Unberechtigte Inkasso-Forderung vom OTTO-Versand: Bei Warenbetrug auf jeden Fall Anwalt einschalten

Teil 2: Wie eine zweite „Eva-Maria Ihnenfeldt“ sich in meinem Namen bei OTTO Waren zusenden ließ, diese natürlich nicht bezahlte und wie ich dann plötzlich von der  OTTO Tochtergesellschaft EOS Holding GmbH eine Zahlungsforderung erhielt. Wie ich erfuhr, dass es mir nicht unbedingt etwas nutzt, nie etwas bestellt zu haben – und warum ich auf jeden Fall einen Anwalt einschalten muss, da mit EOS nicht zu spaßen ist. Wie mir bewusst wurde, dass „unschuldig sein“ kein Maßstab ist und dass der einzelne Bürger rasch in Gefahr gerät, wenn er ungeschützt mit den großen Playern im Handel zu tun bekommt. Und was ich ansonsten bisher gelernt habe…

Worum es geht – wie alles begann

social-media-1679276_640Vor einer Woche erhielt ich eine Zahlungsaufforderung des OTTO-eigenen Inkassounternehmens, der EOS Holding GmbH. Ich hätte Waren im Wert von 300 Euro bestellt und die Rechnung nicht bezahlt. Direkt am nächsten Werktag rief ich bei EOS in Hamburg an, um den Sachverhalt zu klären. Die Mitarbeiterin erklärte mir, eine „Eva-Maria Ihnenfeldt“ hätte unter der Adresse Ruhrh… x in Witten im September 2016 Waren von OTTO liefern lassen und anschließend nicht die Rechnung bezahlt.

Deshalb klänge es glaubwürdig, wenn ich behaupte, niemals Kunde bei OTTO gewesen zu sein. Sie hätten schon bemerkt, dass ich ja ganz woanders wohne und gemeldet bin. „OK“, meinte ich „ist dann damit der Fall erledigt?“ Nein, ich müsse bei der Polizei als Geschädigte Anzeige erstatten und diese Anzeige an das Inkassobüro weiterleiten. Die Polizei müsste dann Ermittlungen aufnehmen, um mich zu entlasten.

Eine weitere Woche dauert es, bis ich endlich die Hauptforderung erhielt und Anzeige bei der Polizei erstatten konnte. Es folgt nun also die zweite Etappe in einem Krimi, den man sich sicher gern ersparen würde.
Teil 1 des Falls hier in den SteadyNews

Strafanzeige bei der Polizei – wegen „Identitätsdiebstahl“?

Soeben war ich bei der Polizei, um Strafanzeige zu erstatten. Als der Polizist fragte, um welches Delikt es sind handle, meinte ich „Vielleicht Identitiätsdiebstahl?“ Später erfuhr ich, dass es diesen Begriff nur umgangssprachlich gibt. In meinem Fall handelt es sich um „Warenbetrug“. Geschädigte sind zunächst ich – und zum Zweiten der OTTO-Versand.

Nachdem die Anzeige aufgenommen wurde (was immer sehr viel Aufwand ist und etwa eine Stunde dauert), geht die Strafanzeige zur Kripo. Diese wird dann ermitteln und erfragen, ob das Inkasso-Unternehmen überhaupt berechtigt war, meine Meldeadresse beim Einwohnermeldeamt zu erfragen. Außerdem wird versucht, zu ermitteln, wer unter der Adresse Ruhrh… x den Warenbetrug begangen hat. Und es wird ermittelt, ob der Hermes-Bote rechtmäßig die Ware ausgeliefert hat.

Das alles wird länger dauern, da es noch viele andere Fälle gibt. Bei solch kleinen Delikten besteht kein Interesse der Öffentlichkeit – ohne den Auftrag des Geschädigten (also mir als Strafanzeigen-Steller) würde es keine Ermittlungen geben. Der Polizist war sich auch nicht sicher, ob ich wirklich gezwungen war, Strafanzeige zu stellen, wie das Inkasso-Unternehmen am Telefon behauptet hatte. Er meint, diese Fälle von Warenraub kommen häufiger vor. Wie weit da meine Mitwirkungspflicht reicht, da gibt es wohl verschiedene Rechtsauffassungen.

Die Polizei hat schon einige Erfahrungen mit dem Inkasso-Unternehmen gemacht und aus diesen Erfahrungen heraus riet mir der Beamte dringend, meinen Anwalt einzuschalten. Er würde bezweifeln, dass meine Strafanzeige ausreicht, um die Forderung des Inkasso-Unternehmens abzuwenden. Ich sollte in jedem Fall unverzüglich per Einschreiben mit Rückschein Widerspruch einlegen und die Anzeigen-Bestätigung der Polizei hinzufügen. Alternativ könnte ich den Widerspruch auch per FAX senden – mit Sendebestätigung.

Er riet mir, mich darauf gefasst zu machen, dass trotz der falschen Adresse und der Strafanzeige weiterhin Druck auf mich ausgeübt wird, die Forderung zu begleichen. Stellt sich später heraus, dass die Forderung tatsächlich unberechtigt ist, können die Anwaltskosten dem Inkasso-Unternehmen bzw. OTTO gegenüber geltend gemacht werden. Abschließend warnte er eindringlich davor, dass Menschen bei Facebook, Xing oder anderen Plattformen ihre Geburtsdaten preisgeben. Tatsächlich ist das Geburtsdatum bei vielen Händlern ausreichend, um Bestellungen auf Rechnung auszuführen.

Übrigens war die Hauptforderung, die ich vom OTTO-Inkassounternehmen angefordert hatte, in einem blauen Umschlag gesendet worden. Allein das weist schon darauf hin, dass es dem Unternehmen um Einschüchterung geht und nicht um die Aufklärung der Sachverhalte. Ich vermute, nun wird sicher eine Odyssee auf mich zukommen, mit weiteren „blauen Briefen“, Anrufen, Drohungen etc. Ohne Rechts-Beistand lässt sich das wohl kaum bewältigen. Schließlich steht auch meine Bonität auf dem Spiel – ich habe keine Lust, einen Schufa-Eintrag zu bekommen. Meine Reputation ist mit heilig.

Ich hoffe, meine Gelassenheit geht mir nicht verloren auf diesem Weg. Schade, dass der Staat uns Bürger nicht vor solchen unseriösen Geschäftspraktiken schützt. Und dass die Polizei sich mit solchen vermeidbaren Delikten beschäftigen muss, ärgert mich auch. Was können die Polizisten und ich dafür, dass die Händler ohne Überprüfung der Kunden Waren auf Rechnung senden?

Bildquelle: pixabay_Alexas_Fotos

 

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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12 thoughts on “Unberechtigte Inkasso-Forderung vom OTTO-Versand: Bei Warenbetrug auf jeden Fall Anwalt einschalten

  • Reply Cornelia Diedrichs 22. Januar 2017 at 18:30

    Mhhh also mir ist es mittlerweile schon dreimal passiert, mit unterschiedlichen Anbietern. Ich erstattete Anzeige, informierte die Unternehmen und damit war es erledigt.

    • Reply Eva Ihnenfeldt 30. Januar 2017 at 16:41

      Echt? Danke liebe Conny, dann will ich mal hoffen, dass das wirklich so gimpflich verläuft. Bisher hat sich die OTTO-Tochter noch nicht auf meine Anzeige, die ich zugesandt habe, gemeldet. Aber ich hoffe inständig, dass Du recht hast

  • Reply Rainer 10. Mai 2017 at 15:32

    Der Geschädigte ist der Otto-Versand, da dieser Opfer von Warenbetrug geworden ist. Zwischen Ihnen und Otto besteht kein Vertrag. (Sie müssen nicht beweisen das sie KEIN Vertrag zustande gekommen ist). Insofern reicht es vollkommen aus dem Geschädigten (also dem Otto-Versand) mitzuteilen dass keine Bestellung getätigt wurde und somit auch kein Vertrag zustande gekommen ist, eine Zusendung bzw. Anforderung einer Forderungs-Aufstellung ist somit obsolet und könnte unter Umständen sogar nachteilig sein. Es ist aber dennoch sinnvoll wenn Sie zusätzlich eine Anzeige erstatten, einerseits zu statistischen Zwecken, andererseits z.B. zur Vorlage bei der Schufa, um Ihre Daten mit einem entsprechenden Hinweis zu versehen. (Schufa FraudPool), da hierfür das Einreichen einer Strafanzeige verlangt wird. So oder so wird aber wegen Warenbetrug zum Nachteil von Otto ermittelt. (Private Meinung, keine Rechtsberatung).

  • Reply Identitätsdiebstahl: In den USA schon häufiger als Drogenhandel - Steadynews - Onlinemagazin für Unternehmen im digitalen Wandel 19. Oktober 2019 at 20:42

    […] des Versandhändlers OTTO erhielt. Nur eine Strafanzeige bei der Polizei schützte mich davor, der ungerechtfertigten Forderung vom OTTO-Versand  zu entkommen. Entschuldigt hat sich der Versandhändler übrigens […]

  • Reply Hauke 15. November 2021 at 16:54

    Hallo,
    ich weiss, es ist ein uralter Beitrag, aber … was kam denn schlussendlich nun heraus? Ich bin neugierig weil mir gerade etwas sehr ähnliches passiert.

    • Reply Eva Ihnenfeldt 15. November 2021 at 18:58

      Hi Hauke! Das tut mir leid, dass Dir gerade etwas Ähnliches passiert. Also ausgegangen ist es so, dass OTTO (natürlich ohne sich zu entschuldigen) die weitere Verfolgung unterlassen hat. Ein Jahr später habe ich eine Schufa-Selbstauskunft eingeholt – meine Bonität ist hervorragend, es ist also nichts Schlimmes passiert. Polizei und Staatsanwalt konnten natürlich auch nichts erreichen und die Ermittlungen wurden eingestellt. Das war alles…

  • Reply Anonymous 18. November 2021 at 00:44

    Auch ich bin gerade davon betroffen, scheint bei Otto.de gerade wieder ne Welle zu geben. Hab nur davon erfahren, da der Paketbote wohl abweichend von der Änderung der Wunschzustellung, welche die Täter eingesteuert hatten, mir die Pakete stattdessen persönlich zugestellt hat. Ich dachte zunächst an eine Bestellung meiner Frau, deswegen hab ich die Pakete angenommen. Zum Glück, denn so hatte ich Händlernamen und -adressen, Sendeverfolgungsnummer und wusste was bestellt wurde in meinem Namen. Bei mir war es aber zusätzlich noch eine weitere Bestellung, welche die selbe Masche bei Poco Domäne mittels Klarna nutzte. Hab dann Anzeige wegen Betrugs bei der Polizei gestellt (macht das auf jedenfall als allererstes) und alle Instanzen darüber informiert, dass ein Betrug mit meinen persönlichen Daten vorliegt. Des weiteren verlangte ich von diesen, da Sie ganz ohne Zweifel persönliche Daten von mir, ohne meine Einstimmung, gespeichert und verwendet hatten, als Geschädigter nach „Art. 15 Abs.1 DSGVO“ das Recht auf Auskunft über die widerrechtlich gespeicherten Daten (Rechnungen/Lieferscheine mit meinem Namen in Verbindung mit der Postanschrift, Information über mit meinem Namen erstellte Kundenkonten, verwendete E-Mail Adresse etc.), so dass ich diese der Polizei zur Verfügung stellen kann.
    Zudem forderte ich, ebenfalls mit Verweis auf „Art. 15 Abs.1 DSGVO“, dass eine vollständige Löschung meiner widerechtlich gespeicherten Daten aus Ihrer Datenbank vorgenommen wird.

    So konnte ich insbesondere erfahren, welche E-Mail Adressen genutzt wurden und bei dem verantwortlichen Freemail Service eine Sperrung dieser erwirken.

    Vielleicht hilft diese Info ja anderen Betroffenen auch weiter. Das Recht der Daten liegt nämlich bei uns Geschädigten. Allerdings berufen sich die Unternehmen gerne genau auf den Datenschutz, um zu begründen, weshalb man kein Informationen herausgeben kann und das ist gelinde gesagt Schwachsinn. Ach ja und schreibt in dem Fall immer direkt an die Datenschutz Abteilung und nicht an den Kundenservice, deren Kontaktinformation muss eigentlich immer in den Datenschutzrichtlinien des Unternehmens genannt werden.

    • Reply Eva Ihnenfeldt 18. November 2021 at 12:55

      Ich bin Ihnen so dankbar für diese ausführliche Anleitung! Ich selbst habe natürlich auch von OTTO verlangt, dass sie mir Auskunft geben über alle von mir gespeicherten Daten – und diese anschließend restlos löschen – doch die Auskunft war – wie Sie schon schreiben – oberflächlich und unbrauchbar. Da hätte ich mich auch an die Datenschutz-Abteilung wenden sollen. Hoffe das spricht sich rum. Also nochmals: Vielen vielen Dank! Und herzliche Grüße von Eva Ihnenfeldt

  • Reply P3tra Summer 25. April 2022 at 14:21

    Das besagte Inkasso Büro hat seit 2013 einen Titel gegen meinen Doppelgänger der einen ganz anderen Wohnort hat Gerichtlich erlangt ,was mir 2017 erst bekannt wurde. Nachdem Sie mich über meine Adresse angeschrieben hatten . Jetzt drohen sir mir wenn ich nicht bezahle mit Hausbesuchen und Kontopfändung . Es geht inwischen um einige Tausend Euro . Das Inkasso Büro ist nicht in der Lage den richtigen Besteller der Ware zu ermitteln . Sollte es zu einer Eskalation kommen ,freut sich mein Anwalt schon ,das er einschreiten darf.

    • Reply Eva Ihnenfeldt 25. April 2022 at 19:18

      Ich drücke die Daumen, dass alles gut geht und es keine teuren Anwalts- und Gerichtskosten gibt. Auf jeden Fall habe ich dafür gesorgt, dass ich bei OTTO ein für alle mal als potentieller Kunde gestrichen bin. Damit mir sowas nie wieder passieren kann. Unfassbar, einfach unfassbar

  • Reply Samira Pferder 12. Juni 2023 at 10:11

    Ich habe ebenfalls bereits eine unberechtigte Anforderung eines Inkassounternehmens erhalten. Daher ist es gut zu wissen, wie man in dem Fall vorgehen würde. Ich denke, ich werde schauen, ob es such bei mir ebenfalls um Warenbetrug handelt.

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