Dr. Johannes Lierfeld: Biologische vs. maschinelle Intelligenz

Gastbeitrag von Dr. phil. Johannes Lierfeld, Köln: Wir Menschen werden zunehmend mit Technologien verschmelzen, wobei diese Tendenz künftig als immer unausweichlicher betrachtet werden muss. Elon Musk hat neulich proklamiert, die Menschen seien bereits Cyborgs in ihrer (non-symbiotischen, weil einseitigen) Abhängigkeit von Smartphones und ähnlicher Exo-Technologie. So wie ein „Exo-Skelett“ insuffiziente Muskelkraft ausgleichen kann und auch einen Durchschnittsmann, der mit der eigenen Körperkraft nur 90 Kilo vom Boden heben kann, mehr als 300kg „heben“ läßt, so verbessert das Smartphone unsere kognitiven Kapazitäten als ausgelagertes Erinnerungsmedium sowie technologisches „Orakel“. Und genau wie beim Exoskelett handelt es sich hierbei um eine auf den ersten Blick sicht- und erkennbare Prothese; die eine für physikalische, die andere für kognitive Leistungsfähigkeit.

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Just Elon Musk wird mit Neuralink dafür sorgen, dass diese offensichtliche Distinktion zwischen eigener und ausgelagerter Leistungsfähigkeit zunehmend verschwindet. Vielleicht brauchen wir dann neue Methoden, um erkennen zu können, wer seinem Gehirn gerade durch künstliche Intelligenz auf die Sprünge hilft; vielleicht brauchen wir aber auch eine völlige Rekalibrierung des individuellen Leistungsgedankens. Angesichts der Verwebung zwischen biologischer und non-biologischer Intelligenz erscheint es ja bereits beinahe anachronstisch, einen exklusiv auf die eigene Spezies ausgelegten Leistungsethos zu hegen. Denn wie groß wird der künftige Eigenanteil der Menschheit an den Errungenschaften der Zukunft wirklich sein?

Betrachten wir dazu einmal zwei diametral einander gegenüberstehende Definitionen von Intelligenz:

Definition 1: Intelligenz ist die Fähigkeit, aus einem Minimum an Informationen ein Maximum an relevanten Schlüssen zu ziehen.

Definition 2: Intelligenz ist die Fähigkeit, aus einem Maximum an Informationen ein Minimum ein relevanten Schlüssen zu ziehen.

Was auf den ersten Blick wie eine formale Spielerei wirken mag, beschreibt auf den zweiten Blick recht exakt die Unterschiede von biologischer und maschineller Intelligenz. Die Menschheit hat von jeher konzeptionelle Durchbrüche auf dünner Informationslage „gewagt“ und ist damit regelmäßig auf die nächsthöhere Entwicklungsstufe gelangt. Beispielsweise liegt das Minimum an Informationen bei der Entstehung von Feuer in den Beobachtungen, dass Reibung Hitze erzeugt und unterschiedliche Materialien diese Hitze unterschiedlich gut speichern und abgeben können. Diese Informationen enggeführt ergeben den konzeptionellen Durchbruch des Beherrschen des Feuers. Ähnlich verhält es sich mit der Erfindung des Rades und vielen weiteren Beispielen mehr, wobei freilich mit der jeweiligen Entwicklungsstufe auch der Komplexitätsgrad kontinuierlich stieg.

Betrachten wir die zweite Definition, so haben wir hiermit eine Schablone für den Umgang mit Big Data, überwältigend großen Datenmengen, auf die Maschinenintelligenz viel besser vorbereitet ist als menschliche Intelligenz. Lediglich Autisten verfügen ebenfalls über die Fähigkeit, aus einem überbordenden Maximum an Informationen ein Minimum an relevanten Schlüssen zu ziehen. Maschinen können dies jedoch auf reproduzierbar zuverlässige Weise und in Datenmengen, die den leistungsfähigsten „Savant“ auf die Plätze verweisen würde.

In einer Utopie würde unsere biologische Intelligenz Wege finden, mit der künstlichen Intelligenz Synthesen einzugehen, ohne die eigene Identität völlig preis- oder aufgeben zu müssen. In einer – leider sehr viel wahrscheinlicheren – dystopischen Alternativzukunft werden wir allerdings weder konzeptionelle Durchbrüche noch die Beherrschung der Big-Data-Welt unserer Spezies zuschreiben können. Künstliche Intelligenz würde damit tatsächlich zu unserer von James Barrat ausgerufenen „letzten Erfindung“…

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Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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