeld bei LinkedIn

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert